LiteraturFreitag im Museum
Der LiteraturFreitag im Museum war eine Veranstaltungsreihe des Freilichtmuseums Massing von 2001 bis 2018. Das Format orientierte sich an tradierten Formen gesellschaftlicher Freizeitgestaltung und Kulturpflege.
Inhaltsverzeichnis
Idee und Organisation
Die Initiative für die „LiteraturFreitage“ im Museum ergriffen Dr. Martin Ortmeier und Dr. Max Seefelder im November 2000. Veranstalter war das Freilichtmuseum Massing gemeinsam mit dem Kulturreferat des Bezirks Niederbayern. An jährlich drei Abenden im April und Mai wurde in der alten Wirtsstube des Heilmeierhofs vor zirka 50 Gästen historische und aktuelle Literatur aus Niederbayern (ausgreifend nach Oberösterreich, Oberbayern und die Oberpfalz) gelesen und musikalisch begleitet. An der Programmgestaltung und der Moderation der Abende war seit 2008 der Musikwissenschaftler Dr. Philipp Ortmeier beteiligt. Er akquirierte außerdem die Musikanten.
Die Wirtshaussituation mit Bewirtung war programmatisch, die Bühne des benachbarten Veranstaltungs-Stadels wurde nur bei szenischen Lesungen genutzt.
- „In der gemütlichen Atmosphäre der alten Wirtsstube des Heilmeierhofs, zwischen Kachelofen, historischer Schank und Herrgottswinkel, saßen die Vortragenden mitten unter dem Publikum, das trotz der guten Bewirtung bemerkenswert aufmerksam lauschte. Umrahmt wurden die Lesungen von Musikern aus der Region, welche die literarischen Impulse einfühlsam aufgriffen oder stilsicher Akzente zu ihnen setzten – von Klassik über Jazz bis hin zu Volksmusik und experimentellen Klängen. ‚Flez orange‘ und das Spontanensemble ‚Landshuter Gestütsänger‘ zählen sicher zu den musikalischen Höhepunkten.“ (Elisabeth Merklein)
Die Organisation in Massing einschließlich Öffentlichkeitsarbeit und Bewirtung leistete die Museumspädagogin Roswitha Klingshirn. Die Gestaltung der Plakate im Format 59,4x21cm und die Programmfaltblätter wurde nach einem Entwurf von Dr. Martin Ortmeier im gesamten Zeitraum vom Passauer Büro Theorie&Praxis ausgeführt. Die Abbildungen stammen größtenteils aus dem seit 1984 aufgebauten Bildarchiv des Freilichtmuseums Finsterau.
Das erste Programmjahr 2001 begleiteten „Literaturanschläge“ an Stadel- und Hauswänden des Museums, unter anderem mit einem Gedicht von Bernhard Setzwein. In den Folgejahren waren die ganze Museumsaison über jeweils sechs Literaturbrettln paarweise entlang den Museumswegen aufgestellt: wie Marterln, jedes Jahr neu bedruckt mit Gedichten oder Prosatextstücken von den jeweiligen Autoren der Saison. Höhepunkte waren der eigens für die LiteraturFreitage geschriebene „Reigen“ von Maria Eliskases (2007), Mundartgedichte von Anna Wheill (2009), Gedichte aus Böhmen von dem Passauer Schriftsteller Hellmut Walters (2012) außerdem Gedichte des Rottaler Heimatdichters Robert Erbertseder (2013) und dem politisch umstrittenen Dichter Max Matheis (2002).
Mit dem Abend des 11. Mai 2018, an dem unter anderem Bernhard Setzwein, der beim Auftakt 2001 mit dabei war, und der deutsch-tschechische Slam-Poet Jaromir Konecny lasen, stellte Dr. Martin Ortmeier die Veranstaltungsreihe ein.
Im Jahr 2022 hat die Betriebsleiterin des Freilichtmuseums Finsterau, Dipl. Betriebswirtin Stephanie Herzig, die Tradition der LiteraturFreitage im Museum wieder aufgenommen und unter dem Titel „Aussichten“ in der „Außergefilder Stube“ der „Ehrn“ drei Veranstaltungen angesetzt.
Programm
Texte zeitgenössischer Schriftsteller wurden von den Autoren selbst vorgetragen, unter anderem von Ulrike Anna Bleier (* 1968), Wilhelm Dieß (1884–1957), Maria Eliskases[1] (* 1946), Paul Friedl (1902–1989), Harald Grill (* 1951), E. W. Heine (* 1940), Friedrich Hirschl (* 1956), Gerd Holzheimer (* 1950), Michaela Karl (*1971), Hans Krieger (* 1933), Bernhard Setzwein (* 1960) und Anna Wheill (* 1951).
Historische regionale Literatur von Autoren wie Johann Nep. Bachmeier (1945–2015), Hans Carossa (1878–1956), Emerenz Meier (1874–1928), Heinrich Lautensack (1881–1919), Max Peinkofer (1891–1963) und Hellmut Walters (1930–1985) wurde von erfahrenen Schauspielerinnen und Schauspielern, einige Male auch von den Veranstaltern selbst vorgetragen.
2016 kam mit Hanns Haller (1902–1984) ein Heimatdichter und Lehrer zu Ehren, der als Mitglied in der NSDAP und Funktionär im NS-Lehrerbund (bis 1939 Gausachbearbeiter für Jugendschriften) eine durchaus zweifelhafte Vergangenheit hatte, der nach 1945 aber wieder Karriere im Schulwesen und als Herausgeber der „Niederbayerischen Hefte“ machte.
Das Wort „Heimat“ war stets Hauptüberschrift des Jahresprogramms, häufig führte es das Motto an: unter anderem „Heimat ohne Wein und Nachtigallen“ (Hans Carossa), „Heimat zwischen Kanapee und Kegelbahn“ (Max Unold), „Heimat von Schiefweg bis Chicago“ (Emerenz Meier), „Heimat zwischen heit und seinerzeit“, „Heimat wia’s gwieß war … vielleicht“ (Johann Nep. Bachmeier). Losere Titel waren „Starke Frauen“ oder „Stadt Land Fluss“.
„Die große Welt der hohen Auflagen bleibt außen vor, vielmehr wird der Heimatdichtung ein Forum geboten. (…) Mit Vorträgen aus Hans Wimmers ‚Kindheit und Jugend in Niederbayern‘, Maria Hartls ‚Häuslleut‘ und Max Bauers ‚Kopfsteinpflaster – Ein Niederbayer erzählt sein Leben‘ wurde der Nachweis geführt: Wer schreibt, der bleibt.“[2]
Literatur
- Martin Ortmeier: Wer schreibt, der bleibt. Heimatliteratur im Freilichtmuseum Massing. In: Lichtung – Ostbayerisches Magazin, 22. Jg., April 2009/2, s. 19–20
- Elisabeth Merklein, Wenn Literatur zu Geschichte wird. In: Passauer Kunst Blätter 62/2 (2018), S. 10–11[1]
- Archivquellen führt das Freilichtmuseum Massing unter den Aktenzeichen M 4.4.6, Literaturpfad (…) und M 4.4.6, Literatur im Museum (…)