Gasthof Zur Alten Post (Herzogsreut)

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Die Alte Post um die Jahrhundertwende. (Repro: Schörnich)
Der denkmalgeschützte Teil des Gasthofes 2010. (Foto: Schörnich)

Der Gasthof Zur Alten Post ist geschichtsträchtiges Haus am Goldenen Steig in Herzogsreut. Das Wirtshaus wurde vor 360 Jahren erstmals urkundlich erwähnt.

Geschichte

Vor 360 Jahren erstmals urkundlich nachgewiesen, gehört das Anwesen zu den ältesten Häusern der Ortschaft, die im Jahr 1618 von Leopold Erzherzog von Österreich gegründet wurde. Jahrelange Kriegsunruhen, letztlich aber der Aufstand der böhmischen Stände, gaben den Ausschlag zur Gründung der Ortschaften Leopoldsreut, Schwendreut und Herzogsreut. Leopold I., der von 1598 bis 1625 den Passauer Bischofsstuhl inne hatte, ohne je die höheren Weihen empfangen zu haben, ließ die Siedlungen im Jahr 1618 „zur Versicherung der Gränzen“ und des Goldenen Steiges errichten.

Ursprünglich bestand Herzogsreut, im Volksmund auch Heldshäuser genannt, aus 18 Anwesen. Die Siedlung wurde als Waldhufen- oder heute Reihendorf errichtet. „Und eines davon war unser Haus“, ist Maria Lenz-Krumenacker, die Wirtin des Gasthofes „Zur Alten Post“ überzeugt. Urkundlich belegt ist das aber erst ab dem Jahr 1651. Am 13. Juni diesen Jahres wird von „Herren Handen dem Stephan Eckerl von Wallern und Magdalena, seiner Ehewirtin, des Wolf Voltin, Söldner zu Herzogsreut öd stehen gelassene Behausung samt aller Zugehörung um 70 Gulden verkauft“, so steht es in der Überlieferung. Vielleicht fiel der ehemalige Pächter der Pest zum Opfer. Sie wütete im Jahr 1625 derart, dass in den drei neuen Walddörfern fast alle Bewohner dahin gerafft wurden. „In bemelten Dorf ist mehr nicht als aine ainzige Mansperson übriggeblieben“, meldete das Pflegamt.

Nach dem Erlöschen der Pest versuchten die Bischöfe durch Gutsverkäufe die größte Not zu steuern. In der Folge wechselte die „Behausung“, wie die Chronik sie bezeichnet, mehrmals den Besitzer. Als der ehrbare Urban Khern am 12. August 1685 das Haus erwirbt, wird auch das „Schankrecht“ fest geschrieben. „Da muss es schon recht zugegangen sein“, so Maria Lenz-Krumenacker, „die Salzsäumer kehrten auf ihrem Weg von Winterberg nach Passau hier ein“.

Den Säumern folgten die Postkutschen. Der Name „Alte Post“ ist der Posthalterstation bis heute geblieben. Die Pferde standen im angebauten Stall. Er wurde später zum großen Saal umgebaut. Noch heute kann man die Boxen des Rossstalls erahnen, die mächtigen Stützsäulen erinnern an die ehemalige Funktion. Die Fuhrleute nächtigten im Matratzenlager oder gleich in der Wirtstube.

„Darüber haben mir Oma und Opa viel erzählt“, erinnert sich die heutige Wirtin. Gerne lauschte sie als Kind den Geschichten und Erinnerungen der Großeltern. Nicht belegt ist die Bedeutung der in Stein gemeißelten Inschrift „C P 1825 B P“ im Türstock des Wirtshauses. Vieles deutet jedoch darauf hin, dass die damaligen Besitzer Caspar Blöchl und Barbara, eine Eignerstochter aus Kreuzberg, das Gasthaus um- oder neu bauten.

Der Name „Lenz“ tauchte erstmals im Jahr 1886 in der Chronik auf. Ein gewisser Franz Josef Lenz kaufte den „1/8-Postwirtshof mit realer Tafern-Gerchtsame“ für 15.000 Mark. Von ihm erstanden Marias Großeltern, Johann und Kathi Lenz, den Hof mit Wirtshaus. Das „Wirt Kathl“ lernte in Regensburg das Kochen. „Sie war auch eine der Ersten, die an Urlauber dachte“, erzählt Maria Lenz, „quasi eine Vorkämpferin für den Fremdenverkehr“. Die Sommerfrischler zur Jahrhundertwende, des Freizeitprogramms „Kraft durch Freude“ vor dem zweiten Weltkrieg, oder die Teilnehmer der Ferienfreizeit der Arbeiterwohlfahrt: Durchgehend beherbergte der Gasthof „Zur Alten Post“, seitdem Erholungssuchende.

Heute führt Maria Lenz-Krumenacker den Gasthof bereits in der vierten Generation. Sie übernahm mit ihrem Mann Josef im Jahr 1996 von ihrer Mutter Lydia das Anwesen und erweiterte es durch einen modernen Anbau. So blieb das alt ehrwürdige Wirtshaus, das seit 1978 unter Denkmalschutz steht, fast im ursprünglichen Stil erhalten.

Durch das mit Natursteinen ausgelegte Fletz gelangt der Besucher in die Gaststube. „Da ist die Zeit stehen geblieben“, so der erste Gedanke. Urig und gemütlich sieht sie aus. „Da wurde noch nicht viel geändert“, gibt Frau Lenz zu. Der alte Holzboden, die getäfelten Wände, tief hängende, von dicken Balken durchzogene Decke. Ein Kachelofen aus den 1930er Jahren sorgt für angenehme Wärme. Die rustikalen Bänke und Tische laden zum Verweilen ein.

„Das und die Küche war schon als Kind unser Reich“, erzählt die Wirtin. An alte Säumerzeiten erinnert das originalgetreue Modell eines Säumerfuhrwerks. „Das stammt vermutlich aus dem 17. Jahrhundert. Wer es geschnitzt hat, ist unbekannt“, erklärt Lenz. Auch in der geräumigen Küche hat sich nicht viel verändert. Zwar musste das eine oder andere wegen gesetzlicher und hygienischer Vorgaben ein- und umgebaut werden, doch der alte Holzofenherd ist immer noch in Betrieb. An ihm hat schon die Oma gestanden. Sie war die Erste, die „regelmäßig auskochte“, so Lydia Lenz. Schließlich wollte das Wirt-Kathl auch zeigen, was sie in der Fremde gelernt hatte.

„Wir leben in einem Museum“, schmunzelt die Wirtin. Und da sie „an dem alten Zeug hängt“, ist im Obergeschoss ein Zimmer wie zu Zeiten der ersten Sommerfrischler eingerichtet. Von 1651 bis heute ist der Gasthof Herberge und Wirtshaus. Grund genug für Rupert Berndl, ihm in seinem Buch „Lebensader Goldener Steig“ ein Kapitel zu widmen.

Literatur