Eisstöße (Viechtach)

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Mitarbeiter des Königlichen Straßen- und Flussbauamtes sprengen die Eisdecke. (Foto: Archiv Schüßler)
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Die Sprengung des Eisstoßes erzeugte meterhohe Fontänen. (Foto: Archiv Schüßler)

Von Eisstößen wurde Viechtach in seiner Geschichte mehrmals heimgesucht, davon hatte derjenige des Winters 1908/09 gewaltige Ausmaße.

Eisstoß von 1909

1909 mussten am Schwarzen Regen bei Viechtach Eisstoßsprengungen von Mitarbeitern des Königlichen Straßen- und Flussbauamtes durchgeführt werden. Grund dafür war, dass große Eismassen sich am Wehr der Rugenmühle festgesetzt hatten und die tiefer liegenden Ortsteile von Viechtach bedrohten.

Vorbereitungen

Die erste Kälteperiode des Winters brachte im Dezember 1908 und Januar 1909 größere Eisablagerungen am Schwarzen Regen. Der Chronist notierte: „Stark zusammengefrorene Eismassen sperrten am 5. Februar bei Zwiesel und Viechtach das Regenbett und die infolge der plötzlichen Schneeschmelze herabstürzenden Wasserfluten schossen über die Eisstöße hinweg und traten über die Ufer. Die Folge war eine große Hochwasserkalamität für die tiefer gelegenen Teile des Marktes Viechtach. Insbesondere war die so genannte Schmaus-Mühle des Baumer in Viechtach sehr bedroht.“

Der Eisstoß baute rund zwölf Kilometer bis nahe des Gumpenrieder Wehres auf. Die Gefährlichkeit bei einsetzendem Tauwetter wird dadurch deutlich, dass es sich dabei um einen Höhenunterschied von rund dreißig Metern handelt und umfangreicher Zufluss aus den beidseitigen Hängen vorhanden war.

Magistrat, der heutige Stadtrat, und Distrikt, vergleichbar mit dem heutigen Landkreis, entschlossen sich zu handeln. Man wandte sich an die königliche Baubehörde. Von dort wurde geholfen. Schließlich hatte das Amt eine „Sprengmannschaft“, die sonst bei den Felssprengungen am Kachlet bei Passau eingesetzt war, einschließlich aller erforderlichen Gerätschaften und Pulver in ausreichender Menge zur Verfügung.

Eine Quelle dafür, solche Ereignisse nachzulesen, ist die im Archiv in Deggendorf lagernde Chronik. Fünf Bände beschreiben die Zeit von 1874 bis 1935. Alle wichtigen Ereignisse sind in sauber gestochener deutscher Schrift festgehalten.

Dazu zählen die für das öffentliche und wirtschaftliche Leben besonders wichtigen Witterungs-, Hochwasser- und Eisverhältnisse, der Schiffsverkehr auf der Donau, Baumaßnahmen an Flüssen und Straßen, Baumpflanzungen und „Obsterträgnisse“, Wasser- und Stromleitungen, Rechtsverhältnisse entlang der Straßen, Wege und Gewässer, Personalbesatz des inneren Bauamtsbetriebes, selbstverständlich eine Auflistung aller finanziellen Transaktionen und noch manch andere interessante Anmerkungen.

Alljährlich musste dieser Bericht der Regierung von Niederbayern und der Oberpfalz, wie sie damals hieß, zur Prüfung und Genehmigung vorgelegt werden. Es war der Tätigkeitsnachweis der Behörde. Der Zuständigkeitsbereich – er deckt sich im Wesentlichen mit dem des heutigen Staatlichen Bauamtes Passau – reichte an der Donau von Obermotzing bei Straubing bis Engelhartszell (Reichsgrenze), an der Isar bis oberhalb Landau, betraf den gesamten Bayerischen Wald von der Wegscheider Gegend bis nach Cham und von oberhalb Straubing bis ins Rottal.

Sprengung

Vom 14. Februar bis zum 11. März wurden 556 Schuss gesetzt und insgesamt 13,20 Zentner, also 660 kg Dynamit verbraucht. Entstanden ist dabei eine durchschnittlich zwanzig Meter breite Rinne, die teilweise bis zur Flusssohle ging und auf einer Länge von 2.015 Meter bis nach Viechtach hinauf reichte. „Das frei gewordene Eis wurde über das Rugenmühlwehr hinab gelassen“, heißt es in der Chronik. Diese Arbeiten verbrauchten den größten Teil der geleisteten 714,4 Arbeitertagschichten.

Als die größte Gefahr gebannt schien, ging das Geld aus. Letztendlich lockerte man die Eisplatten nur mehr mit einzelnen Schüssen. Trotz 1.800 Mark Zuschuss des Staates musste die Marktgemeinde Viechtach 772,58 Mark und der Distrikt 2.317,74 Mark aufbringen.

Endlich kam die Erlösung: In der Nacht vom 22. zum 23. März 1909 ging dank der aufwendigen Maßnahmen der Eisstoß ab, ohne Schaden anzurichten.

Literatur