Künstlerseelsorge im Bistum Passau

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Die Künstlerseelsorge im Bistum Passau ist eine junge, von Bischof Wilhelm Schraml im Herbst 2002 ins Leben gerufene, in spectrumKIRCHE – Exerzitien-und Bildungshaus auf Mariahilf, Passau verortete und Domvikar Dr. Bernhard Kirchgessner übertragene Kategorialseelsorge. Sie darf auf den vielfältigen Bemühungen einer Öffnung der Diözese Passau für zeitgenössische Kunst unter den Kunstreferenten Lorenz Hüttner und Franz Gabriel und dem Wohlwollen von Bischof emeritus Franz Xaver Eder aufbauen.

Künstlerseelsorge – wozu?

„Ich habe immer Umgang mit Künstlern gehabt, und ich habe sie im Geheimen geliebt. Und obwohl sie schrecklich scheu sind, versuche ich bei jeder Gelegenheit, mich mit ihnen zu unterhalten.“ Dieses freimütige Bekenntnis wertschätzender Referenz stammt aus dem Munde Papst Pauls VI., der in einem Interview mit Jean Guitton im Jahre 1966 ein persönliches Credo zu Kunst und Künstlern ablegte. Nach den Kommunikationsstörungen im 19., sowie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ergriff der Montini-Papst mit den Konzilsvätern die Gelegenheit, neue Signale des Dialoges im Dokument „Gaudium et Spes“ des II. Vatikanischen Konzils an die Künstler zu senden. Art. 62 GS fordert die Kirche auf, mit „angestrengtem Bemühen“ das Schaffen der Künstler anzuerkennen, ihnen die hierfür notwendige Freiheit zuzubilligen, den neuen Formen der Kunst, sprich zeitgenössischer Kunst, wohlwollend zu begegnen und ihnen, so sie den Erfordernissen der Liturgie entsprechen und den Geist zu Gott erheben, Einlass zu den Sakralräumen zu gewähren.

Paul VI. konnte bei seinem Bemühen, den Dialog zwischen Kunst und Kirche wieder in Gang zu bringen, auf dem Wirken seines Vorgängers Johannes XXIII. aufbauen. Dieser hatte sich zum Verhältnis von Kunst und Kirche zwar nicht dezidiert geäußert, er ging jedoch, wie man am Entstehungsprozess der mit vielen Stolpersteinen behafteten „Porta della Morte“ Giacomo Manzùs ablesen kann, mit gutem Beispiel voran. Mit der Gründung der „Collezione d´Arte Religiosa Moderna“ in den Vatikanischen Museen, einer durch zahlreiche Schenkungen entstandenen Sammlung zeitgenössischer religiöser Kunst, signalisierte Paul VI. den ernsthaften Willen zur Wiederaufnahme des Dialogs.

Johannes Paul II. setzte seit Beginn seines Pontifikates den Dialog mit der Kunst und den Künstlern fort. Auf nicht wenigen seiner zahlreichen Reisen hat er u.a. in München und Wien und mit seinem Brief an die Künstler vom 30. April 1999 immer wieder das Gespräch mit den Künstlern gesucht und nachhaltig begründet, warum Kunst und Kirche im Gespräch bleiben bzw. den Dialog suchen müssen. Kirche und Kunst, so der Papst am 19. 11. 1980 im Münchner Herkulessaal, geht es „um den Menschen, um sein Bild, um seine Wahrheit, um die Erschließung seiner Wirklichkeit – und dies in der gegenwärtigen Stunde, im aktuellen „Aggiornamento“, wie es das II. Vatikanische Konzil formulierte. Die Beziehung zwischen Kunst und Kirche ist folglich eine „Beziehung der Zuwendung, der Öffnung, des Dialogs“, die auf der Autonomie der Kunst und somit auf Partnerschaft, Freiheit und gegenseitigem Respekt basiert.

Was Kunst und Kirche verbindet ist der Mensch und das, was ihn bewegt, die großen Dramen menschlichen Lebens wie Liebe und Tod, Krieg und Frieden. Was Kunst und Kirche, was insbesondere Kunst und Liturgie verbindet, ist, um es mit Romano Guardini zu formulieren, die Frage nach dem heutigen Menschen und seiner Wahrheit oder, um noch einmal Johannes Paul II. zu Wort kommen zu lassen, das Bemühen beider, „den Menschen aus fremder Knechtschaft befreien und ihn zu sich selbst führen (zu) wollen“.

Kirche und Kunst haben also aus Sicht der Kirche gemeinsame, fundamentale Anliegen. Kunst und Kirche geht es um den Menschen und seine Wahrheit und um die Sichtbarwerdung des Unsichtbaren, da beide sich mühen „die Welt des Geistes, des Unsichtbaren und Unaussprechlichen, die Welt Gottes zugänglich, begreiflich und anziehend zu machen.“ Zu dieser Heutigwerdung christlichen Glaubens, zur Auseinandersetzung mit dem heutigen Menschen und seiner Wahrheit bedarf die Kirche der Kunst; sie bedarf des Bildes, der Musik, des Theaters, der Literatur und der Architektur. Und ich behaupte, ohne die Kunst vereinnahmen zu wollen, die Kunst bedarf auch der Kirche. Die Kunst könnte durchaus auf die Kirche verzichten. Täte sie dies, würde sie jedoch verarmen und sich „um entscheidende Gehalte und Motive“ bringen, „wenn sie die Wirklichkeit“ außer Acht ließe, „die durch die Kirche repräsentiert wird“, so Johannes Paul II. Kunst und Kirche sind also zum Dialog aufgerufen, um einer nach Sinn und Werten fragenden Welt jene Antwort geben zu können, deren Kunst wie Kirche fähig sind.

Teilt man diese vom Konzil und den letzten Päpsten gestützte Meinung, die eng mit der Frage nach Sinn, Bedeutung und Definition von Kunst gekoppelt ist, so darf man das Fragezeichen am Ende der Trias Künstler-Seelsorger-Partner getrost streichen. Die Künstler-Seelsorge nimmt eine Brückenfunktion wahr; sie sucht einen umfassenden Dialog, an dem sich nicht nur Künstler und Künstlerseelsorger, sondern auch die Diözesanleitungen, die Theologischen Fakultäten, die Pfarrer und engagierte Gemeindemitglieder beteiligen können und sollen. Dieser Dialog kann dann gelingen, wenn er auf der Wahrung der Autonomie beider Gesprächspartner basiert. Einseitige Vereinnahmung sollte definitiv der Vergangenheit angehören. Die Kirche hat gelernt und muss stets neu lernen, dass dieser Dialog angst- und vorurteilsfrei und mit gegenseitigem Respekt geführt werden muss.

Die KünstlerSeelsorge im Bistum Passau

Unter dem Leitwort „Offen für Gott und die Menschen“ ist die Zielrichtung eine dreifache:

1. Die Künstlerseelsorge sucht im Rahmen ihrer Möglichkeiten den Dialog und die geistige Auseinandersetzung mit zeitgenössischer musischer, bildender, literarischer, architektonischer und sakraler Kunst.

2. Sie bemüht sich, Christen an die zeitgenössische Kunst heranzuführen.

3. Sie partizipiert an Leben und Werk, an Freuden und Sorgen der Künstler des Bistums Passau.

Musik

Das Angebot an musischer Kunst umfasst bisher u.a. Kirchen- und Orgelkonzerte, und jährliche Sommernachtskonzerte auf der Seebühne im Park von spectrumKIRCHE.

Bildende Kunst

Durch die in spectrumKIRCHE gegebenen Möglichkeiten und die Kooperation mit dem Kunstreferat der Diözese Passau verfügt die bildende Kunst über eine breite Palette an Präsentationsmöglichkeiten, wie 29 Ausstellungen in 7 Jahren belegen. Die Palette reicht von der Präsentation einer großen Gemeinschaftsausstellung zum Thema „Auferstehung“ über Holzschnitte zum Sonnengesang des Franz von Assisi und Kreuzwegzyklen über Keramiken und Photographien, Steinguß, Edelstahl und Textilobjekten, Enkaustiken, Glasarbeiten und Keramiken bis zur Malerei. Außerdem eine große Gemeinschaftsausstellung von Kunstreferat und KünstlerSeelsorge in den Räumen des Domschatz- und Diözesanmuseums im Sommer 2004 „Giacomo Manzù – Ein antiker, moderner Künstler“ und 2008 „Das Antlitz Christi ind er zeitgenösssischen Kunst“.

Hierbei geht es nicht, um es mit Heinz Erhardt zu sagen, um „noch ein Gedicht“, sondern um das Bemühen, den Dialog konkret vor Ort mit den Künstlern, deren Werken und den Besuchern zu führen. Dies geschieht u.a. in zahlreichen Gesprächen mit den beteiligten Künstlern vor, während und nach der Ausstellung sowie in Führungen. Nirgends besser als in Atelierbesuchen und in den die Ausstellungen begleitenden Gesprächen kann man Künstler persönlich und mit ihrer künstlerischen Handschrift kennen lernen. Gerade jungen, noch unbekannten Künstlern kann so eine Plattform der Präsentation angeboten werden. In Summa vollzieht sich in kleinem und bescheidenem Rahmen das, was der Würzburger Bischof Dr. Friedhelm Hofmann das „Bemühen um eine zeitgenössische christliche Kunst“ und die „Auseinandersetzung mit der gesamten Kunstszene“ nennt.

Barbaratag der Künstler

Wird andernorts alljährlich der „Aschermittwoch der Künstler“ gepflegt, so lädt die Diözese Passau seit 25 Jahren im Zweijahresrhythmus zum Barbaratag der Künstler eingeladen. Dieser wurde im Dezember 2004 zum zweiten Mal in Kooperation zwischen Künstlerseelsorge und Kunstreferat durchgeführt. Auf eine von Künstlern mitgestaltete Wort-Gottes-Feier (mit Rücksicht auf verschiedene Konfessionen und Konfessionslose) folgt eine Festveranstaltung mit anschließender Begegnung.

forumKUNST

Das jährliche “forumKUNST“ möchte Künstler, Kunstinteressierte und Vertreter der Kirche(n) zu Begegnung und Gespräch zusammenführen. Thema der Foren: 2005: Das Referat von Bischof Hofmann beim diözesanen Barbaratag der Künstler 2004.- 2006: Forum „Glas und Kirche“ in Frauenau, schriftlich als Geheft dokumentiert.- 2007: Richtlinien für den Bau und die Ausgestaltung von gottesdienstlichen Räumen.- 2008: Literaturseminar Rainer Maria Rilke.

KünstlerSEELSORGE

Den Schwerpunkt der Künstlerseelsorge bilden Besuche bei Künstlern, die Besichtigung ihrer Ateliers und ihrer Werke, das Gespräch über künstlerischen Werdegang und Werk, das vielfach in einen Dialog über religiöse Fragen mündet und Einblick in das ganz persönliche Schicksal von Künstlerinnen und Künstlern gewährt. Soweit gewünscht ergibt sich die Möglichkeit, als Seelsorger an Leben und Schicksal der Künstler zu partizipieren, an ihren existentiellen Sorgen, Sinn- und Lebenskrisen oder Erkrankungen. Den Künstlern Zeit und Gehör zu schenken, ihre Sorgen zu teilen und still mitzutragen, ist eine wesentliche Aufgabe der KünstlerSeelsorge. Die persönlichen Begegnungen mit Künstlern sind es, die Domvikar Dr. Bernhard Kirchgessner in der Meinung bestärkt, dass Künstler sensible Seismographen der gesellschaftlichen und kirchlichen Entwicklung sind, „Evangelisten“ unserer Zeit, deren Botschaft vom heutigen suchenden und fragenden Menschen vielfach bereitwilliger angenommen und besser verstanden wird, als das Wort der Theologen.

„Nebenwirkungen“

Kirche und Kunst, Künstler und Seelsorger sind (Gesprächs-)Partner, die gerade heute den Menschen etwas zu sagen haben. Von den bereits genannten Zielen einmal abgesehen kann dieser Dialog auf lange Sicht betrachtet zu einem sorgfältigeren Umgang mit dem Wort (1) und einer festeren Verankerung in der eigenen spirituellen Tradition führen (2), von der die sakrale Kunst vergangener Jahrhunderte zeugt. Wenn der „koketteriefrei“ geführte Dialog lediglich dazu führte, dass die Kirche wieder die Sinnenhaftigkeit des Glaubens, wie sie sich etwa in der Liturgie zeigt, - neu entdecken und schätzen lernt und sich gegen den in Gesellschaft und Kirche grassierenden Virus namens Logorrhoe immunisiert, dann wäre bereits viel erreicht.

KünstlerSeelsorger Dr. Bernhard Kirchgessner im Interview

(Passauer Bistumsblatt Nr. 37 vom 14. September 2008)

1. Was haben Kirche und Kunst miteinander zu tun?

Kunst und Kirche leben in einem beinahe 2000 Jahre währenden Dialog. Sie sind gleichsam Kooperatoren, die sowohl eng zusammenarbeiten, als auch sich auch immer wieder aneinander reiben. Beide begegnen sich als eigenständige Größe, als gleichwertige, sich respektierende Partner. Das macht das Geheimnis und den Erfolg dieses Dialogs aus. Beide eint ein wesentliches Ziel: die Sichtbarwerdung des Unsichtbaren.

2. Der Priester und der Künstler – zwei völlig verschiedene Berufe. Lassen sich dennoch Gemeinsamkeiten feststellen?

„Die Künstler verstehen es meisterhaft, die Welt des Geistes und des Unsichtbaren in verständliche Formeln zu bringen.“ Genau darum bemüht sich auch der Priester, „die Welt des Geistes, des Unsichtbaren und Unaussprechlichen, die Welt Gottes zugänglich, begreiflich und anziehend zu machen“. (Papst Paul VI.) Dem Künstler steht für diese Aufgabe die Reiche Palette von Architektur, Malerei, Bildhauerei, Literatur, Musik etc. zur Verfügung, der Priester versucht dies Kraft des Wortes Gottes, der Feier der Sakramente, besonders der Eucharistie, und im seelsorglichen Gespräch. Beide eint das Bemühen, der Sinnfindung und Sinndeutung menschlichen Lebens zu dienen.

3. In welchem Verhältnis steht die Kirche zur zeitgenössischen Kunst?

Spätestens seit dem Pontifikat des sel. Papst Johannes XXIII. (ich erinnere an seinen Dialog mit Giacomo Manzù) und seit der Eröffnung der Samm-lung zeitgenössischer Kunst in den Vatikanischen Museen (1973) bemüht sich die Kirche, einen offenen Dialog mit der zeitgenössischen Kunst zu führen. Papst Johannes Paul II. hat dieses Bemühen mit seinen Ansprachen vor den Künstlern in München (1980) und in Wien (1983) und in seinem berühmten Brief an die Künstler (1999) intensiviert, Papst Benedikt ist als Freund der Kunst bekannt. „Die Kirche braucht die Kunst“, so hat es Johannes Paul formuliert. Und ich ergänze: Die Kunst tut gut daran, die Kirche zu „brauchen“.

4. Vielen Menschen fällt es schwer einen Zugang zur abstrakten religiösen Kunst zu finden. Können Sie diesbezüglich Hilfen anbieten?

Unsere Kirchen und Kapellen sind u.a. künstlerischer Ausdruck der jeweiligen Zeit (Gotik, Klassizismus, Barock etc.) Daher ist es wichtig, dass sich die Kunst unserer Zeit auch in unseren Kirchen widerspiegelt – und nicht nur in Museen und Galerien - und wir uns nicht in Kopien vergangener Zeiten flüchten. Wir fahren ja heute tagtäglich mit modernen Autos und nicht mehr mit dem Pferdefuhrwerk! Zeitgenössische, abstrakte Kunst braucht, wie die mitmenschliche Begegnung, eines, worüber der moderne Mensch so selten verfügt: Zeit. Zeit zum Betrachten, Zeit wirken zu können. Wer sich diese Zeit nimmt – tun Sie es bitte, es lohnt sich! - und moderne Kunst auf sich wirken lässt, wird erfahren, dass sie irgendwann, mal früher, mal später zu „sprechen“ beginnt.