Außergefilder Stube

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Blick auf die Bühne der „Außergefilder Stube“ mit einer Erinnerung an gemeinsame Arbeit in der Dorfgemeinschaft (Foto: Martin Ortmeier)

Die Außergefilder Stube ist ein thematisch gestalteter Raum im Obergeschoss des Straßenwirtshauses „Ehrn“ im Freilichtmuseum Finsterau. Sie wurde 2009 als zusätzliches Gastzimmer mit Sammlungsstücken der vertriebenen deutschböhmischen Bürger Außergefilds eingerichtet.

Geschichte

Im alten Rathaus der Gemeinde Mauth-Finsterau war von den aus Finsteraus böhmischer Nachbargemeinde Außergefild (Kvilda) und den ehedem zugehörigen Ortschaften Innergefild und Philippshütte Vertriebenen eine Heimatstube mit Erinnerungsstücken und einfachen Photoreproduktionen eingerichtet. Mauth pflegt mit der Pfarrgemeinde der „alten Außergefilder“ seit 1978 eine Partnerschaft.

AußergefilderStube Erinnern 2007.jpg

2007 zeigte das Freilichtmuseum Finsterau in einer Sonderausstellung[1]unter dem Titel „Erinnern an Außergefild. Die Ortschaften Außergefild, Innergefild und Philippshütte im Böhmerwald“ einen Teil der Sammlung der Pfarrgemeinde Außergefild. Die Ausstellung wurde zur Grundlage für die dauerhafte Präsentation in der Außergefilder Stube.

Wegen einer anstehenden Sanierung des Mauther Rathauses wurde 2007 eine Ersatzunterbringung für die Sammlung gesucht. Bis dahin waren Anfragen, ob in das Freilichtmuseum Heimatstubensammlungen, deren Auflösung anstand, aufgenommen werden könnten, vom Träger des Museums stets negativ beschieden worden. Hier sollte jedoch auf Empfehlung des Museumsleiters dem Mitglied im Trägerzweckverband, der Gemeinde Mauth-Finsterau, gedient und der grenzübergreifenden Kulturarbeit Vorschub gegeben werden.
Der Museumsleiter bot einen bis dahin nicht ausgebauten Raum im Obergeschoss der „Ehrn“ an und er erwirkte eine Förderung aus INTERREG IV-Mitteln der Europäischen Union (Ziel 3 BY-CZ)[2].

Parallel zur Einrichtung der Außergefilder Stube im Freilichtmuseum Finsterau schlossen am 12. Juli 2008 die Gemeinden Mauth (D) und Kvilda (CZ) eine Partnerschaftsvereinbarung. Beim Grenzübergang Buchwald stoßen die Gemeindegebiete Finsteraus (als Teilgemeinde Mauths) und Kvildas zusammen.

Zur Aufbereitung für die neue Nutzung des bis dahin nicht ausgebauten, mit sehr unebenen Blockbauwänden umfassten Raums wurden die Wände und die Decke verkleidet, die Decke gedämmt und eine Heizung eingerichtet. Für kleine musikalische und Leseveranstaltungen wurde eine Bühne (ohne Bühnentechnik) eingebaut.

Die Wände ziert ein schablonierter Fries mit Kurztexten zu den Themen Heimat, Böhmen und Böhmerwald[3]: Volksweise // Mich rührt so sehr / böhmischen Volkes Weise, / schleicht sie ins Herz sich leise, / macht sie es schwer. // Wenn ein Kind sacht / singt beim Kartoffeljäten, / klingt dir sein Lied im späten / Traum noch der Nacht. // Magst du auch sein / weit über Land gefahren, / fällt es dir doch nach Jahren / stets wieder ein. – Rainer Maria Rilke, Je länger man vor der Tür zögert, umso fremder wird man. – Franz Kafka, Im Bayrischen Woid, des is a andre Luft, de is fetter, ned so a Kiesluft wia in München, so a staubige. – Herbert Achternbusch, Hoamat – Deutscher Böhmerwaldbund, Vertreibung ist, wenn ich weg muss, Heimat ist, wenn ich bleiben darf. – Martin Ortmeier, Halt für eine Augenblick den Atem an, lausche, lausche auf die Zeit und ihre Zeichen.Johann Nep. Bachmeier[4].

Für die Ausstattung wurden Tische und Stühle nach dem Muster[5] der Garnituren hergestellt, die bereits für den benachbarten Tanzboden und beschafft worden waren.

Ausstellung

Modell eines Außergefilder Böhmerwaldhauses von Franz Tröml, 1978 (Foto: Martin Ortmeier, 2008)

Das 2008 in der Museumsgaststätte „Ehrn“ neu eingerichtete Gastzimmer trägt den Namen „Außergefilder Stube“. Namengebend ist die Ausstellung „Erinnern an Außergefild“, die auf illustrierten Bannern Informationen zur Geschichte des Böhmerwalddorfes Außergefild bietet und in Vitrinen Erinnerungsstücke der von dort vertriebenen deutsch-böhmischen Bürger zeigt.
Die realisierten Ziele Veranstaltungsraum mit Bühne und Ausstellung sind gleich gewichtet.[6]Die Sammlungstücke sind in einer großen Wandvitrine untergebracht, Auswahl und Wertung und historisch-kritische didaktische Vermittlung wurden mit Rücksicht auf die Stifter zurückgestellt.

Eine Gruppe sorgfältig angefertigter Modelle traditioneller bäuerlicher und landhandwerklicher Geräte ist in zwei mobilen Kleinvitrinen untergebracht. Modelle der Außergefilder Kirche (von Franz Tröml 1931–1984) und eines typischen Böhmerwaldhauses sind auf der Bühne bzw. in der Wandvitrine platziert. Einige Stücke mit wertvoller individueller Geschichte harren einer detaillierteren Erschließung.

Illustrierte Informationsbanner sind vor den Wänden abgehängt. Sie behandeln u.a. die Themen „Resonanzholzfertigung in den Holzwerken Strunz“, „Hinterglasmalerei der Familie Verderber“, „Pfarrgemeinde Außergefild, Heimatstube und Patenschaft“, „Vertreibung und Sammlung von Erinnerungsstücken“, „Haustyp Böhmerwaldhaus“, „Landwirtschaft in den Hochlagen des Böhmerwaldes“, „Holz- und Forstwirtschaft“ und „Pfarrei und Kirche“.

Literatur

  • Martin Ortmeier: Hoam! – Erinnerung an die alten Ortschaften im Böhmerwald. In: Ders., Herent und drent. Alte Bilder aus dem Bayerischen Wald und dem Böhmerwald. Amberg 2008, ISNB 978-3-95587-061-4, S. 32–53
  • Red.: Erinnern an Außergefild. In: Passauer Kunst Blätter 43 (1-2009), S. U4
  • Martin Ortmeier: Freilichtmuseum Finsterau. Die Bauernhäuser und ihre Geschichte. Passau 2009 (Dietmar Klinger Verlag), ISBN 978-3-232949-87-6, S. 38–47
  • Martin Ortmeier: Fördermaßnahmen im Freilichtmuseum Finsterau 1984–2018. In: Passauer Jahrbuch. Beiträge zur Geschichte und Kultur Ostbaierns 60 (2018), S. 193–204

Anmerkungen

  1. Kurat der Ausstellung „Erinnern an Außergefild“ des Jahres 2007: Dr. Martin Ortmeier und Sandra Gabert M.A.
  2. Die Antragstellung des Museums bei der Regierung von Niederbayern datiert auf den 24.06.2008, der Zuwendungsbescheid über 4.734 € (50% der 2008 veranschlagten Gesamtkosten) datiert auf den 09.06.2009. Die Gesamtkosten summierten auf 10.960,73 €. Mit der Maßnahme war eine bauliche Sanierung verbunden, in die umfangreich Eigenleistung des Museumsbauhofs einfloss.
  3. Auswahl der Friestexte von Dr. Martin Ortmeier
  4. Johann Nep. Bachmeier wurde 1945 im Außergefild benachbarten Fürstenhut geboren.
  5. Entwurf 1996 von Martin Ortmeier, Ausführung Schreinerei Reinhard Selwitschka (Finsterau)
  6. Ausbau- und Ausstellungskonzept, Förderwesen, Texte, Bildbeschaffung: Dr. Martin Ortmeier, Mitarbeit: Sandra Gabert M.A. – Graphikdesign: Dr. Winfried Helm, Büro Theorie+Praxis, Passau – Werkplanung: Dipl.-Ing. Josef Sonnleitner – Bauleitung: Franz Plöchinger (Freilichtmuseum Finsterau)
    Die Sammlung der Außergefilder hat sich für eine reine Ausstellung als zu wenig dicht erwiesen. Die begleitenden Texte der Heimatstube von 1978 waren von der Weltanschauung der sogenannten (Vertreibungs-)Erlebnisgeneration geprägt, die Photoreproduktionen waren nicht fachgerecht.