Der Scheinprinz

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Frontispiz der Erstausgabe von „Der Scheinprinz“

Der Scheinprinz; oder die Botschaft aus Passau (original: The Sham Prince; or News from Passau) ist eine Sittenkomödie des englischen Dramatikers Charles Shadwell († 1726) aus dem frühen 18. Jahrhundert. Die Vorlage zu dem Stück lieferte dem aus London kommenden Autor das wahre Leben in Gestalt des Hochstaplers William Newsted.

Inhalt und Erstaufführung

Die Passauer? Ständig betrunken. Der Adel? Überschuldet und jederzeit bereit, die Ehre für ein Pfund Tabak zu verkaufen. Ihre Handelsleute? Wohlhabend, aber „sehr träge, sehr verschwenderisch und sehr eitel“. Ihre Frauen? Geschwätzige Schlampen. Und die Priester? Vergiften die Ungläubigen. Nun gut, die Kirchenmusik bietet „eine ordentliche Portion Wohlklang“, allerdings sind die Sänger „so liederlich und zügellos, daß sie der Kirche kein Ruhmesblatt sind“.

Es ist kein schmeichelhaftes Bild, das der Gesandte der Prinzessin von Passau anno 1719 auf der Bühne des Smock Alley Theatre in Dublin von der Dreiflüssestadt zeichnet. Doch dürfte das Publikum geahnt haben, dass ihm „Der Scheinprinz“ vielleicht weniger über Niederbayern erzählt, als ihm selbst einen närrischen Zerrspiegel vorhält. Dafür sprechen schon die Namen des Pseudo-Adligen und seines noch gerisseneren Vaters: Sir William Cheatley und Cheatley senior sind namentlich als Schwindler und Betrüger gebrandmarkt. Ebenso tragen ihre eitlen und unbedarften Opfer ihre Unterwürfigkeit (Kaufmann Sevelle – servil), Armut (Schneider Shred – Fetzen) oder Blauäugigkeit (Liebender Trueman – Aufrichtiger) offen zur Schau. Und der kluge und großherzige Welldone (gut gemacht) erweist sich am Ende als wahrer Gentleman, der zumindest den materiellen Schaden der Betrogenen wieder gutmacht. Für das vollständige Happy End sorgen dann noch drei fröhliche Eheschließungen.

Wiederentdeckung

Die Komödie wurde durch den Passauer Anglisten Jürgen Kamm wiederentdeckt. Kamm war im Zuge seiner Habilitation an eine amerikanische Microfiche-Sammlung von Dramen, die nicht mehr zu kaufen waren – darunter Shadwells „The Sham Prince“. Es dauerte dann aber noch etliche Jahre, bis sich die Gelegenheit bot, die Komödie mit Passauer Bachelor-Studenten ins Deutsche zu übersetzen. Zuletzt feilten Kamm und zwölf Studierende ein Semester lang an Sprache und Stil des sehr unterschiedlichen Figurenpersonals – eine mitunter schwer zu lösende Aufgabe, zumal viele Ausdrücke und Umgangsformen heutzutage gar nicht mehr bekannt sind und Sentenzen am Aktende wie auch der Epilog noch in Reimform daherkamen. Das Ergebnis ist eine gut aufbereitete, zweisprachige Lektüre, die 2014 im Verlag Karl Stutz erschienen ist.

Literatur