Kirche St. Nikolaus u. Stephan (Eggenfelden)

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Blick auf die Eggenfeldener Stadtpfarrkirche.
Die Stadtpfarrkirche Eggenfelden. (Foto: Neqqache)
Die Stadtpfarrkirche mit ihrem mächtigen Turm, davor der obere Teil des Stadtplatzes auf einer Postkarte aus dem frühen 20. Jahrhundert.
Das Innere der Stadtpfarrkirche (Photo: Dilling)

Die Kirche St. Nikolaus u. Stephan ist die katholische Stadtpfarrkirche von Eggenfelden. Sie gilt nicht nur als Wahrzeichen Eggenfeldens, sondern auch als eine der bedeutendsten spätgotischen Sakralbauten Niederbayerns.

Geschichte

Zwischen den großen Kunstzentren Landshut, Straubing und Passau entstand in der Epoche der späten Gotik die Pfarrkirche Eggenfelden als das überragende sakrale Bauwerk im Rottal. Das Gotteshaus trägt ein Doppelpatrozinium. St. Nikolaus fand im 12. und 13. Jahrhundert große Verehrung. Das Patronat des heiligen Stefan weist vermutlich darauf hin, dass die Pfarrei erst spät errichtet wurde und das Gotteshaus als „Konkurrenzkirche“ zu den im Umkreis schon vorhandenen entstand. Diesen Kirchen pflegte man das Patrozinium der jeweiligen Domkirche zu geben; die damalige Regensburger Kathedrale war dem heiligen Stefan geweiht.

Nur zwei Daten informieren über den Baufortgang: Das Gotteshaus, an dem vermutlich seit 1410 gearbeitet wurde, erhielt 1444 die Weihe; das Gewölbe kam 1488, der 76 Meter hohe Turm erst 1519 zur Vollendung. Weil die Pfarrei seit 1404 dem Kollegiatstift Altötting inkorporiert war, vermutete man, dass von dort die Anregung zu diesem gewaltigen Bauvorhaben kam. Die Initiative ging aber sicher von den Bürgern Eggenfeldens aus; als ein großes bürgerliches Gemeinschaftswerk kündet noch heute der imposante Bau von Wohlhabenheit und Selbstbewusstsein der Ortsbewohner von damals.

Mit dem 76 Meter hohen Westturm und der Hügellage setzt die Stadtpfarrkirche einen dominanten städtebaulichen Akzent. Als grösste sakrale Baumaßnahme des 15. Jahrhunderts im südöstlichen Niederbayern wird er auch noch heute der „Dom des Rottals“ genannt.

Die Kirche ist wohl ein Werk des Braunauer Baumeisters Stephan Krumenauer bzw. nach 1461 seiner Nachfolger. Der Innenraum zeigt sich als dreischiffige, breite gestufte Halle. Die Kapellen, durch die der Raum fünfschiffig wirkt, entstanden im Zug einer Planänderung im zweiten Viertel des 15. Jahrhunderts. Der wohlproportionierte Raum, die reichen Netz- und Sterngewölbe sowie die spätgotischen Bildwerke (Krönung Mariens durch die Dreifaltigkeit in drei Personen (!), Monumentalkreuz, Christus und die zwölf Apostel, Grabdenkmäler) machen die kunsthistorische Bedeutung der Kirche aus.

Der Kirchturm

Erbauung

Der Turm entstand in zwei Bauabschnitten. Zuerst wurden bis Mitte des 15. Jahrhunderts zusammen mit dem Langhaus die vier gleich hohen, gewaltigen unteren Würfelgeschosse errichtet. In ihrer Breite nach oben etwas zurückgenommen erreichen sie die Höhe von 35,45 Metern. An den Westkanten begleiten sie schräg gestellte Strebepfeiler. Das Obergeschoss zeigt nach allen vier Seiten große Uhrenblätter, während sich im Untergeschoss die Zugänge und das Portal zur Kirche befinden. Diesen Raum schmückt seit 1489 ein zentralisierendes Rippengewölbe. Alle Mauern des Turmunterbaus weisen die gewaltige Stärke schwankend um 2,30 Meter auf. Nach der vorläufigen Weihe der Kirche 1444 kam es am Turmbau zu einem längeren Stillstand. Die Einwölbung der Innenräume mit den reich gestalteten Rippengewölben nahm alle Kräfte in Anspruch. Dann findet sich in einer Urkunden vom 28. März 1519, die im Stadtarchiv aufbewahrt wurde, ein höchst aufschlussreicher Hinweis. Die beiden Bürger Hans Aicher und Mathäus Herfuerder übergaben damals den Zechpröpsten (Kirchenpflegern) eine sehr stattliche Geldsumme. Auch ihre Spende sollte dem „Gottshus, welches zum Gebäudes Turms noch groß notdürftig“ war, zugute kommen. Man darf also mit Sicherheit annehmen, dass erst um diese Zeit der Turm völlig ausgebaut wurde. Er wies zwischenzeitlich eine Notbedachung auf, erkennbar noch heute an den Aussparungen im vierten Würfelgeschoss innen für die erforderlichen Balken zur Abdeckung.

Der zweite Bauabschnitt begann ab Höhenmeter 35,45 mit der Errichtung eines weiteren, 11,48 Meter hohen Geschosses. Im Kern achteckig flankieren dieses an den Schrägseiten kräftig vertikal gegliederte Vorlagen. Dazwischen öffnen sich die großen Schallfenster zum Glockenhaus. Wiederum im Viereck umgibt dieses der begehbare Umgang mit einer, in Haustein reich gegliederten Maßwerkbrüstung. An den vier Ecken sind die niedrigen Ecktürme eingefügt. Einer von diesen diente in Jahrhunderten als Aufenthaltsraum für die Wächter auf dem Pfarrkirchenturm. Zwischen den Ecktürmen erhebt sich die gewaltige, achteckige Pyramidenspitze mit der gotischen Kreuzblume obenauf, zusammen allein 26,74 Meter hoch. Man vermutet in Haupt- und Nebentürmen ein Gleichnis: Christus und die vier Evangelisten, die ihn bezeugen.

Kuriositäten

Der Turm wurde mehrmals vom Blitz getroffen, so auch am Faschingsdienstag 1657. Am 7. Juli 1673 riss während des Gottesdienstes ein Blitz „ein Loch in Mannsgröße“ in das Mauerwerk unterhalb der Galerie. Der herbeieilende Kirchenpropst wurde von einem zweiten Blitz tödlich getroffen, eine weitere Person fiel bewusstlos zu Boden. 1696 beschädigte ein Gewitter die große Glocke, die dann umgegossen werden musste. Etwas später traf ein Blitz den Turm, beschädigte noch die Orgel und auf der Empore eine Bassgeige. 1690 brannten nach einem Gewitter die vier Seitentürme ab. Beim Wiederaufbau erhielten sie nur eine flache Bedachung. In dieser Form finden wir sie auch auf dem Weningstich (1702/1723) abgebildet. Als 1888 Reparaturen am Turm vorgenommen werden mussten, forderte Bauamtmann Anton Völkl von Landshut den Wiederaufbau der Seitentürme in hoher gotischer Form. Die dagegen protestierenden Bürger konnten sich nicht durchsetzen.

Die Nacht- und Feuerwache auf dem Turm bestand bis 1874. Beim Verlassen des Turms nach der Wache stürzte 1736 Urban Schillinger auf der steilen Treppe und verletzte sich tödlich. 1882 musste Steinmetz Altinger von Landshut eine neue Kreuzblume für die Turmspitze anfertigen. Beim Aufziehen dieses schweren Gebildes riss das von Landshut ausgeliehene Seil. Dann ereignete sich am 13. Juli 1971 zum hoffentlich letzten Mal ein schlimmes Ereignis. Am helllichten Vormittag zerschlug ein Blitzstrahl die Kreuzblume; sie fiel in Stücken herab. Steinmetz Richard Triebe, Regensburg, fertigte die vorhandene Kreuzblume aus Kelheimer Marmor: 4,48 Meter hoch, 2,40 Meter Meter in der Diagonale steht sie auf einer Basis von nur 78 Zentimetern.

Im Jahr 1902 ging der Vater desEggenfeldener Kunstmalers Toni Leidl mit dem hiesigen Turnverein die Wette ein, auf der Kreuzblume einen Handstand zu machen. Am Turm entlang zog er mit einem Seil eine lange Leiter von der Galerie aus hoch, lehnte sie an der Pyramide an, stieg hinauf, um auf der Spitze den Handstand zu vollführen – und die Wette zu gewinnen.

Renovierung

Im Jahr 2008 weist das Gotteshaus gravierende Altersschwächen auf. Am Turm bröckelt der Putz, die Balken des Dachstuhls sind teilweise morsch und an der Fassade des Haupthauses bilden sich immer mehr Risse. Durch den jahrzehntelangen Winddruck hat sich der Dachstuhl am Chor verschoben. Eine Rundum-Erneuerung kostet nach Schätzungen 2,3 Millionen Euro.

Seit geraumer Zeit sammelt die katholische Kirchenverwaltung daher Spenden, denn die Sanierung wird nur zu 40 Prozent aus Kirchensteuer-Mitteln finanziert. Die Stadt hat ihre Unterstützung zugesagt – mit Zuschüssen von insgesamt 270.000 Euro. Bereits 2008 hatten Hauptausschuss und Stadtrat Fördergelder in Höhe von 120.000 Euro für die Turmsanierung bewilligt, die im Laufe 2009 über die Bühne gehen wird. Die katholische Kirchenverwaltung hat im Februar 2009 erneut im Rathaus angefragt und um eine Finanzspritze für die zwei weiteren Bauabschnitte gebeten – die Dachsanierung im Jahre 2011 und Fassadenrenovierung im Jahre 2013. Erstere ist zwingend notwendig, da einige Balken bereits über fünf Jahrhunderte im Dachstuhl ihren Dienst leisten.

Hauptausschuss und Stadtrat befassten sich mit dem Antrag. Einerseits sollte mit dem Vorhaben die Kirche unterstützt werden und andererseits stand im Mittelpunkt, das Wahrzeichen der Stadt zu erhalten. Der Stadtrat hatte jedoch einige Bedenken, da man die finanzielle Entwicklung der Haushaltslage der Stadt schwer vorhersehen kann. Da das Argument des Wahrzeichens der Stadt aber schwer wiegt, findet die geplante Sanierung im Stadtrat größtenteils Zustimmung. Mit den Gegenstimmen von Helmut Rauschegger und Martin Leitl (beide FWG) beschloss der Stadtrat letztlich, für die Dachsanierung 80.000 Euro und für die Fassadenrenovierung nochmal 70.000 Euro beizusteuern.

Während die Bauabschnitte II und III erst in ein paar Jahren anstehen, wird der Turm im Frühjahr 2009 saniert. Anfang März vergibt die Kirchenverwaltung die Aufträge, am 23. März soll Baubeginn sein, und noch vor dem 1. November 2009 will man die Maßnahme abschließen.

Literatur

Weblink