Kirche St. Laurentius (Ortenburg)

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Die evangelische St. Laurentius-Kirche im Ortenburger Ortsteil Steinkirchen.

Die Kirche St. Laurentius (aufgrund ihres Mauerwerks auch Steinkirchen genannt) ist die evangelische Friedhofskirche von Ortenburg. Sie zählt zu den ältesten Kirchen im Wolfachtal und war vor Einführung der Reformation in Ortenburg eine der größten katholischen Pfarrkirchen des Passauer Raumes. Des Weiteren ist sie bekannt für die zahlreichen historischen Epitaphen im Kirchenschiff, sowie für ihren historischen Friedhof. Aufgrund ihres Beinamens ist sie Namensgegend für den nach ihr benannten Ortenburger Ortsteil Steinkirchen.

St. Laurentius wird von der Evangelischen Kirchengemeinde auch als Veranstaltungsort verwendet, beispielsweise für die Steinkirchener Herbstkonzerte.

Architektur

Die heutige Kirche geht auf eine romanische Vorgängerkirche zurück. Von dieser sind heute noch die vier Untergeschosse des Turmes vorhanden. Dieser hat eine quadratischen Grundriss mit einer Mauerstärke von 1,80 m. Bis in etwa zehn Meter Höhe besteht dieser noch aus Granitbruchsteinen, anschließend wurden Ziegelsteine verwendet.

Das Kirchenschiff selbst ist ein spätgotischer Gewölbebau und somit eine einschiffige Hallenkirche. Es ist nur an den Kirchenturm angelehnt, was durch die Bruchkante hinter der Orgelempore erkennbar wird. Der Turm steht somit frei vom Kirchenschiff. Im Schiff ist außer der ursprünglichen Westempore aus Stein, keine weitere Empore angebracht.

Geschichte

Anfänge als Pfarrkirche

St. Laurentius im Ortteil Steinkirchen gilt als eine der ältesten Kirchen im Wolfachtal. Sie ist die einstige Urpfarrei der heutigen Marktkirche in Ortenburg. Heute wird sie hauptsächlich als Friedhofskirche der evangelischen Gemeinde verwendet. Zu ihrer Zeit als Pfarrkirche hatte sie zahlreiche Filialkirchen und -kapellen in der nahen und ferneren Umgebung. So waren unter anderem Filialkirchen in Holzkirchen, Sandbach, Rainding, Sammarei, Unteriglbach, Söldenau, Ortenburg und weitere. Ebenso betreute sie die Kapellen der gräflichen Schlösser Neu-Ortenburg und Söldenau.

Der Name Steinkirchen kam bereits früh auf, basierte wohl aber auf ihre Bauart aus Stein. Sie stand damit im Gegensatz zu anderen Kirchen in der Gegend, welche noch aus Holz gebaut waren. Daher nimmt man an, dass sie diesen Beinamen nicht von ihren Stiftern erhielt, sondern von Neuansiedlern denen diese Eigenschaft auffiel.

Die älteste Traditionsnotiz des Bistums Passau bezüglich einer St. Laurentius-Kirche fällt in den Zeitraum zwischen 748 und 788. Darin werden Schenkungen des bayerischen Herzoges und des Adels an das Bistum aufgelistet. Darunter befindet sich auch eine Schenkung an eine Kirche des Hl. Laurentius. Darin wird jedoch weder Lage, Umfang noch um welche Kirche es sich handelt erwähnt. Der Historiker Max Heuwieser ging bei seiner Suche davon aus, dass es sich hierbei um eine Eigenkirche des Passauer Domstifts gehandelt haben muss. Er kommt zum Ergebnis, dass es sich hierbei um die Kirche in Steinkirchen gehandelt hat. Er geht dabei von einer alten Säkularpfarrei bischöflicher Kollation aus. Heuwieser rechnet der Kirche auch eine verwaltungstechnische Aufgabe für die Passauer Besitzungen in der Gegend. Letztere Vermutung ist durchaus zulässig, da es später hier das Amt eines Verwalters gibt.

Erwähnungen, Hoheit und Bau

St. Laurentius selbst wird 1130 in Steinkirchen direkt erwähnt. Mit diesem Augenblick ist die Kirche fest nachweisbar. Die erste gesicherte Nennung eines Pfarrers in Steinkirchen ist am 12. Februar 1241 im Testament Heinrichs I. von Ortenburg. Darin werden zwei Priester aus Steinkirchen als Zeugen der Schenkung angeführt.

Lange Zeit wurde angenommen, die Hoheit der Reichsgrafen von Ortenburg über Steinkirchen geht auf den Anfang des 16. Jahrhunderts mit Pfarrer Georg III. Reichsgraf von Ortenburg zurück. Jedoch stellte sich heraus, dass dies bereits wesentlich früher der Fall war. 1404 hatte Georg I. Graf von Ortenburg in einem Öffnungsvertrag mit den bayerischen Herzögen auch seine Vogtei zu Steinkirchen erwähnt. Somit war St. Laurentius bereits zu dieser Zeit im Besitz der Grafen.

Der heutige Kirchenbau geht wohl auf das Jahr 1474 zurück. Dies geht auf einer Inschrifttafel im Kirchenschiff zurück. Darin wird als Bauherr ein T M erwähnt. Bei diesem handelte es sich wohl um den zu jener Zeit anerkannten Baumeister Thomas M. von Braunau. Dieser errichtete im selben Zeitraum auch andere Kirchen in Grongörgen, Gergweis, Oberuttlau, Wolfakirchen und Dietersburg. Vor diesem Umbau geht man bei St. Laurentius von einer kleineren an derselben Stelle befindlichen romanischen Kirche aus. Am 19. Mai 1478 wurde die Kirche durch Weihbischof Albert von Passau konsekriert.

40 Jahre später wurde an der Ostseite von St. Laurentius eine kleine Kapelle, ein sogenannter Kraner errichtet. Diese wurde am 1. Juni 1518 von Weihbischof Bernhard von Passau geweiht. Diese Kapelle ist noch 1625 auf einem Aquarell des Grafen Friedrich Casimir zu finden, wurde jedoch später zu unbekannter Zeit abgerissen. Heute befinden sich an dieser Stelle Gräber des Friedhofs. Bereits 1505 wurde eine Armenseelenbruderschaft errichtet.

Veränderungen und Umgestaltungen

Große Veränderungen kamen auf St. Laurentius im Jahre 1573 zu. Durch die Bestätigung der Reichsunmittelbarkeit der Grafschaft ließ der der regierende Graf Joachim die Filialkirche Zu unseren lieben Frauen vor dem Markt Ortenburg umgestalten. Dort fand am 24. Mai der erste öffentliche evangelische Gemeindegottesdienst statt. Einen Tag später ließ der Graf St. Laurentius sperren, sodass die Mönche von St. Salvator hier nicht mehr die Messe lesen konnten. Bald darauf ließ er den katholischen Filialkirchen in Bayern über die er durch Steinkirchen noch das Patronat innehatte mitteilen, dass er noch für einen katholischen Priester sorgen werde und die Gottesdienste dort in der bisherigen Form weiter laufen würden. In der Filialkirche zu Holzkirchen hingegen wurde der evangelische Gottesdienst verordnet. Dies wurde durch herzoglichen Eingriff jedoch bald wieder gewaltsam beendet. Um das predigen auch weiterhin zu verhindern, ließ Joachim aus St. Laurentius alle kirchlichen Geräte und Kleider aus der Kirche entfernen. Die Malereien wurden ebenso übertüncht. Der katholische Priester Höhenkirchner blieb dennoch in Diensten des Grafen, er trat ab 1567 als Benefiziat der Sixtuskapelle, der katholischen Begräbnisstätte der gräflichen Familie, neben dem Passauer Dom auf.

Zwischen 1703 und 1706 wurden die zweitgrößten Glocken von St. Laurentius im Zuge der Neugestaltung der Marktkirche durch Gräfin Amalia Regina nach Ortenburg gebracht. 1751 wurde der Spitztum wegen Baufälligkeit abgetragen und durch ein Notdach ersetzt. 1821 wurde dieses durch das heute noch vorhandene Zeltdach ersetzt. Im Jahre 1873 wurde im Kirchenschiff das Pflaster neu verlegt, dabei wurden zahlreiche Epitaphe des Mittelganges in die Kirchenwände eingelassen.

Im 20. Jahrhundert

1902 erhielt die Kirche eine neue Orgel. Sie stammte wohl aus Zeiten Amalia Reginas. Es handelte sich hierbei um die alte Orgel aus der Marktkirche. Dort wurde für 5.000 Mark eine neue Orgel angeschafft, die alte wurde überholt und letztendlich nach Steinkirchen gebracht. Es handelt sich hierbei um eine der fünf ältesten noch bespielbaren Kirchenorgeln in Niederbayern.

Im Jahre 1921 wurden einige der alten Kirchenbemalungen unter dem Putz wieder freigelegt. Im Jahre 1939 begann dann die umfangreiche Renovierung der Kirche. Diese lieferten unter anderem Belege für Beerdigungen im Schiff und Chor der Kirche. Ebenso wurden die letzten Epitaphen aus dem Mittelgang entfernt und in die Kirchenwände eingelassen. Darauf wurde der Kirchenboden neu verlegt und der Altar und die Sakristei wurden restauriert. Auch wurden weitere Fresken freigelegt. Der Fortschritt verzögerte sich jedoch aufgrund des ausgebrochenen Zweiten Weltkrieges rapide. Die Arbeiten zogen sich somit über mehrere Jahre hinweg.

Im Jahre 1948 wurde auf dem Hamburger Glockenfriedhof eine abgegebene Glocke, die kleine Seiser-Glocke, aus dem Jahre 1601 wiederentdeckt. Noch im selben Jahr wurde sie wieder in der Kirche angebracht. 1955 musste der Turm zum Schutz des Mauerwerks verputzt werden. 30 Jahre später fand schließlich eine umfangreiche Renovierung der Kirche und des Turmes statt. Letzterer wurde dabei vollständig renoviert. Zahlreiche Steine des Schiffes wurden ebenso neu eingearbeitet.

Ausstattung

Altar

Der heutige Altar ist seit 1946 eine Leihgabe des Bayerischen Nationalmuseums. Es zeigt im Altarbild die Anbetung der Hl. Drei Könige. Es ist wohl um 1450/60 entstanden. Auf den Seitenflügeln des Altars sind die Pestheiligen Rochus und Sebastian dargestellt. Der Altar passt sich somit gut in das Gesamtbild der Kirche ein. Das frühere Altarbild der Kreuzabnahme ist heute in der Ortenburger Schlosskapelle.

Kanzel

Die Kanzel befindet sich rechts am Chorbogen. Die Bilder wurden erst 1966 wieder freigelegt und stellen eine Predigt über das Gottvertrauen dar. Die Kanzel und die Bilder stammen aus dem 18. Jahrhundert. An ihr lässt sich deutlich der Wandel der Kirche seit dem Rechteverlust im Jahre 1573 erkennen, dass sie lediglich noch als Begräbniskirche verwendet wurde.

Grabdenkmäler und Friedhof

30 Grabdenkmäler schmücken die Kirchenwände von St. Laurentius. Früher lagen diese im Mittelgang der Kirche, erst 1873 und 1939 wurden diese in die Seitenwände eingelassen. Im Gegensatz zur Marktkirche, sind hier jedoch nicht Familienmitglieder der Grafen von Ortenburg vertreten, sondern zahlreiche Bürger, aber auch bayerische Adelige unterschiedlicher Herkunft.

Die Epitaphe lassen sich in Vier Gruppen einteilen:

An dieser Stelle seien die wichtigsten erwähnt, die Adeligen aus Bayern: Zwei Epitaphen erinnern an Mitglieder des Geschlechtes Schwartzenstein, Ersterer an Hippolyt von Schwartzenstein zu Katzenberg († 1587), Letzterer an Hans Wolf von Schwarzenstein zu Fürstenstein und Engelburg († 1599). Dieser war der letzte seines Stammes und war verheiratet mit Martha von Maxelrein, Freiin zu Waldeck. Auch der nahe Verwandte dieser beiden, Burkhard von Taufkirchen zu Guttenberg auf Clebing und Katzenberg († 1600) ist mit einem Epitaph vertreten. Dieser war verheiratet mit Maria von Tannberg zu Aurolmünster und Maria Elisabeth von Schwartzenstein zu Fürstenstein. Die Familie der Taufkirchener beerbte die Schwartzensteiner. Der letzte Epitaph, zu dem auch ein Totenschild im Kirchenschiff gehört, ist Bartholomäus Khevenhüller (* 25. Juli 1625; † 28. Juni 1678), Freiherr zu Aichelberg auf Lands-Cron und Wernberg, Erbherr auf Hochen Osterwitz und Carlsberg, Erblandt. Dieser hat keinen Bezug zu Steinkirchen bzw. Adel aus dem bayerischen Umland. Er nimmt somit eine Sonderstellung in St. Laurentius ein. Er war Kärntner Adeliger und starb wohl auf der Reise per Schiff auf der Donau zum Immerwährenden Reichstag in Regensburg. St. Laurentius war jedoch der einzige evangelische Friedhof in der Nähe, wo er begraben werden konnte.

Am Zeitraum der Epitaphe aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts lässt sich erkennen, dass sich evangelische Adelige auf Druck der Gegenreformation in Bayern nicht mehr in ihren angestammten Erbbegräbnissen bestatten lassen konnten. Ebenso auffällig ist die Nähe der Adelsfamilien zum Ortenburger Grafenhaus, so waren die Herren von Schwartzenstein und Maxelrein zusammen mit Joachim Reichsgraf von Ortenburg in der sogenannten Bayerischen Adelsverschwörung mit angeklagt.

Literatur

  • Peter Poscharsky: Die evangelischen Kirchen in Ortenburg und Steinkirchen, 3. Auflage, Ortenburg 2012.
  • Evangelisches Pfarramt Ortenburg: Evangelische Marktkirche Ortenburg 2006, Ortenburg 2006.
  • Markt Ortenburg (Hrsg.): Bürgerschrift der Marktgemeinde Ortenburg - herausgegeben anläßlich der Einweihung des umgebauten Rathauses am Ortenburger Marktplatz und zum Abschluß der Umstrukturierung der Marktgemeindeverwaltung, Ortenburg 1994.
  • Arbeitskreis für Heimatgeschichte Ortenburg (Hrsg.): Die Grabdenkmäler in der evangelischen Begräbniskirche der ehemaligen Reichsgrafschaft Ortenburg / Niederbayern, Ortenburg 1991.
  • Hans Schellnhuber: Die Reformation in der Reichsgrafschaft Ortenburg erschienen in: 400 Jahre evang.-luth. Kirchengemeinde Ortenburg, Ortenburg 1963 (S. 6-42).
  • Carl Mehrmann: Geschichte der evangelisch-lutherischen Gemeinde Ortenburg in Niederbayern - Denkschrift zur Jubiläumsfeier der 300jährigen Einführung der Reformation daselbst am 17. und 18. Oktober 1863, Landshut 1863. (Digitalisat)

Weblinks