Kirche St. Nikolaus (Zwiesel)

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Die Stadtpfarrkirche St. Nikolaus. (Foto: Archiv Proft)
Blick vom Einsiedeleifelsen auf die Stadtpfarrkirche St. Nikolaus
Die Stadtpfarrkirche St. Nikolaus

Die Kirche St. Nikolaus ist die katholische Stadtpfarrkirche in Zwiesel. Ihr neugotischer dreischiffiger Backsteinbau und insbesondere ihr 86 Meter hoher Turm prägen das Erscheinungsbild der Stadt. Der monumentale neugotische Bau zeigt Anklänge an die großen gotischen Stadtkirchen in Ulm, Freiburg im Breisgau oder auch in Landshut.

Geschichte

Bereits Mitte des 13. Jahrhunderts gab es in Zwiesel eine Holzkapelle, die vermutlich am oberen Marktplatz stand. Der seit dem ausgehenden 11. Jahrhundert im Abendland zunehmend verehrte heilige Bischof Nikolaus aus Kleinasien und Patron der Reisenden und Kaufleute war an diesem wichtigen Ort auf dem Handelsweg nach Böhmen schon damals als Schutzpatron gewählt worden.

Um 1440 wurde ein spätgotischer Bau errichtet und 1656 bis 1660 durch eine Barockkirche ersetzt. 1754 wurde dieses Gotteshaus erweitert. Im 19. Jahrhundert erlitt die Kirche vier Brände (1818, 1825, 1870 und 1876). Nach dem Marktbrand von 1876 mussten sich die Zwieseler von 1877 bis 1896 mit einer hölzernen Notkirche begnügen. Die einzige Erinnerung an die frühere Kirche bildet heute die Fassade des Gasthofs Deutscher Rhein, die der Fassade des einstigen Gotteshauses nachgebildet wurde.

Man entschloss sich zu einem völlig neuen Bau, der in seinen Dimensionen der immer schon großen Pfarrei (sie zählte 1892 6.703 Seelen) entsprechen sollte. Tatkräftig betrieb der damalige Pfarrer Geistlicher Rat Johann Georg Fürst (1876–1907) den Neubau. Mit der Planung wurde der Münchener Architekt und bedeutende Kirchenbaumeister Johann Baptist Schott beauftragt. 1890 genehmigte die Regierung die Pläne und am 16. Mai 1892 konnte der Grundstein für das neue Gotteshaus oberhalb des langgestreckten Marktplatzes gelegt werden. 1896 war der Bau abgeschlossen und am 10. August 1898 erfolgte die feierliche Konsekration durch den Passauer Bischof Michael von Rampf. Überliefert ist sein Ausspruch, den er beim Einzug in die neue Kirche getan hat: „Das ist keine Kirche, das ist ein Dom“. Das Gotteshaus wird seitdem sicher zu Recht auch als der „Dom des Bayerischen Waldes“ bezeichnet, muss sich diesen inoffiziellen Titel allerdings mit der Stadtpfarrkirche St. Peter und Paul in Waldkirchen teilen.

Bei der letzten umfassenden Gesamtrenovierung von 1983 bis 1987 erhielt das Innere der Kirche eine neue Farbgebung, die den Raumeindruck steigert und die architektonische und künstlerische Qualität dieses Gotteshauses wieder zur vollen Entfaltung bringt.

Architektur

Die dreischiffige Basilika ist 68 m lang, besitzt ein Querhaus und schließt in einem Chorraum. Unverputztes Backsteinmauerwerk und Granit bestimmen des äußeren Eindruck des Gebäudes und seines 86 m hohen Kirchenturms. Die Abtrennungen der Pilaster sowie das Haupt- und die beiden Seitenportale sind aus Granit gearbeitet. Hohe Fenster und Strebepfeiler lockern den Baukörper auf, einen zusätzlichen Akzent setzt der kleine, mit Kupfer verkleidete, Vierungsturm.

Innenausstattung

Festgottesdienst am Mittelaltar mit Bischof Wilhelm Schraml. (Foto: Archiv Proft)

Moderner Mittelaltar und Ambo

Zentraler Mittelpunkt ist heute der von dem Künstler Horst Fochler aus Ihrlerstein geschaffene moderne Mittelaltar (1987) auf einer Insel unter der Vierung. Ungewöhnlich ist dabei das verwendete Material, nämlich Keramik aus Ton. Der Unterbau des Altars nimmt die Spitzbogenformen des Gotteshauses auf. An den vier Ecken befinden sich je zwei Männer- und Frauengestalten, der hl. Gunther, die hl. Ellisabeth, der hl. Nikolaus und die hl. Theresa von Avilla. Der daneben befindliche Ambo zeigt im Unterbau den Propheten Jeremias, über den das Auge Gottes wacht. Altar und Ambo komplettiert der gleichgestaltete Osterleuchter, der den österlichen Lobgesang in eine bildliche Darstellung umsetzt.

Neugotische Ausstattung

Die einheitlich neugotische Ausstattung wurde bei der Renovierung von 1983 bis 1987 völlig wiederhergestellt. Der erste Blick des Betrachters fällt auf den mächtigen Hochaltar im Chorraum. Er wurde von der auf Kirchenausstattungen spezialisierten Mayer’schen Hofkunstanstalt in München angefertigt. Es handelt sich um einen Flügelaltar mit Reliefbildern und Gemälden auf den Rückseiten der beiden Flügel. Die Reliefe zeigen Maria Verkündigung, Geburt Christi, Auferstehung und Mariä Heimsuchung. Wenn in der Fastenzeit die Altarflügel geschlossen werden, zeigen die Gemälde auf der Rückseite die Dornenkrönung und Geißelung Christi. Den Altaraufbau krönt in der Mitte der hl. Nikolaus als Kirchenpatron, zu seinen Seiten der hl. Johannes von Nepomuk (links) und der hl. Florian (rechts).

Dem Hochaltar entsprechen stilistisch die beiden Seitenaltäre im Querhaus, der Marienaltar (links) und der Josephsaltar (rechts) sowie die Kanzel. Sehenswert ist auch der Kreuzweg, das kunstvoll geschnitzte Chorgestühl und die Beichtstühle mit ihren geschnitzten Aufsätzen.

Das Mobiliar wurde von Johann Baptist Schott entworfen, der für die Ausführung renomierte Fachkräfte gewonnen hat, den Bildhauer Johann Huber für die figürlichen Arbeiten, den Bildhauer Heinrich Schwade für die Relieftafeln und dem Maler Adrian Walker.

Glasfenster

Die farbigen Glasfenster für den Chor wurden 1894 gefertigt. Zwischen 1909 und 1922 erfolgte die restliche Farbverglasung der Kirchenfenster. Alle 21 Buntfenster entstanden nach den Entwürfen von Architekt Johann Baptist Schott. Glaswerkstätten in München, Regensburg und Passau waren daran beteiligt. Sie sind Stiftungen des Stadtpfarrers, der Lehrerschaft, verschiedener Vereine, der Farbenglaswerke und von Privatleuten. Dargestellt werden die Patrone der Stifter oder passende biblische Szenen.

Orgel

Der Größe des Gotteshauses angemessen ist auch die dreimanualige Orgel mit 48 Registern aus der Werkstatt der Passauer Firma Orgelbau Eisenbarth, die damit eine der größten Orgeln im Mittleren Bayerischen Wald ist.

Besondere Kunstschätze

  • gegenüber dem Josephs-Altar im rechten Querhaus befindet sich der schlichte barocke Arme-Seelen-Altar, das einzige erhaltene Stück aus der alten, 1876 abgebrannten Pfarrkirche.
  • rechts neben dem Mittelaltar eine wertvolle Leihgabe der Stadt Zwiesel: ein in Silber getriebenes Votivbild des hl. Nikolaus aus der Zeit um 1680. Es wurde von einem couragierten Zwieseler Bürger in den Wirren der Säkularisation gerettet und so vor dem Einschmelzen bewahrt.
  • in der rechten hinteren Seitenkapelle eine Pieta eines unbekannten Meisters aus dem Mondseegebiet um 1550, die seit 1979 zu den bedeutensten Kunstschgätzen des Gotteshauses gehört.
  • in der linken Seitenkapelle, die dem Gedenken der Gefallenen der beiden Weltkriege dient, befindet sich eine überlebensgroße Statue des gegeißelten Heilands, ein Werk des Augsburger Bildhauers Ehrgott Bernhard Bendl aus dem Jahr 1739, die 1956 angekauft wurde.

Bedeutung des Gotteshauses

Die Stadtpfarrkirche St. Nikolaus Zwiesel ist allein das Werk des religösen Bemühens der bürgerlichen Gemeinde. Die Pfarrangehörigen hatten sich eineinhalb Jahrzehnte nach der Brandkatastrophe des Jahres 1876 zusammengetan, um ihren Glauben eine neue Heimstatt zu schaffen, die ihrem Bürgersinn entsprechen sollte. Dabei hat die außerordentliche Größe der Pfarrei die großen Dimensionen des Gotteshauses erforderlich gemacht, aus dessen Gestaltung der Stolz und die eigene Leistungsfähigkeit der Bevölkerung erkennbar wird. Ein Stolz, der auch in der heutigen Zeit ungebrochen ist, was sich durch die Spendenbereitschaft der Bevölkerung bei der letzten Gesamtrenovierung in den 1980er Jahren und bei der erst kürzlich notwendig gewordenen Kirchturmsanierung leicht beweisen lässt. Die Stadtpfarrkirche ist der Stolz der Zwieseler, heißt es.

Literatur

  • N.N.: Pfarrei und Kirche St. Nikolaus zu Zwiesel 1255–1988, Stadtpfarrei Zwiesel (1988)
  • Dionys Asenkerschbaumer, Alois Brunner, Ludger Drost, Andreas Paul: Kleinodien · Kostbarkeiten · Kuriositäten. Entdeckungsreisen im Bistum Passau. Herausgeber: Bischöfliches Ordinariat Passau, Verlag Passauer Bistumsblatt, Passau 2011, 2. Aufl. 2012, ISBN 978-3-9813094-3-0