Hochwasser 2013 (Deggendorf)

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Das Autobahnkreuz Deggendorf inmitten des Überschwemmungsgebiets. (Foto: Birgmann)
Das überschwemmte Fischerdorf. (Foto: Jäger)

Das Hochwasser 2013 war die verheerendste Flutkatastrophe in der Geschichte von Deggendorf. Weite Teile des Landkreises – ungefähr eine Fläche so groß wie der Tegernsee – waren überschwemmt. Mehrere tausend Leute mussten ihre Häuser, die teils meterhoch unter Wasser standen, verlassen und alles zurücklassen Zudem war Deggendorf quasi von der Umwelt abgeschnitten, da auch die Autobahnen 92 und 3 sowie sämtliche Bundesstraßen überflutet worden waren. Der Höchstpegel der Donau lag am 4. Juni bei 8,08 Metern und übertraf damit den bisherigen Rekordpegel von 7,48 Metern.

Ablauf

Ursachen und Katastrophenalarm

Durch den anhaltendend starken Regen hatte sich im Juni 2013 in weiten Teilen Bayerns die Hochwasserlage immer mehr verschärft und für Überschwemmungen gesorgt – so auch im Donauraum und im Landkreis Deggendorf. Doch Schuld daran war nicht die Donau, sondern der Inn: Dieser kam mit einer viel heftigeren Gewalt als die Donau – das Donau-Hochwasser wurde quasi vom Inn hochgedrückt. Infolge dessen wurde der Landkreis Deggendorf massivst überschwemmt. Am 3. Juni um 10:20 Uhr wurde für den Landkreis Deggendorf Katastrophenalarm ausgelöst. Ab etwa 15 Uhr begannen Ehrenamtliche bei Fischerdorf, die Dämme an der Isarmündung in die Donau zu sichern.

Verkehrssituation

Durch die Überflutungen mussten zahlreiche Verkehrswege gesperrt werden. So war die Staatsstraße zwischen Deggendorf und Metten als erstes gesperrt worden. Es folgten kurz darauf die Hautverkehrsadern, die A 3 in beiden Richtungen und die A 92 ebenfalls in beiden Richtungen und weitere Stats- und Kreisstraßen. Deggendorf war damit abgeschnitten. Die Hauptumleitungsstrecken für die gesperrte A 3 − vor allem die B 20 zwischen Straubing und Eggenfelden, die B 388 zwischen Eggenfelden und Pocking sowie die B 8 zwischen Straubing und Vilshofen an der Donau waren massiv überlastet und man kam nur sehr zähflüssig voran. Wer die A 3 an den Sperren verließ, musste sich dort auf lange Wartezeiten einstellen: An der Anschlussstelle Garham/Vilshofen etwa stauten sich die Fahrzeuge zeitweise auf mehr als 15 Kilometern Länge zurück. Damit hatte das Hochwasser auch große Auswirkungen auf Nichtbetroffene.

Evakuierungen

Der Pegel machte dann am 4. Juni bei 8,08 Metern halt, weit über den Ständen von 1999 und 2002 mit 7,45 Metern. Die Lage wurde so kritsch und das Risiko für die Bevölkerung so groß, dass viele Dörfer und Gemeinden evakuiert werden mussten. So wurden aus Niederalteich, Gundelau, Thundorf, Kuglstadt, Aicha an der Donau, Altholz und die Anwesen an der Mühlhamer Schleife der linken Donauseite, Altenufer, Sammern, Kasten, Endlau, Schnelldorf, Gramling, Herzogau und Lenau, Haardorf, Mühlau, Rossfelden, Zeinach, Arbing, Langburg und Langkünzing, Isarmünd und Grieshaus, Altholz, Natternberg und Natternberg-Siedlung über 5.000 Personen evakuiert.

Dammbrüche

Neben der Höhe ging auch die Dauer des Hochwassers an die Substanz der Dämme. Nach dem Höchststand sank das Wasser nur langsam wieder ab. Bei der Donau ging man grundsätzlich von einem sehr flachen Scheitel aus. Das heißt, der Pegelhöchststand bleibt lange, über Stunden, auf seinem Niveau und weicht nur um Zentimeter ab. Schließlich brach der Damm an der Isar-Mündung, wodurch erste Häuser in Altholz überflutet wurden. Um den nahe gelegenen Deggendorfer Stadtteil Fischerdorf zu retten, wurde ein Notdamm auf der Autobahn aufgeschüttet, der allerdings wenig später von den anrollenden Fluten ebenfalls weggespült wurde und sodass auch dieses Gebiet unter Wasser stand. Im Laufe des Tages wurde dann deutlich, dass Fischerdorf nicht zu retten ist.

Etwa zur selben Zeit wie bei Fischerdorf brach einige Kilometer flussabwärts bei Winzer der Damm auf 500 Metern Länge. Sehr schnell wurden einige Bauernhöfe überflutet, der Markt Winzer selbst war von dem Dammbruch nicht unmittelbar betroffen. Allerdings setzte das Wasser dann wenig später den flussaufwärts gelegenen Ort Niederalteich und den südlichen Ortsteil Gondelau unter Wasser, das bis zu 2,30 Meter in den Straßen steht. Die Ortschaften waren nur noch mit dem Boot erreichbar. Aus vielen Kellern trat dann Heizöl aus und bildete Schlieren auf dem Wasser.

Tausende Helfer von Feuerwehren, Technischem Hilfswerk und Bauhöfen, Hilfsorganisationen wie BRK und Malteser sowie der Bundeswehr und der Bundespolizei arbeiteten in der Folge zusammen, um die Deiche zu stabilisieren und zu sichern. Vor allem im nahe gelegenen Osterhofen bestand die akute Gefahr, dass ein 2,5 Kilometer langer Damm bricht.

Einsatzkräfte und Aufräumarbeiten

Insgesamt waren am 5. Juni 2013 900 Feuerwehrleute, 659 Kräfte vom BRK, 47 Polizisten, 346 Einsatzkräfte der Bundespolizei, 44 Mann vom THW sowie die Helfer von drei kompletten Hilfeleistungskontingenten Feuerwehr aus den Landkreisen Bayreuth, Regen und Rottal-Inn im Einsatz. Fünf Hubschrauber waren unterwegs zur Erkundung, damit die Helfer ihre Einsätze besser koordinieren konnten, und um herauszufinden, wo noch Menschen in den Fluten eingeschlossen waren. Die Einsatzkräfte arbeiteten rund um die Uhr. Auch Schüler mit ihren Lehrkräften, Studenten sowie zahlreiche Mütter halfen beim Befüllen und Verladen von Sandsäcken.

Nachdem das Wasser zurückgegangen war, begannen die Einsatzkräfte mit den Aufräumarbeiten. Die Studenten der Fachhochschule Deggendorf riefen am 6. Juni – in Anlehnung an die Initiative „Passau räumt auf“ – eine Helferkoordinierungsstelle „Deggendorf räumt auf“ ins Leben, wobei die 3.000 Freiwillige in der Datenbank der Studentenorganisation gespeichert wurden und vermittelt wurden. Das THW stellte sogenannte Ölskimmer zur Verfügung, die das Öl von Wasser trennten.

Folgen und Schäden

Das Resultat des Hochwassers war verheerend. Zahlreiche Existenzen waren am Ende. Das Hochwasser riss Öltanks] aus ihrer Verankerung; über 1.000 Liter Öl pro Tank liefen aus und setzte sich im Mauerwerk und im Estrich fest. Alles war mit Schlamm verschmiert, tote Wild- und Haustiere lagen verstreut herum, zahlreiche Maschinen in vielen Betrieben und Werkstätten waren zerstört. Allein der Landkreis Deggendorf rechnet mit Schäden in Höhe von rund 500 Millionen Euro.

Auf 15 Kilometern Länge hatte das Hochwasser die A 3 überflutet, teilweise bis zu 2,5 Meter hoch. Es galt tausende Tonnen Kies und Schlamm abzutransportieren, die Fahrbahnen zu reinigen, Drainagen und Leitungen instand zu setzen und den Abschnitt auf tiefer liegende Schäden zu untersuchen. Es wurde schnell klar, dass die Asphaltdecken so schlimm in Mitleidenschaft gezogen wurden, dass sie abgefräst und erneuert werden mussten.

Dem Hochwasser folgte in den Deggendorfer Ortsteilen Fischerdorf, Natternberg und Natternberg-Siedlung außerdem eine wahre Flut an Abrissen: Mindestens 150 Häuser hatten so schwere Schäden davongetragen, dass eine Sanierung nichts mehr nutzte – vor allem aufgrund der Ölbelastung. Der Abriss und die Entsorgung eines einzigen Hauses betrug zwischen 60.000 und 100.000 Euro. Überall wo man hinsah standen Baukran an Baukran und Bagger an Bagger – eine einzige Großbaustelle. Jedoch bekamen die Betroffenen etwa 80 Prozent der Kosten für Abbruch und Neubau vom Staat erstattet, wobei hier die finanzierung eines Neubaus immer noch schwirieg gewesen wäre.

Am 28. November 2013 wurde eine Luftaufnahme des aus Straubing stammenden dpa-Fotografen Armin Weigel von einer in Folge des Hochwassers überfluteten Schrebergartenanlage bei Deggendorf zum bayerischen Pressefoto 2013 gekürt. „Nach einem Dammbruch ragten die Dächer einer überfluteten Kleingartenanlage wie ein schaurig-schönes Mosaik aus dem gelben Wasser“, teilte der Bayerische Journalisten-Verband zur Begründung mit.

Zahlen und Fakten

  • In Deggendorf waren rund 14 Quadratkilometer überflutet, was fast einem Fünftel des Stadtgebiets entspricht.
  • In Fischerdorf waren 1.013 Menschen vom Hochwasser betroffen, im Stadtteil Natternberg 411; im gesamten Stadtgebiet waren 1.503 Menschen in 690 Haushalten betroffen.
  • In Fischerdorf mussten über 80, in Natternberg über 30 Häuser abgebrochen werden.
  • 4.957.640,53 Euro kostete der Katastropheneinsatz den Landkreis Deggendorf laut Jahresrechnung 2013.
  • 17.300 Tonnen Sperrmüll fielen im ZAW-Gebiet nach der Hochwasserkatastrophe an; aus dem Landkreis Deggendorf kamen 11.500 Tonnen.

Siehe auch

Literatur

Weblinks