Dagln

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Das bairische Wort dagln oder gagln meint kritzeln und unordentlich schreiben.

Verwendungen des Wortes „dagln“ in der Umgangssprache sind: über den Rand (einer Vorlage) hinaus zeichnen, die Tafel (den Tisch, das Telephonbuch, die Wand) mit einem Stift oder einem Kreidestück bekritzeln.

Das Wort

„Die Buben sitzen auf den alten viersitzigen Bänken, die Mädchen – weil die ja die Bänke nicht volldageln! – haben zwei Reihen mit neuen zweisitzigen Bänken.“[1]

Im Bayerischen Wörterbuch (BWB) wird in der Wortliste 051 angefragt: „Wird dägeln (dagln) für unleserlich schreiben, schmieren verwendet? Bitte Satzbeispiel!“[2]

Die Österreicherin Andrea Maria Dusl erläutert in ihrem Blog „Comandantina“: „Woher aber kommt (…) „dageln“? Nach gängiger etymologischer Lehrmeinung liegt hier die bairisch-österreichische Aussprache des Zeitworts „teigeln“ vor, also etwas „teigen“, „aus Teig formen“[3].

Dagln als Kunst

Inschrift in einem Buswartehäuschen in Neuburg am Inn (Foto: Martin Ortmeier, 2022)

Gezielt nicht elaboriertes Zeichnen, z. B. durch Wechsel des Stifts auf die ungeübte Hand, mittels eines überlangen Stift- oder Kreidehalters (der Mühlviertler Künstler Gerhard Wöß), in ungeeigneter Positionierung auf dem Boden (Tonie Meilhamer), steht als künstlerische Haltung in der Tradition des Primitivismus und der Art brut.

„Das Gagln ist im Grunde eine meditative Tätigkeit, die es erlaubt, ohne jeden Anspruch an eine ergebnisorientierte Zielsetzung zu zeichnen, zu schreiben, zu kritzeln, mit dem Stift zu malen oder dem Pinsel zu zeichnen. Spiel und Arbeit, Experiment und Gestaltung finden in aller Leichtigkeit zu jener Einheit des kreativen Tuns, die mit dem Intellekt niemals zu erreichen ist.“ (Tonie Meilhamer)[4]

Dagln als politisches Medium

Finanziell, politisch oder amtlich Privilegierten stehen viele Möglichkeiten der Information und Meinungskundgebung zur Verfügung. Jugendliche und randständige Personen nutzen öffentliche Freiflächen zum Dagln, also für zeitvertreibendes Kritzeln und das Auftragen von Parolen oder Zeichen mithilfe eines Stifts. Das Dagln geschieht spontan, während das (qualifizierte) Sprayen in der Regel geplant erfolgt.

Anmerkungen

  1. Aus Martin Ortmeier: Herent und drent. Alte Bilder aus dem Bayerischen Wald und dem Böhmerwald. Regenstauf 2023, ISBN 978-3-95587-821-4, S. 65
  2. Das Bayerische Wörterbuch führt eine Anfrage zum Wort „dagln“ auf.
  3. Eintrag im Weblog der Wiener Autorin, Regisseurin und Zeichnerin Andrea Maria Dusl - genannt Comandantina
  4. Zitiert aus Dietmar Klinger: Tonie Meilhamer – Gaglbücher. In: Passauer Kunst Blätter 32, 2/2003, S. 22–23