Kaserne Am Goldenen Steig

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Der Einzug der Soldaten in Freyung: Generalmajor Reichelt (von rechts), Bürgermeister Josef Lang, Generalmajor Thilow und Kommandeur Oberstleutnant Paul Söllner schreiten die Front ab. (Repro: Schörnich)
Die „Jahrhundertbaustelle“ der Kaserne im Jahr 1959. (Repro: Schörnich)

Die Kaserne Am Goldenen Steig ist eine Kaserne der Deutschen Bundswehr in Freyung. Sie beherbergt heute das Aufklärungsbataillon 8.

Geschichte

Ankunft der ersten Soldaten

Am Dienstag, 22. März 1960, wurde Freyung Garnisonsstadt. Bei strahlendem Sonnenschein zogen um elf Uhr die 650 Soldaten des Panzergrenadierbataillons 111 unter der Führung des Kommandeurs, Oberstleutnant Paul Söllner, auf dem Stadtplatz ein, von tausenden Bürgern wurden sie begrüßt. Freyung, bis dahin die östlichste Stadt der Bundesrepublik, war ab diesem historischen Tag auch der östlichste Standort am „Eisernen Vorhang“ im Nato-Bereich Europa-Mitte.

Die meisten Bewohner reagierten euphorisch, erhofften sie sich durch das Militär einen wirtschaftlichen Aufschwung. Und der stellte sich bald ein: In der Kaserne wurden etliche Arbeitsplätze für Zivilisten geschaffen, die heimischen Betriebe bekamen laufend Aufträge, der Umsatz in den Geschäften stieg.

Insgesamt war man sich zu Beginn fremd. Die regelmäßigen Kontakte entstanden erst, als die Familien in die neuen Wohnungen am Oberfeld einzogen, erinnert sich der Zeitzeuge Ernst Inhofer. Und an den Einmarsch: „Der ganze Stadtplatz war voll Menschen. Dazu kamen die vielen Soldaten. So viele hatten die meisten in der Menge noch nie gesehen. Als das Bataillon, angeführt von einem Musikkorps, einmarschierte, das war schon was. Die meisten der Zuschauer äußerten sich positiv über die neuen Bürger. Wenige meckerten, allerdings nicht öffentlich, nur hinter vorgehaltener Hand. Obwohl die Soldaten mit Masse kaserniert waren, kam man sich doch bald näher. Das lag auch daran, dass die Bundeswehr ihre Rekruten heimatnah einzog.“

Die ersten Offiziere wurden zum großen Teil in diesen entfernten Standort strafversetzt. Ein Unteroffizier von damals erinnert sich an die schwere Eingewöhnungszeit: „In der Freizeit hockten wir meist in der Kantine. Ein Auto hatten wir nicht, da ging es zu Fuß höchstens einmal nach Kreuzberg oder mit dem roten Schienenbus nach Waldkirchen. Die Anfangszeit war alles andere als einfach.“ Natürlich blieben Reibereien zwischen den Einheimischen und „Zugeroasten“ nicht aus. „Keine Nacht ohne Störung“, beschwerte sich ein Bewohner am Hammerberg in einem Leserbrief an die PNP über die Soldaten: „Stündlich ziehen ab 22 Uhr lärmende und gröhlende Soldaten den Hammerberg hinab.“

Entstehungshintergrund

„Es war ein langer und dornenvoller Weg“, sagte der damalige Bürgermeister Josef Lang vor 50 Jahren zur Passauer Neuen Presse. Sechs Jahre zuvor, damals noch unter Bürgermeister Ludwig Heydn, entschloss sich der Stadtrat, an das „Amt Blank“ in Bonn zu schreiben. Der Bürgermeister sollte die Behörde, die Vorgängerorganisation des Bundesministeriums der Verteidigung, darum bitten, dass beim Aufbau der Bundeswehr auch Freyung berücksichtigt wird. Man wollte dadurch die große Arbeitslosigkeit beseitigen und eine wirtschaftliche Stärkung der Stadt erreichen. Auch MdL Otto Fink machte sich für Freyung stark.

Bereits elf Tage später traf ein Antwortschreiben des Beauftragten des Bundeskanzlers Konrad Adenauer ein. Darin teilte er mit, dass „die Zeit für eine Entscheidung in dieser Frage noch nicht reif sei“. Das Wechselbad der Gefühle, ein ständiges Hoffen und Bangen sollte Politiker und Bevölkerung noch viele Monate begleiten.

Doch Ludwig Heydn ließ nicht locker. Immer wieder schrieb er nach Bonn. Zudem bereitete die Stadt bereits 1955 geeignete Vorschläge zum Erwerb der Grundstücke für die Kaserne und das Übungs- und Schießstandgelände vor. Mit dem Jahr 1956 begann das „Zeitalter der Kommissionen und Besprechungen“, erzählte Lang. Die Stadt wurde aufgefordert zu prüfen „ob sie ein leicht zu erschließendes Kasernengelände von 20 Hektar, ein 150 Hektar großes Übungsgelände und den Platz für eine Schießanlage anbieten kann“. Über das zukünftige Kasernengelände wurde man sich mit der 30-köpfigen Kommission rasch einig. Auch die Verhandlungen mit den über 50 Grundstückseigentümern liefen ohne Probleme.

Beschaffung der Grundstücke

Nicht so glatt lief es bei der Beschaffung der Grundstücke für den Übungs- und Schießplatz. Als Übungsgelände bot man den Bereich zwischen Sonndorf und Kreuzberg an, das Gelände bei Harsdorf könnte als Schießplatz genutzt werden. Zahlreiche Abteilungen nahmen Ortsbesichtigungen vor, forderten Gutachten und Kartenmaterial. Die Gespräche über den Verkauf der Grundstücke für den Schießplatz gerieten ins Stocken. Die Eigentümer wollten zunächst nichts hergeben. Auch der nächste Vorschlag, den Schießstand bei Vorderfreundorf zu errichten, wurde verworfen. Letztlich entschied man sich für den ersten Planungsentwurf.

Als Bürgermeister Josef Heydn im August 1956 überraschend starb, übernahm sein Vertreter, Otto Zuppinger, bis zur Neuwahl die Amtsgeschäfte. Als er am 25. September die Nachricht erhielt „das Verteidigungsministerium hat mit der Finanzierung des Projektes Freyung begonnen“, stieg die Zuversicht. Doch bereits wenige Tage nach der Wahl von Bürgermeister Josef Lang im Oktober 1956 folgte der Rückschlag. „Die Kasernenplanungen für Bayern sind abgeschlossen“, erfuhr Lang. Die Tatsache, dass in diesen Planungen Freyung keine Aussicht mehr auf Errichtung der Kaserne hätte, alarmierte die Kommunalpolitiker. Sofort reiste eine Abordnung nach München und verhandelte mit Vertretern der Staatskanzlei. Dabei tat sich besonders MdL Otto Fink hervor. Das erlösende Schreiben traf in Freyung am 22. November 1956 ein. Die Wehrbereichsverwaltung VI, München, teilte mit, dass „das Verteidigungsministerium der Errichtung einer Garnison zugestimmt hat“.

Doch der Weg blieb steinig. Zahlreiche Einsprüche mussten behandelt werden. Die Wehrbereichsverwaltung verlangte den Bau eines Munitionslagers, einige Landwirte fürchteten um ihre Existenz, andere Eigentümer verweigerten die Abtretungen oder konfrontierten die Stadt mit überzogenen, finanziellen Forderungen. Mit viel Verhandlungsgeschick wurden diese Probleme einvernehmlich gelöst.

Deshalb waren die Freyunger schockiert, als sie am 1. April 1957 vom Finanzministerium informiert wurden, dass „die Planungen für den Garnisonsbau sofort gestoppt werden“. Grund war der „Hodes-Plan“, der vorsah, dass die Amerikaner ihre Standorte in Südbayern ausdünnen. Dementsprechend werden Kasernen und Wohnungen frei. In diese könnten dann die 48.000 deutschen Soldaten und Angehörigen des neu aufzustellenden II. (GE) Korps einziehen. Ein Neubau von Kasernen wäre nicht mehr nötig.

Wieder reiste eine Freyunger Delegation nach München. Dort wusste man angeblich von einer Einstellung nichts. Das reichte den Delegationsmitgliedern nicht. Man wurde in Bonn vorstellig und stieß beim Mitglied des Verteidigungsausschusses, Dr. Reichstein, und beim Finanzminister Fritz Schäffer auf offene Ohren. Durch ihr selbstbewusstes Auftreten verhinderten die Stadtväter die „Ausbootung“ Freyungs. Zur Bestätigung erhielt Landrat Brandl im Juni die Nachricht aus dem BMVg, dass der Errichtung der Garnison nichts mehr im Wege steht.

Spatenstich

Am 11. Dezember 1957 erfolgte der erste Spatenstich. Es wurde die nördliche Zufahrtsstraße zur Kaserne gebaut. Nach der Schneeschmelze 1958 begannen die Erdarbeiten. Bis zu 1.200 Arbeiter waren auf der Baustelle beschäftigt. Am 7. August 1959 feierte die Stadt mit zahlreichen Ehrengästen das Richtfest auf der „Jahrhundertbaustelle“.

Das zukünftige Bataillon wurde ein Jahr zuvor als Grenadierbataillon 44 aus allen Teilen verschiedener Bataillone der 4. Grenadierdivision aufgestellt. Im Zuge der Umgliederung erhielt es am 1. Juli 1959 den Namen Panzergrenadierbataillon 111.

Fennek, Luchs und diverse Transportfahrzeuge zogen die Blicke der vielen Besucher auf sich. (Foto: Weigerstorfer)

50 Jahre Garnison Freyung

Am 21. Oktober 2010 zelebrierte Freyung sein Bataillon. Am Vormittag wurden im Rahmen der Feierlichkeit die am 4. Oktober eingetretenen neuen Rekruten vereidigt. „Drum Kameraden hört die Parole und schreibt sie tief ins junge Herz hinein, nur immer vorwärts, Gas gegeben, das Leben will gewonnen sein“, der Refrain des Regimentsgrußes, den das Luftwaffenmusikkorps Neubiberg zum Auftakt des Gelöbnisses spielte, steht sinnbildlich für den Festakt der Vereidigung der 67 Rekruten der 5./Aufklärungsbataillon 8. Nach der allgemeinen Begrüßung durch den Kommandeur des Aufklärungsbataillon 8, Oberstleutnant Axel von Freymann, einer Rede von Freyungs Bürgermeister Dr. Olaf Heinrich, sowie von Landrat Ludwig Lankl, folgte der Höhepunkt des Gelöbnisses: Die Vereidigung. Sechs Rekruten traten hierfür aus der Reihe und legten während des Gelübtes ihre Hand auf die Truppenfahne. Das Bayernlied, die deutsche Nationalhymne und der Kampfruf bildeten den Abschluss.

Besonders viele Besucher zog es am Nachmittag zur Fahrzeugschau rund ums Kurhaus. Hier konnten die Besucher auch solch urige Modelle wie den „IG MAN 630“ begutachten. Dieses große Gefährt gehört zu der ersten Generation der Bundeswehr-Radfahrzeuge. Aber auch in anderen Gefährten - vom Fennek bis zum Feldjäger-Jeep - konnte einmal probeweise Platz genommen werden. Natürlich stand auch die jeweilige Besatzung des Fahrzeugs für allerhand technische Fragen zur Verfügung. Verschiedenste Daten wie Gewicht, Geschwindigkeit oder auch Wendekreis konnte man auf Hinweistafeln erfahren und so mancher Besucher schwelgte in Erinnerungen an seine Zeit im „Bund“. Ebenfalls zum Kurhaus gekommen war Verteidigungs-Staatssekretär Christian Schmidt - der Ehrengast war planmäßig eingetroffen.

Die Feier endete dann am Abend mit einem großen Zapfenstreich.

Kontakt

Kaserne Am Goldenen Steig
Oberst von Boeselager Straße 30
94078 Freyung

Literatur