Itaker

Aus RegioWiki Niederbayern
Wechseln zu: Navigation, Suche
Ziegler aus dem Friaul in einer oberbayerischen Ziegelei, um 1910

Das Wort Itaker bezeichnet eine männliche aus Italien stammende oder italienisch sprechende Person. Die Bezeichnung ist umgangssprachlich, aber im Grunde wertfrei.

Verwendung

Die gesprochen Sprache neigt zu Sparsamkeit, die fünf Silben des Wortes „Italiener“ werden im alltagssprachlichen Kurzwort „Itaker“ zu drei Silben eingekürzt. Wenngleich „Itaker“ ein generisches Maskulinum ist, so wird es doch in der Regel nur auf männliche italienische Personen, auch nicht auf Kinder angewendet[1].

Ab der Zeit des Gastarbeiterwesens in Deutschland, beginnend mit den Italienern ab 1955 (Anwerbeabkommen), erscheint eine abwertende Konnotation gebräuchlicher geworden zu sein.
Es kann sein, dass sich der Begriff aus Österreich nach Deutschland ausgebreitet hat.[2] Im Roman „Der Abhang“ (1960) von Josef Martin Bauer, angesiedelt in Oberbayern, werden die norditalienischen Saisonarbeiter des frühen 20. Jahrhunderts, in diesem Fall Ziegler, nicht so bezeichnet, es ist gerade einmal das sekundär[3] abfällig genutzte Wort „Gatzelmacher“ (S. 27) angeführt.

Thesen zur Herkunft

In Wikipedia wird unter dem Lemma „Itaker“ die Auffassung vorgetragen, „Itaker“, gesprochen „Itaka“, sei von der Abkürzung „italienischer Kamerad“ abgeleitet.[4] Im betreffenden Artikel wird auch auf die in Österreich gebräuchliche umgangssprachliche Bezeichnung für bestimmte Volksgruppenangehörige verwiesen: „Ausdrücke wie ‚Itaker‘ kamen zuerst während des Ersten Weltkrieges in der österreichischen Armee auf, und zwar in Formen wie ‚Itak‘ und ‚Idaker‘. Er leitet sich dem Wortbildungsmuster nach analog zu ‚Polak‘, ‚Slowak‘ oder ‚Bosniak‘ ab.“ Nachzutragen ist, dass diese Wortbildung wie viele andere Begriffe in der Zeit der habsburgischen-österreichisch Monarchie dem Tschechischen bzw. Slowakischen entlehnt ist. Der Deutschböhme wird dort „Bemák“ genannt, ein gutaussehender, „fescher“ Bursche „fešák“ (Feschak), „řidičský průkaz“ (= Führerschein) wird umgangssprachlich zu „řidičák“ – alle diese Wörter mit Dehnung auf der letzten Silbe. Abwertende Konnotation wird, wie vielfach in der Sprache, erst durch das Umfeld, die jeweilige Anwendung geschaffen, z. B. in „Běž pryč, Rusáku!“ (= Hau ab, Russe![5]).

Itakerhof

Blankziegel-Vierseithof im Weiler Tremmelhof nahe Tann

Die Rede von „Itakerhöfen“ in Südostbayern ist jung (zirka 1979[6]). Sie ist keineswegs abwertend, wenngleich in der Sache nicht treffend.
Im ausgehenden 19. Jahrhundert (bis 1915) waren italienische Ziegler- und Maurerkolonnen aus Norditalien als Saisonarbeiter in Österreich und Südbayern. Wegen deren Präsenz auch auf ländlichen Baustellen wurde angenommen, die vom Historismus geprägten großen gemauerten Bauernhöfe dieser Zeit (sowohl große Einfirsthöfe in Südost-Oberbayern wie auch die entsprechenden Vierseithöfe in Südost-Niederbayern) seien in der Gestalt von den Italienern geprägt. Tatsächlich waren es aber durchwegs einheimische Baumeister, die die erforderlichen Baueingaben verfasst haben.

Literatur

  • Heinz Küpper: Pons-Wörterbuch der deutschen Umgangssprache. Klett Verlag, Stuttgart 1987, 5. Nachdruck 1993, ISBN 3-12-57060-9 führt das Lemma „Itaker“
  • Martin Ortmeier: Die Sache mit den „Itakerhöfen“ . In: Martin Ortmeier (Hg.): Per Handschlag - Die Kunst der Ziegler. Passau 1995, S. 18-37
  • Martin Ortmeier: Das allernächste Bayern. Ziegler aus Friaul in Niederbayern. In: Hermann Heidrich u.a. (Hgg.). Fremde auf dem Land. Bad Windsheim 2000, ISBN 3-926834-43-9, S. 249-260
  • Katrin Kirschner: Der „Itakerhof“ – ein Bauernhaustyp in Oberbayern, errichtet von heimischen Baumeistern. Zur Geschichte und Bauweise von Einfirsthöfen des 19. Jahrhunderts. In: Schönere Heimat. Bewahren und gestalten, 2023, H. 2, S. 109–116

Weblinks

Anmerkungen

  1. Der Duden nennt dennoch auch „Itakerin“
  2. Heinz Küpper: Wörterbuch der deutschen Umgangssprache. Claassen Verlag, Hamburg 1955 führt das Lemma „Itaker“ nicht. – Beleg für die abwertende Verwendung: „Mein Vater bekam ja mit, wie italienische Migranten damals behandelt wurden. Begriffe wie Itaker und Kanaken fielen ständig. Wir haben das heute vielleicht vergessen, aber Italiener wurden früher von den Deutschen bei Weitem nicht so geachtet wie heute.“ (ZEIT MAGAZIN Nr. 20, 12.5.2022, S. 19)
  3. Gatzelmacher bezeichnet ursprünglich nur das alpine Gewerbe der Holzlöffelschnitzer.
  4. Zum Lemma „Itaker“ in Wikipedia [1]: „Itaka war in der deutschen Landsersprache des Zweiten Weltkrieges die Abkürzung für italienischer Kamerad. Erst in den 1960er und 1970er gelangte der Begriff in die Umgangssprache als gängige, tendenziell abwertende Bezeichnung für „die Italiener“ (vgl. Ethnophaulismus), wobei sich die Endung zu -er wandelte, was Itaker ergab.“ D.h. die Abkürzung habe sich als eigenständiges Kurzwort etabliert.
  5. Die Endung -u ist durch die Deklination (Vok.) bedingt
  6. Hans Heyn hat den Namen „Itakerhöfe“ erstmals in seinem Aufsatz „Die Itakerhöfe im Chiemgau. Viele Rätsel um eine seltene Bauform am Land“ (in: Charivari 5, 1979, Nr. 1, S. 61–69, publiziert.