Glasfachschule Zwiesel

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Die Zwieseler Glasfachschule. (Foto: Proft)
Gebäude der Zwieseler Glasfachschule. (Foto: Proft)

Die Glasfachschule Zwiesel (vollständig: Glasfachschule Zwiesel – Staatliches Berufsbildungszentrum für Glas) ist eine staatliche Berufsschule in Zwiesel und die einzige Fachschule für Glasberufe in ganz Bayern. Sie genießt internationalen Ruf.

Geschichte

Gründung

Die Zwieseler Glasfachschule wurde zum Zweck der berufsbezogenen Förderung des Nachwuchses für die umliegenden Glashütten- und Glasveredlungsbetriebe gegründet. Bereits 1904 konnte in einem von der Stadt zur Verfügung gestellten Schulgebäude der Unterricht aufgenommen werden. Bald nach der Eröffnung der Schule erfolgte die Übernahme durch den bayerischen Staat.

Es war eine echte Pioniertat der kleinen Gemeinde mit etwas mehr als 3.000 Einwohnern, in eigener Regie eine Fachschule für Glasberufe zu gründen. Schon beim Bau des Schulgebäudes bestand man nicht auf der Errichtung eines reinen Zweckgebäudes sondern auf einer architektonisch beispielgebenden Lösung des Münchner Architekten Otto Schulz. Der damalige Marktgemeinderat von Zwiesel fasste ab 1898 die entsprechenden Beschlüsse und 1903 verspricht die kgl. Regierung in München einen Staatszuschuss.

Die Idee zu dieser Pioniertat kam von Kommerzienrat Anton Röck, dem Leiter der Glashütte Steigerwald in Regenhütte. Er wusste um das segensreiche Wirken der Glasfachschule im nordböhmischen Haida (heute Nový Bor) und konnte sich wohl eine ähnliche Einrichtung auch in Zwiesel als Mittelpunkt der Ausbildung für Glasberufe vorstellen und mit seiner Idee die Verantwortlichen im Rathaus überzeugen.

Fünf Monate nachdem Zwiesel zur Stadt erhoben wurde, konnte die Schule eingeweiht werden. Selbst die überörtliche Presse und vor allem die Fachzeitschriften sprechen von einem Festtag für die junge Stadt, die damit ein Zeichen für Weitsicht und Gemeinsinn gesetzt hat, aber auch ein Zeichen für die sprichwörtliche Dickköpfigkeit der Zwieseler Bürgerschaft, die sich durch Pioniergeist und Opferbereitschaft auszeichnete.

Der erste Schulleiter

Bereits am 27. November 1903 hat der Markt Zwiesel den Münchner Kunstmaler und Bildhauer Johann Sebastian Schmid als Gründungsdirektor der Schule berufen. Auf der Suche nach einem fähigen Lehrer für die Gravurklasse hatte Kommerzienrat Anton Röck bereits mit Anton Pech, einen Absolventen der Haidaer Glasfachschule, eine hervorragende Fachkraft für diese Aufgabe gewinnen können. Die neue Schule arbeitet zielbewusst und kreativ und hatte 1907 bereits 63 Schüler. Der Schulleiter versucht von Beginn an Brücken zur Glasindustrie zu schlagen. Dafür sorgten auch die Eröffnung eines glastechnischen Labors und einer chemisch-technischen Versuchsabteilung sowie die Angliederung einer Beratungs- und Auskunftsstelle für die in der Stadt und ihrem Umfeld vorhandenen Glashütten.

Aber der Schulleiter stand bald im Kreuzfeuer der Kritik und ihm wurde u.a. vorgeworfen, die Schüler nach überholten Methoden und wenig praxisnah zu unterrichten. Man hatte von der Schule erwartet, dass sie eine Führungsrolle in Geschmacksfragen übernehmen sollte um durch neue Ideen die stagnierenden, ja sogar rückläufigen bayerischen Glashütten wieder vorwärts zu bringen. Offensichtlich war Schmid diesen Anforderungen nicht gerecht geworden und deshalb bat er Ende 1909 selbst wegen Krankheit um seine Dienstenthebung.

Zur Schule gehörte auch eine Klasse, die eine Ausbildung als Holzschnitzer anbot. Sie war von Kötzting nach Zwiesel verlegt worden und existierte bis zum Jahr 1955.

Das Tandem Bruno Mauder/Dr. Ludwig Springer

Mit der Bestellung des Münchner Kunstgewerblers Bruno Mauder zum neuen Direktor im Jahre 1910 und der Berufung des bisher an der Technischen Hochschule in München tätigen Wissenschaftlers Dr. Ludwig Springer als Leiter der chemisch-technischen Versuchsanstalt im Jahre 1913 wurden die entscheidenden Weichen für eine rasante Weiterentwicklung der Schule gestellt. Das Gespann Mauder-Springer prägte über Jahrzehnte hinweg Schule und Schüler und begründete den internationalen Ruf der Zwieseler Glasfachschule. Mauder wird zum wegweisenden Pionier im deutschen und europäischen Glasdesign und Dr. Springer erweist sich als der Systematiker der Glaschemie und Glastechnik, dessen Erkenntnisse auch heute noch ihre Gültigkeit besitzen. Auf dem Höhepunkt ihres Schaffens kommt für beide die Ernennung zum Professor.

Zu den ursprünglichen Fachklassen für Hohlglasmalerei und -gravur kam 1912 eine Glasschleiferei. Von 1913 bis 1962 unterrichtete Wilhelm Hieke als Fachlehrer für Glasschliff an der Glasfachschule. 1917 fand ein erster Jahreskurs für (vorwiegend kriegsbeschädigte) Glashüttentechniker statt, die seit 1919 regelmäßig ausgebildet werden und sich seit 1962 auch einem staatlichen Examen unterziehen können.

Versuchsglashütte

Nach dem Ausscheiden von Prof. Bruno Mauder leitete der Wiener Architekt und Kunstgewerbler Rudolf Rothemund die Schule kommisarisch. 1952 wird der Keramiker Stefan Erdös zum Direktor ernannt. Ein Jahr nachdem Max Gangkofner 1956 die Leitung der Schule übernommen hat, erschloss sich die Schule eine neue Dimension durch die Inbetriebnahme einer Versuchsglashütte mit einem Drei-Hafen-Ofen. Die zusätzliche Ausstattung mit Maschinen, Laboreinrichtungen und Säureanlagen schuf die Voraussetzung für die 1965 ministeriell genehmigten Glashütten-Ingenieur-Kurse. Allerdings musste die Ausbildung zum Ingenieur 1972 wieder abgegeben werden und der Fachhochschule in Nürnberg überantwortet.

Berufsbildungszentrum für Glas

Unter Schulleiter Max Gangkofner existiert bereits die Unterteilung in drei Schulgruppen mit den Abteilungen Fachschule für Glastechniker und -gestalter, der Berufsfachschule mit Ganztagesausbildung und der Abteilung Berufsschule für Auszubildende aus Industrie und Handwerk. Seit 1973 besteht für diese Lehrlinge in Zwiesel ein Landesfachsprengel, der mittlerweile teilweise als Bundesfachsprengel zweimal pro Jahr Schüler aus ganz Deutschland in vierwöchiger Blockbeschulung weiterbildet.

Mit der Angliederung der Berufschule für Glasberufe und optische Industrieberufe im Jahr 1974 entstand schließlich das Staatliche Berufsbildungszentrum für Glas, eines der ersten Kompetenzzentren an beruflichen Schulen. 1984 übernahm Bernhard Schagemann die Leitung der Schule. Nach seiner Verabschiedung in den Ruhestand 1996 wurde im Jahr darauf Hans Wudy, der bereits seit 1990 nebenamtlich Formgestaltung unterrichtet hat, neuer Schulleiter.

Anlässlich der Eröffnung der Glasstraße im Jahr 1997 besuchte Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl die Schule. Im Jahr 2001 konnten sich Lehrer und Schüler über den Besuch von Bundespräsident Johannes Rau freuen.

Weitere Investitionen

Arbeiten am neuen Glasofen in der Glasfachschule. (Foto: Hackl)

Große Investitionen zur Erweiterung und Modernisierung der Berufsfach- und Fachschule von 1994 bis 1999 ermöglichten ein zeitgemäßes Ausbildungszentrum mit bundesweitem Einzugsgebiet. Unter Schulleiter Hans Wudy konnte 2004 die 100-Jahr-Feier der Schule begangen werden.

Um die internationalen Anforderungen der Glasbranche auch in Zukunft erfüllen zu können, wird am Berufsbildungszentrum weiterhin kräftig investiert. 6,7 Millionen fließen in den Anbau einer Flachglaswerkstatt, die Sanierung und Erweiterung des angrenzenden ehemaligen Berufsschulgebäudes und einen neuen Glasofen. Der neue Dreihafen-Glasofen – ein Elektroofen – wurde am 1. Oktober 2008 in Betrieb genommen.

Den Anbau für die Flachglasabteilung haben die Schüler am Freitag, 30. Januar 2009, bezogen. Der moderne Glasbau bietet 250 Quadratmeter Platz und viel Licht. "Das historische Schulgebäude sollte seine Würde behalten, aber Architektur ist immer auch Zeitzeuge; man sollte also durchaus sehen, dass es sich hier um einn neuen Anbau handelt, der sich aber trotzdem mit dem alten Gebäude verträgt", erklärt Schulleiter Hans Wudy. Zusätzlich zum Anbau wurden auch neue Geräte angeschafft, zum Beispiel ein Kantenschleifautomat und eine neue Bandsäge.

Im Januar 2008 war der spiegelbildliche Rohbau der Erweiterung der Berufsschule fertiggestellt, die Sanierung des ursprüngliche Gebäude wird saniert. Nötig war die Erweiterung um Platz für die neue Ausbildungsrichtung der Feinoptiker. Die Ausbildung wurde 2008 in Zwiesel bundesweit zum ersten Mal angeboten, zehn Schüler haben die Ausbildung aufgenommen. Bis zum Sommer 2009 sollen die Labors und Werkstätten für den Fachbereich fertig sein. Gemeinsam mit dem Kultusministerium und in Absprache mit der Wirtschaft ist der Zweig eingeführt worden. Gebraucht werden Feinoptik-Spezialisten etwa bei der Entwicklung und dem Bau von Scannern oder Ferngläsern.

Aktuelle Schülerzahl

Im Schuljahr 2008/09 werden insgesamt 387 Schüler von 20 hauptamtlichen und 11 nebenberuflichen Lehrkräften unterrichtet. Die Schülerzahl ist damit so hoch wie zuletzt vor zehn Jahren.

Ausbildungsangebot

Das Berufsbildungszentrum bietet mit seinen drei Schulen ein umfangreiches Angebot „gläserner“ Berufe zur Aus- und Weiterbildung.

Neben der allgemeinen Infrastruktur der Schule stehen Schülern und Lehrern moderne und gut ausgestattete Fachwerkstätten für die verschiedenen Berufe und helle und großzügige Lehr- und Zeichensäle sowie Werkstätten für plastisches Gestalten zur Verfügung. Verschiedene Labors, EDV- Lehrsäle aber auch dezentrale Rechner in verschiedenen Abteilungen, eine Fachbibliothek und ein moderner Konferenzsaal gehören zur Schule. Die schuleigene Lehr- und Versuchsglashütte ist ein Herzstück der Schule.

Im Herbst 2012 startet die Glasfachschule eine in Deutschland einzigartige Aus- und Weiterbildung für Produktdesign.

Berufsfachschule für Glas

  • Glas- und Porzellanmaler
  • Glasveredler (Schwerpunkt Schliff, Gravur, Flächenveredelung)
  • Glasbläser (Schwerpunkt Glasapparatebau, Gestaltung)
  • Glasmacher
  • Glasbildner

Berufsschule für Glasberufe und optische Industrieberufe

  • Glas- und Kerammaler, Glas- und Porzellanmaler
  • Glasveredler
  • Glasapparatebauer
  • Glasmacher
  • Flachglasmechaniker
  • Verfahrensmechaniker für Glastechnik
  • Feinoptiker
  • Verfahrensmechaniker für Brillenoptik

Fachschule für Glashüttentechnik und Glasgestaltung

  • Glashüttentechniker
  • Glasgestalter (derzeit nicht aktiv)

Meisterkurse

In Zusammenarbeit mit der Industrie- und Handelskammer und den Handwerkskammern werden an der Schule Vorbereitungskurse für die Meisterprüfungen im Glas durchgeführt.

Seminare und Kolloquien

Veranstalter dieser jährlichen Fortbildungsseminare für die Glasindustrie und das Glashandwerk ist der Förderverein, die Gesellschaft von Freunden der Glasfachschule Zwiesel e.V.

Rafael Piche bei der Siegerehrung. (Foto: Fruth)
Mit diesem Flachglastisch holte der Schüler den Sieg auf Bundesebene. (Foto: Fruth)

Auszeichnungen

Rafael Piche hat als erster Veredeler der Fachrichtung Flachglas einen Bundessieg für die Glasfachschule Zwiesel errungen. Nach dem Sieg auf Landesebene erreichte ihn Ende November 2008 die Nachricht, dass er auch auf Bundesebene zum Sieger gekürt werde. Die Preisverleihung fand im festlich geschmückten Kurhaus in Wiesbaden statt. Die Urkunden überreichten Bundesratspräsident Peter Müller und Otto Kentzler, der Präsidenten des Zentralverbands des Deutschen Handwerks.

Lehrer an der Glasfachschule

Kontakt

Staatl. Berufsschule Zwiesel
Fachschulstraße 15-19
94227 Zwiesel

Telefon: 09922/8444-0
Fax: 09922/8444-48

E-Mail: info@glasfachschule-zwiesel.de
Internet: www.glasfachschule-zwiesel.de

Das Netzwerk für Glas

Helmut Horn, der Leiter des Projekts will Firmen aus allen Bereichen der Glasbranche und der Forschung zusammenführen und dazu beitragen, dass Unternehmen voneinander profitieren und die Glaszene insgesamt im bayerischen Wald gestärkt wird. Beispiele für die Netzwerkarbeit sind gemeinsame Suche nach Arbeitskräften und die Qualifizierung älterer Mitarbeiter für neue Technologien. Zudem kann man auch Einrichtungen, wie Maschinen, Labore Messinstrumente anbieten und nutzen. Damit haben künftig auch kleinere Unternehmen eine Chance auf einen verbesserten Absatzmarkt. Zum Beispiel durch gemeinsame Messeauftritte. Finanziert wird das ganze durch Fördermittel vom Freistaat Bayern. Das Projekt gehört dem Bundesprogramm " Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand" an. Derzeit sind neun namhafte Unternehmen in dem Netzwerk vertreten.

Literatur