Bier- und Eiskeller (Regen)

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Der Keller der Weißbierbrauerei Huber.
Die Gewölbedecke eines der Keller.
Treppe in den Eiskeller.
Das Lüftungsloch eines Kellers.

Bier- und Eiskeller gab es einst über zwanzig Stück entlang der Pfleggasse in Regen. Nur noch wenige werden privat genutzt, die meisten wurden „vergessen“; kaum einer ist zugänglich, bei manchen ist der Eingang verschüttet. Seit Frühjahr 2009 versuchen die Postkellerfreunde die noch zugänglichen Keller in der Pfleggasse, die im Besitz der Stadt sind, wieder zu aktivieren.

Geschichte

Entstehung der Keller

Bier ist ein verderbliches Nahrungsmittel, des kühl gelagert werden muss. Die richtige Temperatur dafür liegt bei 7 bis 9 Grad. Am besten lagert man Bier in einem Keller, denn in der Dunkelheit fühlt es sich am wohlsten. Also haben die zahlreichen Regener Brauereien nach Möglichkeiten gesucht, kühle Lagerräume anzulegen. Man brauchte Keller, in die man die Fässer auf einem Bierwagen bequem hinein bringen und auch wieder herausholen konnte. Dafür hat sich die Pfleggasse am nordwestlichen Ortsrand angeboten. Hier war wohl ursprünglich eine Hohlgasse, da konnte man links und rechts Keller in die Hänge graben. Außerdem waren sie vom Ortskern her leicht erreichbar. Auch die Himmelsrichtung stimmt: Die Eingänge liegen so, dass sie morgens und abends nur kurz von der Sonne beschienen werden. Zusätzlichen Schutz boten Stadel, die man vor den Gewölben errichtet hat.

An einem der Kellereingänge findet man die Jahreszahl 1749. Den einen oder anderen Keller gibt es aber vermutlich schon viel länger, so lange, wie es Braustätten in Regen gibt. Im Jahr 1689 sind schon 14 bekannt.

In einem Verzeichnis der ansässigen Gewerbe in Regen aus dem Jahr 1850 sucht man vergebens einen Beruf, der sich mit dem Anlegen oder Bauen von Kellern beschäftigt. Die zwei Maurermeister, die damals verzeichnet sind, waren vermutlich Alleskönner, die ausser Häuser bauen, Brunnen setzen, Öfen mauern auch Kellergewölbe anlegen konnten. Das heißt, so ein Gewölbe zu bauen war damals keine besondere Kunst, es war sozusagen Allgemeinwissen. Kein Statiker hat jemals ihre Tragkraft berechnet, und trotzdem sind einzelne Keller heute noch perfekt erhalten.

Wir wissen heute nicht mehr, ob man das Erdreich erst ausgegraben und dann das Gewölbe über einer hölzernen Lehre eingezogen hat, oder ob die Gewölbe erst über einem Erdhügel errichtet und dann ausgehöhlt wurden. Sicher ist, dass das Erdreich aus den riesigen, bis zu 63 m tiefen und 13 m breiten Kellerräumen mit Hacken und Schaufeln mühsam ausgegraben werden mussten. Wie viele Fuhrwerke voll Erde aufgeladen, weggebracht und wieder abgeladen werden mussten, kann man heute nicht mehr ermessen. Zur Zeit der Entstehung der Keller gab es noch keinerlei Maschinen, die eingesetzt werden konnten.

Gebaut wurden die Gewölbe hauptsächlich aus Feldsteinen, einem Baumaterial, das nichts kostete. Der Geologe von Gümbel (18231898) hat festgestellt, dass es dieses Gestein nur um Regen gibt und hat es deshalb Regenbühl-Gneis genannt. Es ist heller als Granit, weil es mehr Quarzeinschlüsse hat. Es gab ein paar Steinbrüche zwischen Poschetsried und Riedham. An der Mühlleite und im Waldschmidtpark sind große Felsen aus dem gleichen Gestein zu sehen.

Zufluchtstätte

Die Gewölbe an der Pfleggasse haben den Regener Bürgern immer auch als Zufluchtsstätten in Kriegszeiten gedient, zuletzt am 24. April 1945. Viele Regener versteckten sich dort, als die Amerikaner nach Ende des Zweiten Weltkrieges die Stadt Regen beschossen haben.

Klima im Keller

Je tiefer ein Keller ist, desto konstanter ist die Temperatur, weil die Außentemperatur wenig Einfluss hat. Das heißt: im Sommer bleibt der Keller kühl – konstant 8 bis 10° – auch wenn es draußen warm ist. Im Winter ist er frostsicher.

Lüftungsschächte haben eine wichtige Funktion. Durch sie strömt kalte Luft in den Keller, die bekanntlich schwerer ist als warme. Sie sinkt nach unten und bleibt da auch, wenn sie nicht durch Luftzüge oder Bewegungen im Raum mit wärmerer Luft vermischt wird. Über den Türstürzen sind immer Luftlöcher. Die obere, äußerste Türe hat den Keller nicht hermetisch abgeschlossen, so dass immer ein geringer Luftaustausch möglich war. Vor die Keller hat man vom Eingang her Klimaschleusen eingebaut, je mehr desto besser, damit die kühle Luft im Gewölbe bleibt. Außerdem hat man darauf geachtet, dass die Türen besonders im Sommer nur in den frühen Morgenstunden oder spät abends geöffnet wurden, damit möglichst wenig Luftaustausch von außen stattfand.

Zusätzliche Kühlung erreichte man im Sommer mit Eis, das im Winter mit Sägen aus dem Regen geschnitten, mit Zangen herausgezogen und mit Fuhrwerken in die Pfleggassen-Keller gebracht wurde. Es war eine mühsame Arbeit, aber so hatten die Kieserer, die im Sommer Sand aus dem Regen schöpften, auch im Winter Arbeit.

In den Kellern legte man das Eis zunächst auf ein Strohbett, darauf wurden die Bierfässer oder Lebensmittel gelagert.

Es gab besonders tiefe Keller, in denen nur Eis gelagert wurde. Zwischen die einzelnen Eisplatten wurde etwas Salz gestreut, damit die Schichten leicht angetaut wurden und zu einem riesigen Block zusammenschmolzen. Bis in den Herbst hinein hatte man so einen zuverlässigen Eisvorrat. Im Sommer hackte man Stücke davon ab und lieferte es zusammen mit den Bierfässern an die Wirtshäuser aus, So wurde das kühle Bier aus dem Keller bis zum Wirt und seinem Gast nicht warm. Der Wirt war froh, wenn er Eis mitgeliefert bekam, denn bis vor ungefähr 50 Jahren hatte noch kaum ein Wirtshaus eine elektrische Kühlanlage. Wenn einer einen hölzernen, mit Zinkblech ausgeschlagenen „Kühlschrank“ besaß, dessen doppelte Rückwand man mit Eis aus den Kellern befüllte, galt er schon als sehr modern.

Die Keller waren vermutlich nicht von Anfang an so groß wie sie heute sind. An einigen kann man nachvollziehen, dass und wie sie im Lauf der Jahrhunderte vergrößert wurden. Die neuen Gewölbe wurden dann mit Ziegeln ausgeführt, wenige auch verputzt. Einige Erweiterungen liegen tiefer als der eigentliche Hauptkeller. Manche Keller hat man mit riesigen Steinplatten ausgepflastert, in anderen ist nur gestampftes Erdreich zu finden. In den Brauereikellern kann man links und rechts noch die erhöhten Sockel erkennen, auf denen einst die Bierfässer gelagert wurden.

„Kühlschränke“ des Marktes Regen

Kühle Lagerräume brauchte man nicht nur fürs Bier, sondern auch für Fleisch, Gemüse, Kraut und Rüben, Kartoffeln usw. Es gab ja keine Kühlschränke oder Kühlanlagen in den Brauereien, Wirtshäusern und Fleischereien. In einigen Kellern sind heute noch Haken zu sehen, da hat man sicherlich auch Fleisch und Würste aufgehängt.

Wo Lebensmittel aufbewahrt werden, gibt es auch Ungeziefer. Chemische Schädlings- Bekämpfungsmittel kannte man noch nicht. Ratten und Mäuse fing man mit Fallen und sicherlich auch manchmal mit Hilfe von eingesperrten Katzen. Um Spinnen, Asseln und anderes Kleingetier zu vernichten, entzündete man in den Kellern ab und zu große Haufen trockenes Reisig. Mit dem kurzen, heißen Feuer wurden auch gleichzeitig die Kellerwände desinfiziert.

Übersicht der Keller (Auswahl)

Siehe auch

Literatur

  • Annemarie Schiller: Bier- und Eiskellergeschichte. Regen, o.J.