Albert Behaim

Aus RegioWiki Niederbayern
Wechseln zu: Navigation, Suche

Albert Behaim, auch Beham oder Böham (* 1190/95 in Böhaming bei Niederalteich; † 1260) war ein Passauer Domdekan sowie Archidiakon von Lorch und gehörte er zu den wohl merkwürdigsten Persönlichkeiten der damaligen Zeit.

Leben und Wirken

Herkunft & Ausbildung

Die Herkunft Albert Behaims ist unbekannt, sein Beiname nicht gesichert. Er wurde in der Benediktinerabtei Niederaltaich erzogen und galt als gebildet, scharfsinnig, des Wortes mächtig, politisch erfahren, um einen Ausweg oder Rat nie verlegen, aber auch nicht frei von Mängeln des Charakters.

Vermutlich begann er in seiner Jugend ein Studium der Artes liberales und schloss es mit dem Magistertitel ab, da er in den Quellen zuweilen als Magister bezeichnet wird. Wohl 1212 wurde er in das Passauer Domkapitel aufgenommen. Noch zu Lebzeiten von Papst Innozenz III., also vor Juli 1216 kam Albert nach Rom. Dort scheint er, wie sein Eintreten für das steiermärkische Kloster St. Lambert nahelegt, die Stellung eines Prokurators ausgeübt zu haben, der Bittstellern behilflich war, die sich an den Papst wandten. Er wurde Archidiakon von Lorch und erwarb im Laufe der Zeit noch zahlreiche weitere Pfründe.

Anwalt der Kurie

In Rom erkannte man seine Fähigkeiten und berief ihn zum Anwalt der Kurie. In jener Zeit wurde er zum fanatischen Parteigänger des Papstes und zum unerbittlichen Gegner Friedrichs II. Erstmals in päpstlichem Auftrag unterwegs war Albert in den Jahren 1238 und 1239 anlässlich eines Streites zwischen Otto II. und dem Bischof Konrad von Freising. Am 2. Februar 1239 wurde er zum Legaten ernannt und beauftragt, die antikaiserliche Stimmung am Herzoghof in Landshut zu schüren.

Obwohl seine Bemühungen um die Errichtung eines Gegenkönigtums fehlgeschlagen waren, erhielt Albert im November 1239 von Papst Gregor IX. den Auftrag, die Exkommunikation von Kaiser Friedrich II. in Deutschland zu verkünden und umzusetzen. Da die bayerischen Bischöfe sich weigerten, den Bann gegen Friedrich II. zu verkünden, schleuderte Albert, von Burg Trausnitz aus, den Kirchenbann gegen die Residenzen der widerspenstigen Bischöfe. Er hatte innerhalb der kürzesten Zeit die meisten Exkommunikationen verhängt – so am 12. September 1240 auch gegen den Passauer Bischof Rüdiger – und sorgte für Entzweiung und Verwirrung.

Behaims Wirken wurde schließlich so unerträglich, daß Herzog Otto II. von Bayern sich dazu entschloss, den bösen Geist aus seiner Nähe zu verbannen. Albert Behaim, „der Störenfried von Bayern“ genannt, musste 1241 das Land verlassen. Er gelangte von dort auf Umwegen nach Lyon zu Papst Innozenz IV. Dort war er Zeuge des Konzils, das am 17. Juli 1245 Friedrich II. endgültig für abgesetzt erklärte.

Passauer Domdekan

Die Kurie ernannte Albert 1245 zum Domdekan von Passau. Von Lyon aus versuchte er, die neuen Befugnisse wahrzunehmen. Sein Aufstieg verpflichtete ihn auch zum Theologiestudium an der Kurienuniversität, von dem er 1246 dispensiert wurde. Erst Ende 1246 empfing er die Priesterweihe.

Anfang 1247 verließ er Lyon und kehrte in seine Heimat zurück. Der Versuch sein Amt in Passau anzutreten schlug fehl, da ihm vom Bischof Rüdiger von Bergheim der Zutritt in die Stadt verwehrt wurde. Graf Konrad von Wasserburg gewährte Albert Unterschlupf. Als Herzog Otto die Feste Wasserburg erstürmte, waren Albert Behaim und Graf Konrad bereits geflohen. Albert kehrte im folgenden Jahr wieder nach Lyon zurück und betrieb von dort aus die Absetzung Bischof Rüdigers.

Erst als der kaisertreue Passauer Bischof Rüdiger von Bergheim am 17. Februar 1250 in Lyon von der Kurie als abgesetzt erklärt und von seinem Nachfolger Berthold Graf von Pietengau im Dezember 1250 mit Hilfe böhmischer Truppen gewaltsam aus der Stadt vertrieben wurde, war auch für Albert die Stunde seines Triumphes gekommen.

Letzte Jahre

Die letzten zehn Jahre seines Lebens verbrachte Albert wahrscheinlich größtenteils in Passau, wo er auch ein Haus im Neumarkt, der heutigen Ludwigstraße, besaß. Als Domdekan hatte er eine zentrale Aufgabe in der Verwaltung inne. 1252 führte er in Abstimmung mit dem Bischof eine Reform der Residenzpflicht der Domherren durch.

Behaim schmückte auch die Lorcher Fabel weiter aus, mit der die Passauer Bischöfe ihren vermeintlichen Anspruch auf eine Erhebung zum Erzbistum zu begründen versuchten. In seiner Streitschrift Descriptio gentium et diversarum nationum Europe des Jahres 1253 schilderte er auf der Grundlage beachtlicher Quellenkenntnis den Aufstieg und Niedergang der Lorch-Passauer Kirche im Kontext der europäischen Völkergeschichte. Indem er zu beweisen versuchte, dass das Bistum Passau Rechtsnachfolger eines einst mächtigen Erzbistums Lorch sei, wurde Albert Behaim zum Vater der Passauer Bistumsgeschichtsschreibung.

Sein Amt als Domdekan soll Albert mit 70 Jahren aufgegeben haben. Im April 1258 forderte Papst Alexander IV. von Bischof Otto von Lonsdorf die Freilassung des Dekans. Die Gründe für diese Festsezung und ihre Dauer sind nicht bekannt.

Urteil der Geschichtswissenschaft

Beginnend mit Johannes Aventinus fällten die Historiker harte Urteile über den Passauer Domdekan. Von den Geschichtswissenschaftlern des 19. Jahrhunderts wurde er besonders kritisiert mit Bezeichnungen wie „frech“, „fanatisch“, „dämonisch“, „niederträchtig“, „streitbar“, „heftig“, „maßlos“, „rücksichtslos“, „berüchtigt“, „skrupellos“, „ränkesüchtig“, „unverschämt“, „zwielichte Persönlichkeit“ und „blinder Eiferer“. In den Vordergrund wurde meist der fanatische Eifer gerückt, mit dem er als Abgesandter des Papstes seinen Auftrag erfüllte. Besonders der protestantische preußische Geschichtsprofessor Friedrich Schirrmacher bewertete ihn 1871 in seiner Biografie Albert von Possemünster, genannt der Böhme, Archidiacon von Passau sehr negativ. Diese Darstellung wurde von Georg Ratzinger vehement zurückgewiesen. Johann Englberger resümierte 2005 über Albert Behaim: „Ihn aber allein deshalb zu verdammen, weil er eine – zugegebenermaßen – schwierige Persönlichkeit gewesen ist und fanatisch auf Seiten des Papsttums gegen Friedrich II. gekämpft hat, erscheint heute nicht mehr zeitgemäß.“

Literatur