Anna Elisabeth Rosmus

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Anna Rosmus und Dr. Stanley Eric Reinhart jun., der Sohn des Passau-Eroberers Stanley E. Reinhart, in einem historischen amerikanischen Militärfahrzeug. (Foto: Jäger)

Anna Elisabeth Rosmus, heute Anja Rosmus-Wenninger, (* 29. März 1960 in Passau) ist eine aus Passau stammende, aber in die USA emigrierte deutsche Autorin. Ihre Lebensgeschichte diente dem deutschen Regisseur Michael Verhoeven 1990 als Vorbild für seinen Film Das schreckliche Mädchen.

Leben und Wirken

Anna Rosmus wurde 1960 als Tochter des katholischen Schulleiters Georg Rosmus und einer Religionslehrerin in Passau geboren. Anlässlich eines Aufsatzwettbewerbs (Alltag im Nationalsozialismus. Vom Ende der Weimarer Republik bis zum Zweiten Weltkrieg) befasste sich Rosmus 1980 als 20-jährige Abiturientin mit der Rolle Passaus im Dritten Reich sowie mit dem Schicksal der Passauer Juden. Sie habe, wie sie 2015 schrieb, nach Akten von aktivem und passivem Widerstand gesucht und dabei Belege systematischer Gleichschaltung und radikaler Ausschaltung gefunden.

Bei ihren Nachforschungen stieß sie auf einige Widerstände. Drei Jahre lang wurde ihr der Zugang zum Stadtarchiv Passau verweigert, bis sie sich die Akteneinsicht vor Gericht erstritt. Dabei kam zum Vorschein, dass zahlreiche führende Passauer Persönlichkeiten aktive Nationalsozialisten waren, was jedoch in anderen deutschen Städten wenig anders war. Die Ergebnisse ihrer Recherchen fasste Rosmus 1983 in ihrem Buch Widerstand und Verfolgung am Beispiel Passaus 1933-1939 zusammen.

Ihre intensiven Nachforschungen führten zu heftigen Anfeindungen mit vielen Passauern, zu Telefonterror, Entführungs- und Morddrohungen. Die „Nestbeschmutzerin“, wie Rosmus mittlerweile auch genannt wurde, stand zeitweise sogar unter Polizeischutz. All dies veranlasste Rosmus dazu, Passau im August 1994 zu verlassen und in die USA zu emigrieren. Dort lebt sie heute nahe Chesapeake Bay in Maryland. Seit ihren schriftstellerischen Anfängen in Passau konzentriert Rosmus ihre Forschungsarbeit auf die Zeit des Nationalsozialismus. Sie hat mehrere Bücher und zahlreiche Veröffentlichungen für wissenschaftliche Institutionen, Zeitschriften und Zeitungen publiziert.

2011 kehrte Anna Rosmus mit einer Delegation amerikanischer Veteranen, die 1945 als junge Soldaten die Gegend befreit hatten, nach Passau zurück. Bürgermeister Urban Mangold zollte den ehemaligen Soldaten hohen Respekt und dankte Anna Rosmus dafür, dass sie den Amerikanern diese Reise ermöglicht hatte. Anfang 2012 regte sie die Aufstellung einer Büste für US-Generalmajor Stanley E. Reinhart, der 1945 mit seinen Truppen Passau eingenommen hat, an. Ihrer Meinung nach verdanke Passau es Reinhart, dass es die Einnahme weitgehend intakt überstanden habe. Der Kulturausschuss lehnte den Antrag jedoch einstimmig ab, da sich die Rolle Reinharts aufgrund der unzureichenden Quellenlage nicht zweifelsfrei belegen lasse.

Werke

  • Widerstand und Verfolgung am Beispiel Passaus 1933–1939, Haller, Passau 1983, ISBN 3-88849-011-1.
  • Exodus – im Schatten der Gnade. Über das Schicksal der Passauer Juden. Dorfmeister, Tittling 1988, ISBN 3-927454-01-X.
  • Robert Klein: Ein Jude schaut zurück [Unter Mitwirkung von Anna Elisabeth Rosmus], Selbstverlag A. E. Rosmus, Passau [Söldenpeterweg 19c] 1991 (ohne ISBN), parallele Ausgabe: A German Jew Looks Back (englisch).
  • Wintergrün. Verdrängte Morde [über Morde an russischen Kriegsgefangenen in Passau unter dem Nationalsozialismus], Labhard, Konstanz 1993, ISBN 3-926937-11-4 (Mit einem Vorwort von Ignatz Bubis).
  • Pocking. Ende und Anfang. Jüdische Zeitzeugen über Besiegte und Befreite. In: Reihe Geschichte, Band 4. Labhard, Konstanz 1995, ISBN 3-926937-15-7.
  • Was ich denke [Autobiographie 1979–1995]. In: Goldmann-Tschenbuch. Band 12616 Quer-denken! Goldmann, München 1995, ISBN 3-442-12616-9[1] (Englische Ausgabe: Against the Stream. Growing up where Hitler used to live. Übersetzt von Imogen von Tannenberg, University of South Carolina Press, Columbia, SC 2002, ISBN 1-57003-490-7).
  • Out of Passau. Von einer, die auszog, die Heimat zu finden [Autobiographie]. In: Herder Spektrum, Herder, Freiburg im Breisgau / Basel / Wien 1999, ISBN 3-451-26756-X (Englische Ausgabe: Out of Passau. Leaving a city Hitler called home. Übersetzt von Imogen von Tannenberg, University of South Carolina Press, Columbia, SC 2004, ISBN 1-57003-508-3).
  • Valhalla Finale, Das Ende des II. Weltkrieges – Von der Normandie nach Linz und Prag. Mit vielen bisher unveröffentlichten Bildern von 1945. Verlag Doris Dorfmeister, Tittling 2009, ISBN 978-3-9810084-7-0 (deutsch und englisch).[2]
  • Ragnarök. Verlag Doris Dorfmeister, Tittling 2010, ISBN 978-3-9810084-8-7 (deutsch und englisch).
  • 75 Jahre „Reichskristallnacht“. Samples-Stecher Verlag, Grafenau 2013, ISBN 978-3938401286
  • Hitlers Nibelungen. Samples Verlag, Grafenau 2015, ISBN 978-3-938401-32-3

Auszeichnungen

  • Geschwister-Scholl-Preis (1984)
  • Holocaust Memorial Award (1992)
  • Conscience-in-Media Award (1994)
  • Heinz-Galinski-Preis (1996)
  • Sarnat Preis

Einzelnachweise

  1. Personenregister von Anna Rosmus, Was ich denke.
  2. Von der Befreiung, den Veteranen und der verdienten Anerkennung

Literatur

Weitere Berichterstattung der PNP