Ballonstelle Perlesöd

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Die Ballonstelle Perlesöd diente während des kalten Kriegs dazu, "Aufklärungsmaterial" über die Grenze in die damalige Tschechoslowakei zu befördern.

Lage

Geheimnisvolles tat sich während des Kalten Krieges in Perlesöd bei Freyung. Nahe der Straße nach Waldkirchen, auf dem späteren Gelände des Fuhrunternehmens Friedsam, richtete der Radiosender „Radio Free Europe“ (Radio Freies Europa) eine Ballonstelle ein.

So wurden die Ballons aufgelassen: Jene Ballontypen die Radio Free Europe verwendete, wurden später auch vom PSV Btl2 aufgelassen (Bild). An die Ballons wurden Flugblätter geheftet, die u. a. in der Tschechoslowakei für Aufklärung sorgen sollten. (Foto: Bundeswehr)
Die ehemalige Ballonstelle in Perlesöd. Die abgebildete Halle steht noch heute dort, jedoch ohne Wachturm. (Foto: Familienarchiv Hackl)

Betrieb der besonderen Luftpost (1951 - 1956)

In der Zeitspanne von 5 Jahren wurden tausende Ballons mit Millionen Flugblättern aufgelassen. Der Wind trieb das „Aufklärungsmaterial“ in die damalige Tschechoslowakei. So sollte die dortige Bevölkerung wichtige, unzensierte Informationen u.a. über den Kommunismus erhalten. Das Gelände der Ballonstelle war hermetisch abgeriegelt. Die zwei Wachtürme rund um die Uhr besetzt. Nachts leuchteten starke Scheinwerfer das ganze Areal aus. In den Hallen und Baracken wurde ständig gearbeitet. „Was da genau passierte, wussten wir nicht“, erinnert sich Altbürgermeister Fritz Wimmer. Obwohl einige Einheimische dort eine gut bezahlte Anstellung bekamen, „hörten wir auch von ihnen kaum etwas“. Die Geheimnistuerei ließ entsprechend Platz für Spekulation.

Als den Tschechen auf Flugblättern die Folge einer bevorstehenden Währungsreform aufgezeigt wurde, führte das zu massiven Hamsterkäufen. Es folgten heftige Demonstrationen. Immer wenn der Wind nach Osten blies, stiegen die silbrigen Ballons auf, erinnerte sich der Altbürgermeister. Wenn die Technik versagte, ging ein Ballon des öfteren im Königsfeld oder bei der Pulvermühle nieder. Die Flugblätter interessierten niemanden. „Die waren auf Tschechisch, Polnisch oder sonstigen Sprachen“, erzählt der Altbürgermeister, „das konnten wir ja nicht lesen. Viel interessanter war die große, silbrig glänzende Ballonhülle“. So etwas gab es damals kaum zu kaufen. Man verwendete sie dann zum Abdecken des Brennholzes.

Absoluter Hochbetrieb herrschte in der Ballonstelle während der Operation „Prospero“. Innerhalb von sechs Wochen starteten im Jahr 1953 entlang der Grenze 650.000 Ballons. Sie transportierten einige Millionen Flugblätter ins Nachbarland. Darunter waren Kopien der neu eingeführten Ein-Kronen-Scheine. Der Text erinnerte an den Raub der Privatguthaben durch den Staat. „Das ist der Beweis für den Bankrott eurer Regierung. Aber die freie Welt steht hinter Euch“, war zu lesen. Das war psychologische Kriegsführung und schürte die Empörung der Bevölkerung.

Natürlich konnte man das Geschehen in der Ballonstelle vor den Einheimischen nicht absolut geheim halten. „Wir haben ja die Ballons gesehen, die Zettel gefunden. Man dachte sich halt seinen Teil“, erinnert sich Fritz Wimmer. Die Jugend nahm das gelassen. Die Älteren äußerten schon ab und an ihre Bedenken. Was ist, wenn die von drüben die Ballonstelle einmal sabotieren. Weit ist es ja nicht. „Etwas Unbehagen war schon vorhanden“, gibt Wimmer zu.

Radio Free Europe

Im Jahr 1949 entstand in den USA die Bewegung „Kreuzzug für die Freiheit“, eine Organisation, die dem Weltkommunismus entgegen wirken will. Einer der ersten Schritte war die Gründung von Radio Freies Europa, der Stimme des osteuropäischen Exils. Von München aus sendete er ab 1950 Informationen und Propaganda zunächst in die Tschechoslowakei, später in den gesamten Ostblock.

Ohne „Radio Freies Europa“ wäre die Geschichte des Kalten Krieges anders verlaufen. Zunächst heimlich von der CIA, später offiziell durch die amerikanische Regierung finanziert, sendete „die Stimme der Freiheit und Demokratie“, von 1951 an in den Landessprachen nach Polen, Ungarn, Rumänien, Bulgarien und die Tschechoslowakei. Der Ostblock versuchte mit starken Störsignalen alles, um die Bevölkerung am Empfang von RFE zu hindern. Der Sender wechselte daher ständig die Frequenz und griff auf ein einfaches Mittel zurück: Informationsmaterial mit Ballons über die Grenzen schicken.

Ende der Ballon-Aktion

Fünf Jahre lang starteten von Perlesöd aus die Ballons in den Osten. Nach dem unglückseligen Volksaufstand in Ungarn 1956 wurden die Propagandaaktionen eingestellt. Die neu aufgestellte Bundeswehr setzte ab 1958 mit ihrem PSV-Bataillon 2 in Clausthal-Zellerfeld die Einsätze zur Psychologischen Verteidigung und Kriegsführung, heute operative Information genannt, mit ähnlichen Mitteln fort. Mit der Ratifizierung des Grundlagenvertrages zwischen der DDR und der Bundesrepublik im Jahr 1972 beendete die Bundeswehr offiziell die Propagandaeinsätze. Das Gelände in Perlesöd wurde später von dem ehemals in Philippsreut ansässigen Fuhrunternehmer Leopold Friedsam gekauft. Heute ist von der Ballonstelle nur noch ein Schuppen übrig geblieben.

Literatur