Kirche St. Philipp und Jakobus (Altötting)

Aus RegioWiki Niederbayern
Wechseln zu: Navigation, Suche
Die Stiftspfarrkirche St. Philipp und Jakobus
Die beiden Türme
Der Kircheninnenraum (Foto: Kleiner)

Die Kirche St. Philipp und Jakobus ist die Stiftskirche des Kollegiatstiftes Altötting sowie Pfarrkirche der Pfarrei Altötting – St. Philipp und Jakobus, der ersten Pfarrei in Altötting.

Geschichte

Der erste Vorgängerbau stammt von König Karlmann, dem Urenkel Karls des Großen, der 877 das Pfalzstift Altötting gründete. Karlmann wurde nach seinem Tod hier begraben, seine Gebeine ruhen in einer Messingschüssel vor dem Hochaltar. Mit der Erneuerung des Stifts durch Herzog Ludwig den Kelheimer 1228 entstand auch eine neue Basilika im romanischen Stil. Von diesem Bauwerk überdauerten die Untergeschosse der beiden Türme, das Portal zwischen ihnen und ein Taufstein.

Seit dem ersten überlieferten Wunder im Jahr 1489 wurde die Wallfahrt Altötting zur benachbarten Gnadenkapelle immer bedeutender. Nachdem immer mehr Pilger auf der Suche nach dem Zuspruch der Schwarzen Madonna waren und die Kirche dem Andrang der Gläubigen räumlich nicht mehr gewachsen war, veranlasste der damalige Stiftspropst Johannes Mayr den Um- bzw. Ausbau der Kirche. Sie wurde als spätgotische Hallenkirche neu erbaut in den Jahren 1499 bis 1511 von Jörg Perger aus Burghausen. Die gesamten Kosten wurden von der Kapellenstiftung erbracht. Der damalige Bischof vom Chiemsee und Weihbischof von Salzburg, Berthold Pürstinger, weihte den Hoch- und die neun Nebenaltäre am 28. und 29. September 1511 nach zwölfjähriger Umbauphase ein. Das Gotteshaus wurde somit nach Norden um zwei und nach Osten um 15 Meter vergrößert. Durch den Umbau wuchs das Fassungsvermögen auf 1.000 Plätze an, darunter 500 Sitzplätze. 400 Jahre lang war die Stiftspfarrkirche die wichtigste Wallfahrtskirche in Altötting, bis sie 1912 von der Basilika St. Anna abgelöst wurde.

1610 wurde ein neuer Kreuzaltar mit Schnitzfiguren in die Kirche gesetzt. 1618 kam die Orgel auf die Westempore, wobei man fünf Altäre abbaute, um Platz zu schaffen. In den Jahren 1791 bis 1793 wurde die verbliebene Inneneinrichtung einschließlich des Kreuzaltars größtenteils entfernt. Damals entstanden eine neue Sakristei, der jetzige Hochaltar und ein neues Chorgestühl.

1965 wurde das Chorgestühl an die Wand gerückt und der Mittelaltar postiert. Anlässlich des 500. Jubiläums des Weihtages im Jahr 2011 widmete die Pfarrei der Stiftskirche ein ganzes Festjahr mit verschiedenen Veranstaltungen und Feierlichkeiten. Anfang 2014 wurden die beiden Wetterhähne der Kirche renoviert. Dabei machte Spenglermeister Robert Empl einen unerwarteten Münzenfund. Bei den Münzen handelte es sich unter anderem um Münzen aus der Zeit des Kaiserreiches. Zwei der Geldstücke aus den Jahren 1877 bzw. 1879 zeigen das Konterfei von Ludwig II., eine dritte aus dem Jahr 1894 das Profil von Kaiser Wilhelm II.

Architektur

Die räumlichen Ausmaße der Kirche betragen seit dem spätgotischen Umbau 18 auf 52 Meter. Der Nordturm wurde auf 58 Meter Höhe aufgestockt, der Südturm auf 59 Meter. Auf den Spitzen der beiden Kirchtürme thronen zwei vergoldete Hähne. Das Tier steht im Christentum für die Rolle des Verkünders. Sein Ruf prophezeit den nahenden Tag, sowie das Ende von Sünde und Tod. Eine Besonderheit der Stiftskirche ist der nördliche Hahn, der seit einem Blitzschlag geschwärzt ist.

Die dreischiffige Basilika ist größtenteils von Anbauten umgeben. Die Türflügel des Nord- und Südportals wurden um 1513 bis 1519 von Mathäus Kreniss geschnitzt, bei dem es sich vermutlich um einen Schüler von Hans Leinberger handelt. Er schuf auch das ursprüngliche Chorgestühl der Stiftskirche.

Im Süden liegt der spätgotische Kreuzgang mit vier Kapellen: St. Sebastian, Begräbnisstätte der Stiftskanoniker; St. Peter u. Paul, mit Grab des Generals Johann t’Serclaes von Tilly (1653 beigesetzt); „Mater dolorosa“, Doppelkapelle um 1500, im Erdgeschoß ehemaliger Karner, im Obergeschoss Kapelle; „Chrlstus in der Rast“, Sühnekapelle für die von der SS am 28. April 1945 erschossenen Blutzeugen. Nördlich des Chores befindet sich die ehemalige Schatzkammer, jetzt Andachtskapelle.

Ausstattung

Die Ausstattung der Kirche ist überwiegend klassizistisch. Im Gotteshaus befinden sich je ein romanischer und spätgotischer Taufstein, eine hohe Standuhr mit dem „Tod z’Eding“, sowie zwei spätgotische geschnitzte Türen. Ein weiteres Kunstwerk ist das 3,17 Meter hohe und 2,47 Meter breite Kruzifix, das von Hans Leinberger geschaffen wurde. Das älteste Relikt der Stiftskirche ist ein romanisches Taufbecken. Obwohl sich die genaue Datierung als schwierig erweist, lässt der Schnitt des ins Becken eingearbeiteten Blätterreliefs einen Entstehungszeitraum zwischen 1228 und 1245 vermuten.

Der klassizistische Hochaltar birgt das Kolossalgemälde Maria, Helferin der Christenheit von Johann Jakob Dorner aus dem Jahr 1796, das Maria als Gnadenmutter feiert. Für das ebenfalls klassizistische Chorgestühl schnitzte der Trostberger Bildhauer Benedikt Kapfer zehn Medaillons mit Bildern von der Geschichte Altöttings.

Einbruch 1921

Das Goldene Rössl ist ein kleiner Marienalter aus Gold und Email, der sich früher in der damaligen Schatzkammer befand. Am 6. Oktober 1921 versuchten zwei Berliner Diebe das Kunstwerk über Nacht zu stehlen. Beim Eindringen in die Schatzkammer lösten die beiden einen Alarm aus. Während eines Schusswechsels mit der Polizei wurde einer der Diebe tödlich verletzt und der zweite zu 8 Jahren Zuchthaus verurteilt. Das Goldene Rössl befindet sich jetzt im 2009 eröffneten Haus Papst Benedikt XVI..

Verbleib des ursprünglichen Chorgestühls

Das von 1507 bis 1513 geschaffene Chorgestühl aus Eichenholz wurde 1791 zusammen mit der übrigen spätgotischen Ausstattung aus der Kirche entfernt. Stiftsdekan Josef Danzer veranlasste den Umbau des Kirchenmöbels zu einer doppelläufigen Stiege und zu Fensterläden für das propsteiliche Landhaus in der Neuöttinger Straße. Über den Münchner Kunsthandel gelangte die Stiege 1862 in das das Bayerische Nationalmuseum, wo sie zuletzt im Depot lagerte. Dem Neuöttinger Pfarrer Franz Xaver Leeb gelang die Identifikation der Stiege als Teil des Chorgestühls der Stiftskirche. Seit 2013 werden sechs für die Gestalt der ursprünglichen Anlage besonders aussagekräftige Teile wieder in der Sammlung präsentiert. Im Oktober 2013 war das spätgotische Chorgestühl der Stiftskirche „Kunstwerk des Monats“. Das Altöttinger Ensemble zeigt auffällige Parallelen zum Chorgestühl von St. Martin in Landshut, das damit als Vorbild vorauszusetzen ist.

Grabstätten

Der schlichte Grabstein des Ignaz Mayr.

Allgemein

In und um die Kirche herum finden eine Vielzahl von Würdenträgern ihre letzte Ruhestätte. Die Gräber und vor allem die Grabsteine sind daher meist prunkvoll verziert, mit einer Ausnahme: Der Grabstein des Ignaz Mayr aus „Beisenhausen“. Die Schlichtheit des Steines begründet sich durch die Person des Leichnams. 1649 starb das erst fünfjährige Flüchtlingskind das wegen des Dreißigjährigen Krieges nach Altötting kam. Auf seinem Grabstein findet sich folgende Inschrift: „Ignatius Mayr von Beisnhausn, ligt begraben unter diser Clausn. Kam hierher wegen Feindts gefahr, starb seines Alters Fünf Viertel Jahr. (…) Sein Vatter stellt alsdan herbey, diß Staindlein clain aus lieb und threu, danckhet dem Herrn in Ebigkheit, sein Nam der sey gebenedeit, daß Er daß Lieb unschuldig Khündt, hinweckh genomen von der Stundt, und hat Im für das Zeitliche Lebn, die Ebig Rhüe und Freidt gegeben, darinen es dan mit begürdt, für Vatter und Müetter bittn würdt.“

Tilly-Grabstätte

Das Anagramm auf dem Grabstein des Feldherren Johann t’Serclaes von Tilly.

Das Anagramm über der Grabstätte des Feldherren Johann t’Serclaes von Tilly war lange Jahre ein Rätsel für die Besucher der Stiftskirche. In der Tilly-Kapelle steht unter dem Hinweis, dass nun ein Anagramm folgt die lateinische Inschrift: Uti sol in terris manes. (So wie die Sonne, wirst du auf Erden bleiben.) Durch eine Umstellung der Anfangsbuchstaben bekommt man die neue Bedeutung: Soluti terris inmanes, die mit Die von der Erde Erlösten sind groß übersetzt werden kann. Laut Wolfgang Thorwirt, der das Rätsel um das Anagramm gelöst hat, bezieht sich die Aussage auf die Seelen von Verstorbenen, die solange sie in den Körpern verweilen noch klein sind. Erst durch die Erlösung werden sie groß.

Galerie

Siehe auch

Literatur