Bladern

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Der Wirt des Passauer Traditionswirtshauses „Hofragner“ hat die Lampen seiner Lichtergirlande über seiner hofseitigen Terrasse mit Bladern (Harnblasen) junger Säue umhüllt (Foto 2006)
Die Bad Birnbacher Faschingstradition kennt das Bräunl, eine Scherzfigur, die mit einer an einen Stock gebundenen Saubladern die Leute traktiert. Der Bildhauer Joseph Michael Neustifter hat dieses Requisit 1983 an einer Bronzefigur am Neuen Marktplatz dargestellt. (Foto: Martin Ortmeier 2022)

Das bairische Wort Bladern oder Blodern bezeichnet eine Blase allgemeiner Art: eine Hautblase am Körper, sei sie mit Blut, Wasser, Eiter oder Lymphe gefüllt, die Harnblase von Tier und Mensch, aber auch die Blase auf einer gestrichenen oder beschichteten Oberfläche. Blasen der jüngeren Kulturgeschichte, wie die Wert-Aufblähungen an der Börse und die algorithmisch eingegrenzten Informationszirkel des Internets, außerdem informelle Freundeskreise und kleinere Musikantengruppen werden dialektal Blasn (Blosn) genannt.

Erläuterung

Bladern ist verwandt mit Blatter (Pocke) und den schriftdeutschen Verben blasen und blähen. Auch das bairische Verb bladern für (heftig) flattern gehört zur Wortfamilie.

Das Dialektwort Blosn oder Blasn, das eine Personengruppe benennt, die sich nicht durch Uniform oder Regularien definiert, ist jüngeren Ursprungs. Es wurde aus der studentisch-politischen Sprache des späten 19. Jahrhunderts entlehnt [1]. Der Journalist und Germanist Hans Kratzer hat deshalb wohl nicht recht, wenn er Blosn für „ein bayerisches Universalwort, kurz, einprägsam und vielseitig verwendbar“ hält. Wertvoll aber ist sein Hinweis auf die Verwendung der Schweinsblase: „Ein Spezialfall ist die Saublader(n), also die Schweinsblase, mit der sich Faschingsnarren schmücken. Außerdem diente sie früher als Fußball, nicht umsonst nennen die Österreicher das Fußballspiel auch Blodern stessen.“

Aufgeschnittene, noch frisch geglättete Schweinsblasen wurden als Ersatz für Fensterglas verwendet. Kinder nutzten sie als Luftballon. Die Blasen sind frisch sehr dehnbar, getrocknet sehr robust.

Dass aus Schweinsblasen Tabakbeutel gefertigt wurden, weil darin der Tabak nicht austrocknet, belegt u. a. eine Passage in Wilhelm Raabes Roman „Stopfkuchen“ aus dem Jahr 1891: er „stopfte seine Pfeife aus einer Schweinsblase, die er mühsam, ächzend aus seiner Schlafrocktasche emporwand“.[2]

Quellen

Anmerkungen

Siehe auch Blunzn.
  1. https://de.wikipedia.org/wiki/Blase_(Studentenverbindung)
  2. Wilhelm Raabe. Welke in vier Bänden, Bd. III, München (Winkler Verlag) 1962, S. 698