Flussperlmuschel

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Bis zu 120 Jahre alt und dennoch vom Aussterben bedroht: Flussperlmuscheln in der Ilz.

Die Flussperlmuschel (Margaritifera margaritifera) ist eine Süßwasser-Muschel.

Die Krone bayerischer Monarchen schmückten einst Perlen aus der Flussperlmuschel aus bayerischen Flüssen und Bächen. Mittlerweile kann man aus den noch existierenden Beständen an Flussperlmuscheln keine Perlenkette mehr gewinnen. In der Ilz schätzen Kenner den Bestand nur noch auf wenige Hundert. Eine ernüchternde Erkenntnis, die die Stadt Passau dazu bewogen hat, lebensrettende Maßnahmen in der einstigen Muschelhochburg Ilz und vor allem am Flusslauf Höhe Triftsperre zu unterstützen.

Beschreibung

An den Ufern verschiedener Bäche kann man nach einem Hochwasser oft ziemlich häufig die Schalenreste der Muschel finden. Lebende Flussperlmuscheln sind heute aber eine große Seltenheit. Sie kommen in klaren, halbschattigen und nicht zu rasch fließenden Bächen vor. Die Muscheln sitzen mit dem Hinterende gegen die Strömung gerichtet im Sand. Die Länge beträgt etwa 12 Zentimeter, die Schalen sind rotbraun bis pechschwarz gefärbt und meist stark zerfressen. Mit Hilfe eines muskulösen Fußes bewegt sich die Muschel fort.

Die befruchteten Eier entwickeln sich in der Muschel zu Larven, die dann ausgestoßen werden, etwa eine Million an der Zahl. Die Entwicklung der Larven erfolgt an den Kiemen junger Bachforellen. Nach vier bis sechs Wochen fallen die Jungmuscheln ab und wachsen im Sand der Bäche weiter. Perlmuscheln können sehr alt werden, etwa 60 Jahre oder gar bis 120 Jahre.

Muschelperlen und Perlenfischerei

Die Flussperlmuschel umgibt eingedrungene Fremdkörper mit Perlmutter. Die Wachstumszeit einer Perle beträgt etwa sieben Jahre. Bis in das 20. Jahrhundert waren diese Perlen sehr begehrt, und unberechtigtes Perlenfischen wurde streng bestraft. So wurde am 5. Oktober 1695 der Inwohner Veit König aus Dörfl wegen Perlendiebstahl im Großen Regen nach 99 tägiger Einsperrung und überstandener Tortur am Landgericht Zwiesel öffentlich im Springer mit umgehängten Perlmuscheln ausgestellt, sein Unrechttun verlesen und er auf zwei Jahre außer Landes verwiesen.

1742 ließ der Pandurenoberst Franz von der Trenck die vier verpflichteten Perlfischer nach Regen kommen, durch sie sämtliche Perlwasser ausfischen und sich die Perlen abliefern.

Beim fachmännischen Öffnen wurden die Muscheln durch ein Flacheisen, den sogenannten Perlschlüssel, soweit geöffnet, dass man vorhandene Perlen sehen und entnehmen konnte, ohne den Schließmuskel zu überdehnen. Das Aufbrechen der Muschel hingegen führt zu ihrem Tod.

Während und nach den Napoleonischen Kriegen wurden von den Soldaten der verschiedensten Art, die um diese Zeit den Bayerischen Wald passierten, die Perlenbäche geplündert. In diesen Jahren wurde der Muschelbestand im Klautzenbach völlig und im Tausendbach fast gänzlich vernichtet. Der Bestand in der Rinchnacher Ohe wurde so schwer geschädigt, dass es Jahrzehnte dauerte, bis die Perlenfischerei wieder betrieben werden konnte. Auch der Kleine Regen und die Flanitz führten ehemals die Perlmuschel.

Zwischen 1814 und 1857 wurden auf Initiative der bayerischen Regierung in Bayern offiziell 156000 Perlen geerntet. Die schönsten Perlen wurden zu dieser Zeit noch mit drei bis vier Gulden pro Stück verkauft, zweitklassige Perlen mit einer Trübung oder einem Formfehler waren immerhin noch einen halben Gulden wert. Die „Wacken“, formverbildete und getrübte Perlen, bekam man für wenige Kreuzer. Die letzte gute Perlzeit lag in den 1890er Jahren.

Vorkommen

1990 wurde der Bestand in der Ilz auf etwa 10000 Exemplare geschätzt, in der Mitternacher Ohe und in der Wolfsteiner Ohe auf jeweils 8000 Exemplare. Fabian Bötzl fand 2004 in der Ilz, in der Ranna, in der Kleinen Ohe und im Renzlinger Mühlbach noch einzelne lebende Tiere, nicht jedoch im „Perlbach“. Die Muschel reagiert empfindlich auf Gülleeinträge und Drainagen, hohen Fichtenanteil am Ufer und Verschlammung durch Kieselalgen. Obwohl die Flussperlmuschel nach der Bundesartenschutzverordnung besonders geschützt ist, kommt es noch immer gelegentlich zu Perlenräuberei.

Maßnahmen zum Erhalt der Muschel

Ein Auge auf die Muscheln haben die Passauer offenbar schon länger wie das Schild an der Ilz zeigt.

Franz Elender vom Landschaftspflegeverband informierte den Umweltausschuss 2011 konkret von möglichen Gegenmaßnahmen, aktuelle Bestände zu erhalten und durch eine „halbnatürliche Aufzucht“ anzureichern. In Aquarien und so genannten Unterwasseraquarien sollten Jungmuscheln aufgezogen werden, zumal Restvorkommen der bis zu 120 Jahre alt und 13 bis 16 Zentimeter groß werdenden schwarzen Muscheln nahe der Triftsperre mit rund 70 Jahren bereits „überaltert“ seien. Solche aufwändigen und über Jahre laufenden Jungmuschel-Maßnahmen schlagen zumindest am Anfang jährlich mit bis zu 25 000 Euro zu Buche, die aber mit bis zu 80 Prozent bezuschusst werden.

Die Fischtreppe am Kraftwerk Oberilzmühle soll vor allem der Bachforelle auf die Sprünge helfen - und damit der Flussperlmuschel in der Ilz, die ja vom Aussterben bedroht ist. Die Bachforelle ist der Wirtsfisch der Muschel. 4750 Euro schießt die Stadt dem Landschaftspflegeverband heuer zum fünften Mal zu. Die Zuschuss-Vereinbarung mit dem Landkreis läuft zwar dieses Jahr aus - „wir streben aber für nächstes Jahr eine Verlängerung mit dem gleichen Kostenumfang an, also 4750 Euro im Jahr“, sagt Rathaussprecherin Karin Schmeller.

Erste Erfolge

Die Maßnahmen weisen gute Erfolge auf. Im ersten Jahr waren sämtliche eingesetzten Muscheln innerhalb der Jahresfrist abgestorben. Im folgenden Jahr steigerte sich die Überlebensquote auf wenigstens 40 Prozent. Und zuletzt, als weitere 340 Muscheln eingesetzt wurden, überlebten von diesen übers Jahr 97 Prozent. Das tue bitter Not, meint Paul Kastner (BN): Der Altbestand in der Ilz sei fast erloschen.

Literatur

  • PNP: „Überlebt die Flussperlmuschel?“ In: Passauer Neue Presse vom 17. Mai 2011 (S. 22)
  • Walter Peschl, Karel Kleyn, Klaus Eisenreich: Tiere und Pflanzen des Bayerischen Waldes, Neue Presse Verlags-GmbH, Passau 1990, ISBN 3-92 44 84-20-1
  • Fabian Bötzl: Muscheln, geheimnisvolle Schätze des Bayerwaldes, in: Der Bayerische Wald, 17. Jahrgang (Neue Folge) Heft 2 / Dezember 2004
  • Josef Schaller: Chronik Zwiesel und Umgebung, Verlag A. Maier, Zwiesel, 1993