Baumwipfelpfad

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Das sogenannte „Baum-Ei“ stellt den Höhepunkt des Baumwipfelpfads dar.

Der Baumwipfelpfad ist ein auf Plattformen und Stegen in bis zu 20 Metern Höhe angelegter Lehrpfad im Nationalpark Bayerischer Wald bei Neuschönau. Er wurde im September 2009 eröffnet und befindet sich zwischen dem „Schaufenster der Region“ an der Nationalparkbasisstraße und dem Hans-Eisenmann-Haus. Mit 1.300 Metern Länge ist er die derzeit größte Einrichtung dieser Art weltweit. Betreiber ist die Erlebnis-Akademie AG aus Bad Kötzting, die auch den Naturhochseilpark Schönberg und den Kletterpark Straubing unterhält.

Architektur

Der Baumwipfelpfad wurde überwiegend aus Holz erbaut. Die Basis der Konstruktion bilden Baumstämme auf Punktfundamenten in Form von Dreieckspyramiden, deren oberen Enden jeweils das Auflager für den eigentlichen Pfad bilden. Mit Hilfe von zusätzlich eingefügten Baumstämmen als Kopfbänder können auf diese Art und Weise bis zu 30 Meter lange Stützweiten überbrückt werden. Dies führt dazu, dass die Zahl der Fundamente vergleichsweise gering ist. Der Holzbohlenweg verläuft über Stahl-Zylinder, die wie Buchen aussehen sollen und mit Netzen getarnt sind. Diese einzelnen, stählernen Elemente sind aus Gründen der Statik und der Haltbarkeit unabdingbar, im Verhältnis zum Gesamtkonstrukt sind sie aber nur in geringer Menge vorhanden.

Geschichte

Eine Grafik des Baumwipfelpfades.
3D-Modell des über 40 Meter hohen Aussichtsturms.
Über einen Steg, der auf Dreibeinen steht, erreicht der Besucher den Baumturm.
Der 44m hohe Baumturm aus dem Korb eines mobilen Kranes in 77m Höhe.

Idee und Entstehung

Die Idee zu einem Baumwipfelpfad in unmittelbarer Nähe des Hans-Eisenmann-Hauses wurde erstmals 2005 vom damaligen Nationalpark-Leiter Karl Friedrich Sinner geäußert. Das Projekt sollte ein Mittel sein, um die Attraktivität des „alten“ Nationalparks nach der Errichtung der neuen Besuchereinrichtungen im Erweiterungsgebiet Zwieseler Winkel steigern zu können. In der Öffentlichkeit führte die Idee zu den unterschiedlichsten Reaktionen: Es gab Begeisterungsrufe ebenso wie kritische Stimmen, die es nicht richtig fanden, solch große Bauarbeiten in einem Nationalpark durchzuführen.

In der Folge konnten die beiden Regensburger Ingenieure Ingolf Mirwald und Helmut Rypl als Investoren überzeugt werden. So waren bereits im November 2006 die Pläne für den Baumwipfelpfad fertig, es fehlte nur der Bescheid für den EU-Zuschuss. Doch im September 2007 folgte die Ernüchterung: Die Fördertöpfe waren leer und das Projekt stagnierte kurzzeitig. Im Oktober stand dann zwar die Finanzierung, allerdings sahen sich die Investoren einer neuen Herausforderung gegenüber: Im nur 50 km entfernten Maibrunn in der Gemeinde Sankt Englmar errichtete ein Privatmann einen ähnlichen Pfad, 350 Meter lang und bis zu 30 Meter hoch – den im Mai 2008 eröffneten Waldwipfelweg Sankt Englmar. Doch die Investoren ließen sich deshalb nicht von ihrem Projekt abbringen.

Bau, Richtfest und Eröffnung

Im Sommer 2008 begannen schließlich die ersten Baumaßnahmen, die aus Rücksicht auf den Nationalpark besonders schonend ausgeführt wurden. Baukräne wurden sogar teils auf Planken durch den Wald geführt, um ihr Gewicht zu verteilen. Überhaupt nahm die Nationalparkleitung großen Einfluss auf die Wegführung: Die Eingriffe in den Baumbestand sollten minimal sein und kein Baum durfte gefällt werden.

Nachdem der Baumturm des Baumwipfelpfades im Rohbau fertig war und die drei Beine des Steges stehen, wurde am 7. August 2009 nach altem Brauch Richtfest gefeiert. Zimmerermeister Michael Wenig aus Rinchnach hielt den Richtspruch hoch über den Köpfen der rund 100 Handwerker und Gäste: „Was geschafft hat Hirn und Hand, schaut jetzt stolz ins weite Land.“ Die gute Laune der Handwerker wurde nur noch getoppt von der regelrechten Euphorie jener Gäste, die das Projekt erstmals zu Gesicht bekamen. Die Beschreibung „gigantisch“ fiel nicht nur einmal. Landrat Ludwig Lankl sprach sogar von einem „weltweiten Alleinstellungsmerkmal“. Niemand widersprach.

Schon am 9. September 2009 fand die Einweihung und Eröffnung des zirka 3,2 Millionen Euro teuren Baumwipfelpfades statt. 250 Gäste waren zur ersten Begehung eingeladen, darunter auch der Bayerische Landwirtschaftsminister Helmut Brunner. Zu diesem Zeitpunkt standen nur noch kleine Restarbeiten aus, die im Laufe des Jahres 2009 noch fertiggestellt wurden.

Weitere Entwicklung

Allein in den ersten beiden Monaten kamen 50.000 Besucher zum Baumwipfelpfad. Insgesamt erkundeten im ersten Jahr über 300.000 Besucher den Pfad, am 9. September 2010 selbst wurden 5.200 Besucher gezählt. Gerade einmal 1.007 Tage nach der Eröffnung betrat am 11. Juni 2012 der 1.000.000 Besucher den Baumwipfelpfad. Aufgrund dieses Erfolgs wurde zeitweise auch über einen zweiten Baumwipfelpfad an einem anderen Standort nachgedacht. Tatsächlich wird das Konzept des Baumwipfelpfades aufgrund der Beliebtheit von der Erlebnis-Akademie AG seit 2012 auch exportiert. So entstand 2012 für 2,5 Millionen Euro etwa ein Baumwipfelpfad in Lipno in Südböhmen. Er ist 675 Meter lang und der zugehörige Turm ist 40 Meter hoch. Der Weg nach unten kann auch per 52 Meter langer Rutsche angetreten werden. 2013 eröffnete ein weiterer Baumwipfelpfad auf der Ostsee-Insel Rügen. Der ebenfalls 40 Meter hohe Turm ist einem Adlerhorst nachempfunden, der Weg ist 1.200 Meter lang. Die Besonderheit an diesem 11,5 Millionen Euro teuren Pfad ist ein modernes Umweltinformationszentrum.

Im Januar 2011 wurde das 44 Meter hohe „Ei“ in München mit dem seit 1978 verliehenen Holzbaupreis Bayern ausgezeichnet. Am 17. November 2011 wurde der Baumwipfelpfad im Rahmen des neu ausgelobten Architektur- und Tourismus-Wettbewerbs artouro ausgezeichnet und als „Leuchtturm des Bayerntourismus“ bezeichnet.

Verlauf

Der Zugang zum rund 1.300 Meter langen Baumwipfelpfad befindet sich in der Nähe des großen Parkplatzes vor dem Tierfreigelände in Neuschönau. Von da geht es dann bergauf, mittels Brücke wird die Nationalparkbasisstraße überquert. Auf Höhe des Wirtshauses der Regionen gibt es einen Aus-/Einstieg, ab dem die weitere Benutzung kostenpflichtig ist. Ab hier führt der Pfad in den unberührten Teil des Mischwaldes hinüber in Richtung Waldbühne und von dort aus im rechten Winkel Richtung Hans-Eisenmann-Haus, wo er ebenerdig ausläuft. Die Steigung beträgt zwischen zwei und sechs Prozent, so dass der Weg als barrierefrei gilt. Die Lauffläche ist zwischen 1,50 und 2 Meter breit. Dort wo es etwas Interessantes zu sehen gibt, wurde der Pfad entsprechend verbreitert.

Den Höhepunkt des Pfades stellt der 44 Meter hohe Turm dar. Dieses sogenannte „Baum-Ei“ hat am Fuß einen Durchmesser von 30 Metern, am Gipfel von zehn Metern. Es ist mit einer begehbaren Rampe so gebaut, dass in seiner Mitte Tannen und Buchen stehen, die umrundet werden können, und somit dem Besuchern Einblicke in die unterschiedlichen Lebensbereiche ermöglichen.

Auf dem Pfad selbst befinden sich mehrere Plattformen bzw. Erlebnis-Elemente. Dabei handelt es sich um didaktische Stationen. Sie sollen verschiedene Perspektiven schaffen, aus denen heraus die Natur beobachtet und erlebt werden kann. Zum Beispiel besteht ein Stück des Weges aus Glasplatten, so dass der Wald auch von oben betrachtet werden kann. Stets unter Berücksichtigung der besonderen Perspektive, die der Pfad bietet, werden zum einen permanente Themen des Waldes anschaulich und leicht verständlich transportiert und zum anderen auch wechselnde Themen dargestellt, um das Interesse an den Inhalten hoch zu halten. All diese Plattformen sind so konzipiert, dass sie ohne Gefahr und Sicherung begangen werden können. Sie sind als „Bypässe“ am Weg angelegt, so dass man sie begehen kann, aber nicht muss.

Führungen

Als Vertragspartner der Erlebnis-Akademie AG stellt der Verein Pro-Nationalpark Freyung-Grafenau das Führungs- und Aufsichtspersonal am Baumwipfelpfad. Nachdem sich der Verein bereit erklärt hat, die Pfadaufsicht und die Führungen am neu geschaffenen Baumwipfelpfad zu übernehmen, sind an manchen Tagen 15 bis 20 Mitglieder ehrenamtlich tätig. Neben der täglichen Führung gibt es auch nach individuellen Wünschen gestaltete Sonderführungen.

Trivia

  • Am 12. August 2015 war der Baumwipfelpfad (von Innen gesehen) auf der Suchmaschine „Bing“ abgebildet.

Literatur

Weitere Berichterstattung der PNP

Weblinks