Fähre Aigen am Inn

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Johann Gurtner war der letzte Fährmann der Innfähre Aigen-Ufer/Kirchdorf. (Foto: Diet)

Die Fähre Aigen am Inn verband über Jahrhunderte hinweg das bayerische Aigen am Inn mit dem österreichischen Kirchdorf – zunächst als bloße Kahnüberfahrten, ab dem 19. Jahrhundert dann als fest installierte Drahtseilfähre. In den 1930er Jahren wurde der Fährbetrieb eingestellt. Seit 2010 gibt es Bemühungen, den Fährbetrieb wieder aufzunehmen.

Geschichte

Ursprünge des Fährbetriebs

Allein im Bereich des ehemals königlichen Bezirksamtes Griesbach verkehrten in den 1870ern fünf Fähren über den Inn. Sie verbanden die Ortschaft Hund in der Gemeinde Hartkirchen mit Suben, Würding mit Reichersberg und Egglfing mit Obernberg. Zwei Fähren gab es allein in Aigen am Inn, wobei eine nach Ufer und die andere nach Gimpling, beides Orte bei Kirchdorf am Inn, verkehrte. Damit gab es im heutigen Gemeindebereich von Bad Füssing vor 140 Jahren vier Verbindungen über den Inn nach Österreich.

Aus einer Erhebung des Bezirksamtes ist zu erfahren, dass 1879 die beiden Fischer Georg Berger (Aigen) und Peter Maier (Kirchdorf) die Überfuhr zwischen Aigen und Kirchdorf am Inn mit ihren „zweiwändigen Waidzillen“ besorgten, während Aigen-Gimpling vom Fischer Johann Resch auf dem Fischergut in Gimpling getätigt wurde. Fischer also, mit den Tücken, den Untiefen und Strömungen des damals noch frei fließenden, durch keine Kraftwerke und Stauseen gebändigten Gebirgsflusses bestens vertraut, besorgten die Überfuhr. Es bestanden damals einfache Kahnüberfahrten oder jegliche Vorrichtungen am jeweiligen Ufer.

Während Maier ein persönliches Überfahrtsrecht besaß, hatte Berger auf der Aigener Hausnummer 43 ein Realrecht, das die Bergers bereits kurz nach der Säkularisation vom damals schon kurbayerischen Pfleggericht Riedenburg bestätigt erhielten und das von dieser Familie auch bis zu ihrem Wegzug 1931 ausgeübt wurde. Im Vergleich zur Egglfinger Fähre, wo auch Waren, Vieh und Fahrzeuge über den Inn transportiert wurden, blieben die Aigener Fähren stets reine Personenfähren. Bei der Überfuhr Aigen Ufer/Kirchdorf durfte der bayerische Fährmann nur die Personen nach Österreich überführen, während sein oberösterreichischer Kollege nur die Personen von Österreich nach Bayern übersetzen durfte.

Da man 1904 dem zu dieser Zeit 76-jährigen Peter Maier bei seinem hohen Alter gerade bei hohem Wasserstand die nötige Kraft für eine sichere Überfuhr nicht mehr zutraute – der Gendarmarieposten Rotthalmünster sprach bereits von einer Gefahr für die bayerischen Staatsangehörigen – bewarb sich der Schneidermeister Ferdinand Leithner, ebenfalls aus Ufer, um den Posten als Fährmann. Diesen erhielt er schließlich auch von der k.u.k. Staathalterei Linz.

Errichtung einer Drahtseilfähre

1905 legte die k.k. Bezirkshauptmannschaft Ried den Überfuhrpreis von 20 Heller je Person bei normalem Wasserstand fest. Bei Hochwasserstand von einem Meter bis 2,30 Meter waren 60 Heller nötig und ein zusätzlicher Fährgehilfe. Jeder musste in der „Waidzille“ einen Sitzplatz haben. Die Überfuhrzeiten waren ohne feste Zeitangabe von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang festgelegt. Leitner machte sich 1905 mit seinem bayerischen Kollegen Johann Berger stark für die Errichtung einer Drahtseilfähre. Die beiden erhielten tatkräftige Schützenhilfe durch den Aigener Bürgermeister Seidl. Seidl berichtete an Bezirksamt und Regierung, dass der Personenverkehr ziemlich groß sei. Gerade die Leonhardiwallfahrt in Aigen am Inn werde aus Österreich stark besucht. Im Vorjahr seien allein an den drei „Goldenen Samstagen“ über 1.000 Personen über den Inn gesetzt worden und weitere 1.000 am Leonharditag selbst. Andererseits werde die neu aufgekommene Wallfahrt in Kirchdorf aus Bayern stark besucht. Von großem Interesse für Aigen und Umgebung sei der nahe, nur eine halbe Stunde entfernte Bahnhof in Moosham/Altheim mit seinen Verbindungen nach Passau, Simbach und München. Benötige man für die bisherige frei Kahnfahrt hin und zurück eine Stunde, so verkürze die neue Drahtseilfähre die Fahrzeit auf zehn Minuten und biete zusätzlich eine größere Sicherheit. Pläne im Staatsarchiv halten die Anlage samt den Schiffen getreu fest. Es dauert mehrere Jahre, bis der Weg zwischen München und Wien frei wird für die Errichtung der ersten Drahtseilfähre.

1907 gin die Drahtseilfähre Aigen-Ufer/Kirchdorf mit neuen, bis zu 40 Personen fassenden Schiffen in Betrieb. Doch schon mit Kriegsbeginn 1914 kommt die Sperrung der Fähre. Viele Schreiben werden ab 1918 eingereicht, um vor allem zu den Wallfahrtstagen wieder eine Überfuhr zu ermöglichen. 1922, die Drahtseilfähre ist bereits wieder abgebaut, ihr Betrieb kam zu teuer, wird eine Überfuhr per Zille an Sonn- und Feiertagen und am Donnerstag von 7 bis 12 Uhr und von 14 bis 18 Uhr wieder eingerichtet. Vehement kämpfen die beiden Fährleute Berger (Bayern) und Gurtner (Oberösterreich), die Drahtseilfähre war inzwischen von Flusskilometer 40,307 nach 39,760 wegen kürzerer und bequemerer Wege verlegt worden, um die Freigabe der beschränkten Fahrzeiten. „Niemand nimmt ausgerechnet seine Geschäfte an den besonders vorgeschriebenen Tagen wahr, sondern größtenteils an den Bauernfeiertagen“, ersuchen sie um Freigabe der Überfuhrzeiten am 16. Dezember 1924.

Ende des Fährbetriebs

1931 meldet der bayerische Fährmann Johann Berger seinen Betrieb ab und zieht weg. Daraufhin steht die Fähre still. „Beide Kähne bei der Fähre sind dem Untersinken nahe“, wird gemeldet. An das Bezirksamt geht die Meldung: „Die Seilfähre wird höchstwahrscheinlich aufgelassen.“ Doch die Totgesagte lebt noch einmal auf. Anna Gurtner von Ufer/Kirchdorf betriebt die Fähre allein weiter, nachdem der Aigener Gemeinderat den Beschluss gefasst hatte, zur „Fortdauer der Überfuhr“ einen Teil der Reparaturkosten zu übernehmen. Trotz deutsch-österreichischem Abkommen von 1936 zur Hebung des Verkehrs kommt Anna Gurtner, die sich unter erheblichen Auslagen neue Fahrzeuge beschafft hatte, mit der Deutschen Grenzwachstation 1937 in Konflikt, die die Überfuhrzeiten früh, mittags und abends auf je eine Stunde stutzen möchte. Die Überführerin spricht vom fast 100-jährigen Bestand und dem großen Interesse der Gemeinden. Sie wirft den Deutschen Grenzbehörden Schikanierung vor und droht mit der Auflassung der Fähre, wie aus einem Brief im Gemeindearchiv hervorgeht. Leider fehlt eine Gegendarstellung.

Das Hochwasser des Jahres 1940 brachte schließlich das endgültige Aus für die Drahtseilfähre, da es einen Teil der Anlage mit sich riss. Fährbetreiber Johann Gurtner konnte die Kosten für eine Wiederherstellung nicht tragen. Während die Gemeinde Geinberg, zu der Kirchdorf während des Dritten Reiches gehörte, bereit war die Hälfte der Kosten zu tragen, wollte die Gemeinde Aigen, obwohl sie den größeren Nutzen an der Einrichtung hatte, nur einen geringeren Beitrag leisten. „Das Verhalten des Bürgermeisters der Gemeinde Aigen wird in hiesiger Bevölkerung abfällig beurteilt, weil Aigen seinen Anteil verweigert“, berichtete der Rieder Landrat 1940 an seinen Griesbacher Amtskollegen.

1941 bemühten sich in Kirchdorf einquartierte Pioniereinheiten, unterstützt durch den Aigener Gastwirt Hiesserer und den Bauer Seidl aus Hart, um den Wiederaufbau der Drahtseilfähre, um die Aigener Wirtshäuser bequemer erreichen zu können. Doch die Polizeistationen Geinberg und Rotthalmünster verboten den Wehrmachtsangehörigen die Benutzung, weil von Amts wegen die Betriebssicherheit noch nicht überprüft worden war. Der Kraftwerksbau von Egglfing mit seinen Staudämmen und dem Stausee, das 1944 in Betrieb ging, schuf auch im Aigener Bereich völlig andere Bedingungen. Damit ging die Geschichte der Aigener Innfähre zu Ende.

Wiederaufnhame des Fährbetriebes

Auf diesem Abschnitt des Inns zwischen Aigen und Kirchdorf soll es wieder eine Fährverbindung geben. (Foto: Schlegel)

Ablauf der Diskussion

Nachdem die Strecke über den Fluss wegen der vielen Versandungen wieder kürzer und damit leichter zu überqueren und der Bau des Inndammes – der in den 1930ern die Stillegung der Fähre forderte, weil sich die Bedingungen des Flusses änderten – für die Wiederaufnahme des Betriebes nicht mehr ausschlaggebend ist, wird seit 2010 eine Wiederaufnhame des Fährbetriebes diskutiert.

Im Mai 2010 wurde beim grenzüberschreitenden Verband Euregio Antrag gestellt, um dafür Fördergelder zu beantragen. Das Projekt muss noch auf mögliche Fragen des Naturschutzes hin abgeklärt werden, sowie mit dem Egglfinger Kraftwerk. Dann soll entschieden werden, mit welcher Technik der Fährbetrieb in Zukunft aufgezogen wird. Es steht nur fest, dass Verbrennungsmotoren nicht in Frage kommen, denn das Gebiet steht unter strengem Naturschutz. Ruderboote seien denkbar, aber diese würden in der starken Strömung des Inns vom Kurs abgebracht. Weitere Möglichkeiten werden ermittelt.

Mit fünf Gegenstimmen beschloss der Gemeinderat im Oktober 2011, das Vorhaben weiter zu verfolgen. Zudem wird eine Partnerschaftserklärung mit den österreichischen Kollegen aus Kirchdorf unterzeichnet und ein Förderantrag eingereicht.

Konzeption eines möglichen Fährbetriebes

Die Fähre zwischen dem österreichischen Kirchdorf und dem bayerischen Aigen ist gedacht für Fußgänger und Radfahrer. Auf ihr sollen rund zehn Personen Platz haben. Die Strecke ist 440 Meter lang. Die Fähre soll ein Holzschiff sein, das an einem Seil hängt. Das ist technisch möglich durch den Bau eines Pylons auf österreichischer Fluss-Seite. Das Schiff, so die ursprünglichen Planungen, könnte durch den Druck des Wassers hin- und herpendeln. Doch dafür ist die Fließgeschwindigkeit auf bayerischer Seite nicht stark genug. Um die letzten Meter zum Ufer in Aigen zurücklegen zu können, muss ein Motor installiert werden. Einzurichten ist in beiden Uferbereichen auch ein Zugangsbereich zu einer kleinen Station, an der die Fähre anlegen kann. Dafür muss am Inndamm eine Treppe oder Rampe geschaffen werden. Auf der Vorlandfläche, die bei Hochwasser überschwemmt ist, müssten ein paar Bäume gefällt werden. Zudem erforderlich ist eine Aufschüttung mit Kies.

Literatur