Lokschuppen Plattling

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Die letzte Dampflok verließ das Bahn-Betriebswerk 1974. Foto: Bernhard Rückschloß.

Der 1903 errichtete und am 2. Juni 2008 vollständig abgebrannte Lokschuppen Plattling war mit 26 Lokständen der größte Lokschuppen in Niederbayern. Nur in den Großstädten München, Nürnberg und Regensburg standen ähnlich umfangreiche Bauten. Generationen von Plattlinger Eisenbahnern hegten deswegen berechtigten Stolz. Der Lokschuppen stand 105 Jahre. Es gab kein Gebäude in Plattling, ausgenommen Sakralbauten, an dem die Zeitabläufe so sichtbare Spuren hinterlassen hätten.

Geschichte

Im Jahr 1903 baute die Kgl. Bayer. Staatsbahn in Plattling eine neue Betriebswerkstätte mit zwei Lokschuppen. Ein Rundschuppen mit 28 Lokständen entstand östlich des Verwaltungsgebäudes. Westlich entstand ein vorerst zehnständiger Lokschuppen: Es war dies die Urzelle des nun abgebrannten Baudenkmals. Der Zweckbau erhielt mit Ziegeldekor, mit Flachbogenfenster und mit Giebel-Rundfenster ein repräsentatives Aussehen. Der ursprüngliche Baubestand war bis zuletzt an den Außenmauern und an den inneren Trennwänden gut abzulesen. Besonders an der verzierten Backstein-Längsmauer konnte der Betrachter den Gründerzeit–Baustil nachvollziehen. Der Lokschuppen aus dem Jahr 1903 konnte als eine „Kathedrale der Technik“ gelten. Nur 20 Jahre später platzte das Bahn-Betriebswerk (Bw) aus allen Nähten. Die Reichsbahn fügte zehn weitere Lokstände an. Der bauliche Unterschied war anhand der Toraufhängungen gut erkennbar. Am westlichen Lokschuppen war Platz für dringend benötigte weitere Werkstatträume. In einem Anbau zum „Innenhof“ entstanden eine Dreherei, ein Werkmeisterbüro, eine Schweißerei sowie Räume für den Hallenwart und für die Ölausgabe. Der technische Fortschritt erforderte weitere Anpassungen. Im Jahr 1939 bekam Plattling erstmals schwere Schlepptenderloks der Baureihe 50. Für die knapp 23 Meter langen Loks wurden die Lokstände 13 bis 20 auf eine Raumlänge von 25 Meter erweitert. In diesem Bereich fehlten die inneren Trennwände.

Zweiter Weltkrieg

Im Zweiten Weltkrieg galten die Bahnanlagen als Bombenziele. Als bauliches Attribut aus dieser unseligen Zeit blieb bis zuletzt ein Schutzraum am südwestlichen Eck übrig. Der Betonanbau mit einem Sehschlitz hatte die Form einer Telefonzelle. Er bot Schutz vor Bombensplittern und vor Bordwaffenbeschuss.

Wiederaufbau

Wie ein Geschichtsbuch offenbarte der Lokschuppen die weiteren Zeitabläufe. Das Gebäude erlitt bei der Bombardierung am 16. April 1945 schwere Schäden. Im Zuge des Wiederaufbaus fügte die Bahn weitere sechs Lokstände an. Dieser Anbau musste die total zerstörte östliche Lokhalle kompensieren. Für jedermann war der Gebäudeteil aus dieser Wirtschaftswunder-Epoche an den verputzten Wänden und an den nüchternen rechteckigen Fensterformen erkennbar.

Beim Brand vom 2. Juni 2008 wurde der Lokschuppen vollständig zerstört. Foto: Birgmann.

Niedergang

Wie der Aufstieg und die Blütezeit der Bahn so hinterließ auch der Niedergang seine Spuren. Die Schließung des Bw Plattling erfolgte 1985, da die DB in einer Verfügung vom 3. Mai 1985 den Abriss der Lokhalle zum 31. Mai 1985 bekannt gab. Reinhard Mattioni und Max Albrecht mit der Gründung des Historischen Eisenbahnvereins Plattling am 22. Mai, sowie dem unermüdlichen Einsatz des damaligen Bürgermeisters Josef Kiefl war es zu verdanken, dass die DB den Abriss mit Verfügung vom 25. Mai 85 stoppte.

Im August 1985 wurde der Lokschuppen von der DB für baufällig erklärt und die letzten verbliebenen Dieselloks durften nur mehr auf den Strahlengleisen vor der Lokhalle abgestellt werden. Als die Museums- und Kaufverhandlungen durch die Stadt Plattling aufgrund der zu hohen Preisvorstellungen der Bundesbahn gescheitert waren, übernahm die Firma Michael Hacker unter Mithilfe des HEV-Plattling im Jahr 1986 die Lokhalle als Lagerhalle.

Michael Hacker war es auch, der den Ausbau und die Verschrottung der Drehscheibe in Auftrag gab. Daraufhin entfernte die Bundesbahn die Drehscheibe und die Zufahrtsgleise. Der 4.300 Quadratmeter große Lokschuppen war ab da eine Lagerhalle.

Statt Loks frequentierten hauptsächlich Lkw das Gebäude. Der Verlust des Bw schmerzte nachhaltig. Als am 17. September 1988 der Präsident der Bundesbahndirektion Dr. Horst Weigelt Plattling besuchte, führte ihn Bürgermeister Josef Kiefl ins aufgelassene Bw. Er überreichte dem Ehrengast, der während seiner Ausbildung in Plattling ein Praktikum abgeleistet hatte, eine Maurerkelle. Eine Arbeitsbühne hob den Präsidenten auf den Giebel des leer stehenden Lokschuppens – als Appell, die Eisenbahnerstadt Plattling zu fördern.

Brand

Die völlige Zerstörung des historischen Lokschuppens durch den Großbrand in der Nacht zum 2. Juni 2008 war eine „bittere Stunde“ für alle Plattlinger, besonders aber die Eisenbahner. Der Lokschuppen hob sichtbar die Bedeutung der Eisenbahnerstadt hervor.

Zukunft des Geländes nach dem Brand

Wie es mit dem Gelände weitergehen soll ist noch offen (Stand März 2009). Weder von der Firma „aurelis Real Estate GmbH & Co. KG“ als Eigentümer, noch von der Stadt gibt es dazu Aussagen. Als Pächter des Areals war Michael Hacker verpflichtet, den Gebäudeinhalt nach dem Brand ordnungsgemäß zu sortieren und zu entsorgen, das er bis 2009 auch gemacht hat.

Um der Verkehrssicherungspflicht nachzukommen, hatte er das Areal an der Werkstraße auf eigene Kosten mit einem Bauzaun abgesichert. „Über mögliche Nutzungen des Geländes haben wir zurzeit noch nicht entschieden“, teilte Susanne Heck von aurelis mit. "Im Jahr 2003 habe die Firma von der Deutschen Bahn AG ein Grundstücksportfolio erworben. Inzwischen belaufen sich die Flächen auf insgesamt rund 24 Millionen Quadratmeter, die wir entweder gemeinsam mit den Kommunen entwickeln und veräußern oder vermieten. Seit 2007 werden die Gesellschaftsanteile von aurelis zu je 50 Prozent von einem Konsortium aus HOCHTIEF Projektentwicklung GmbH und Redwood Grove International gehalten.“


Dampfloks

Über einen Zeitraum von 114 Jahren prägte die Dampflok das Plattlinger Bahnhofsbild. Im Sommer 1973 beherbergte das Bw Plattling noch fünf dieser „Stahlmonster“. Sie standen jedoch nur noch in untergeordneten Diensten. Hauptsächlich dienten sie als Betriebsreserve für Diesellokausfälle oder unvorhergesehene Sonderzugleistungen. Einzig herausragende Dampflokleistung war der wöchentliche „Scharnow-Reisebüro“-Express auf dem Abschnitt Plattling − Bayer. Eisenstein.

Geschichte der Dampfloks in Plattling

Dampflokomotiven zogen bis Mai 1959 noch jeden Schnellzug und jeden Güterzug. Die Eröffnungsfahrt von Regensburg nach Passau fand am 26. Mai 1959 statt. Der E-Lok bereitete man auf dem Plattlinger Bahnhof einen großen Empfang.

Ende der 50er Jahre führte die Bundesbahn eine Modernisierungsmaßnahme durch, die das Bild der Eisenbahn grundlegend veränderte. Der Freistaat Bayern förderte die Streckenelektrifizierungen. Weit oben auf der Agenda stand die durchgehende elektrisch versorgte Verbindung von Frankfurt nach Wien. Zu diesem Zweck gewährte der Freistaat Bayern Kredite in Höhe von 21 Millionen Deutsche Mark. Das letzte nicht-elektrifizierte Teilstück war der 110 Kilometer lange Abschnitt von Obertraubling nach Passau. Die Österreichische Bundesbahn hatte bereits mit der Eröffnung des elektrischen Betriebs nach Passau am 17. Mai 1955 ihre Vorleistungen erbracht. Vier Jahre später erst sollte die Deutsche Bundesbahn nachziehen. Insgesamt 500 Bauarbeiter rückten im April 1957 an. Sie errichteten die Oberleitungen, verlegten eine 110-KV-Bahnstromleitung von Landshut nach Plattling und bauten das Unterwerk Plattling.

Am 1. Juni 1959 nahm die Bundesbahn den planmäßigen elektrischen Betrieb auf. Durch den Wegfall der Lokwechsel in Regenburg verkürzten sich die Fahrzeiten zwischen Regensburg und Passau um 20 Prozent. Die Kosten für die Zugförderung sanken um 25 bis 30 Prozent. Die rußigen Dampfloks verschwanden. Die Bahn war jetzt sauberer geworden.

Die offizielle Eröffnung des elektrischen Zugbetriebs fand am 26. Mai 1959 statt. Seitdem ließ in Ostbayern kein Eisenbahnereignis mehr so namhafte Prominenz zusammenkommen. Im Eröffnungszug saßen unter anderem der österreichische Verkehrsminister Dipl.-Ing. Waldbrunner und der Deutsche Bundesverkehrsminister Dr. Seeboom, ebenso wie der Chef der Österreichischen Bundesbahn Dr. Schantl und der Chef der Deutschen Bundesbahn, Dr. Oeftering. Die Girlanden-geschmückte Lok E 10 159 beförderte den Eröffnungszug. Die damals hochmoderne Lok wurde im Jahr 1957 von Krauss – Maffei und der AEG unter der Fabrik-Nummer 3691 gebaut. Es spricht für die Robustheit ihrer Konstruktion, dass genau diese Lok heute noch bei der Deutschen Bahn im Dienst steht. Am Bahnhof Plattling bereitete die Blaskapelle des Kolpingvereins den Ehrengästen einen Empfang. 1. Bürgermeister Josef Niebauer und Landrat Ludwig Heigl begrüßten die hohe Reisegesellschaft. Eine Theatergruppe führte ein Stück über vier Operationen des „churfürstlichen medicus“ Dr. Andreas Eisenbarth auf. Auf der Weiterfahrt waren sämtliche Unterwegsbahnhöfe mit Fahnen und Girlanden geschmückt. Dies galt auch für den heute leerstehenden Bahnhof Langenisarhofen, an dem schon Jahrzehnte kein Zug mehr hält. Schulkinder winkten hier dem vorbeifahrenden Eröffnungzug zu.

Die Elektrifizierung bescherte Plattling sogar noch eine zusätzliche Bahndienststelle. An der Werkstraße, neben dem Unterwerk, entstand ein stattlicher Neubau für eine Fahrleitungsmeisterei. Eine geräumige Fahrzeughalle, die den Turmtriebwagen aufnahm, gehörte zum Gebäudekomplex. Die Fahrleitungsmeisterei beschäftigte etwa 70 Eisenbahner.

Im März 1974 hat die letzte Dampflok das Bahnbetriebswerk (Bw) Plattling verlassen. In Plattling trug die Elektrifizierung der Hauptstrecke Regensburg – Passau wesentlich zum Rückzug der Dampfrösser bei.

Die "50er" Universal-Dampflok

Die letzten Plattlinger Dampfloks gehörten der Baureihe 50 an. Die „50er“ war die Universallok der Deutschen Reichsbahn schlechthin. In den Jahren 1939 bis 1943 wurde die Schlepptenderlok in 3164 Exemplaren gebaut. Als Hauptbahn-Güterzuglok konzipiert, lief sie mit der geringen Achslast von 15 Tonnen auch auf Nebenbahnen. Ihre Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h erlaubte damals auch den Einsatz von Eilzügen.

Seit August 1939 zählten „50er“ zum Lokbestand des Bw Plattling. In der Nachkriegszeit sah man sie noch mit großen Windleitblechen (große „Ohren“ links und rechts des Schornsteins). Einige Schlepptender erhielten ab dem Jahr 1959 Zugführerkabinen eingebaut.

Das Verschwinden der Dampfloks prägte den Bahnbetrieb in den 50er und 60er Jahren. Im Jahr 1961 kamen noch einmal Bauarbeiter. Für Schienenbusse verlängerten sie die Lokstände 20 bis 23. Die nunmehr 30 Meter langen Stände konnten einen Motorwagen und einen Steuerwagen aufnehmen. 1961 berücksichtigte die Bundesbahn auch den Arbeitsschutz. In dem nunmehr abgeschotteten Triebwagenbereich sorgten eine eigene Absauganlage und eine eigene Ölheizung für ein erträglicheres Arbeitsklima. Die Eisenbahner konnten in großzügigen Seitengruben die Fahrgestelle reparieren.

Im Herbst 1973 erlebten die Plattlinger Dampfloks eine letzte kurze Blütezeit. Von Weiden und von Schwandorf kamen zwei weitere „50er“ wegen des Zuckerrübenverkehrs. Der Bestand erhöhte sich kurzfristig auf sieben Stück. Die Dampfloks zogen von Straßkirchen, von Osterhofen, von Girching und von Wallersdorf die Zuckerrübenwaggons nach Plattling. Sogar die Außenstelle Straubing setzte eine „50er“ für den Rübenverkehr ein.

Mit Abschluss der Rübenkampagne 1973/74 kam das rapide Dampflokende. Noch im Januar verließen die Gastloks aus Weiden und Schwandorf das Bw Plattling. Zwei angestammte Loks gingen am 18. Februar 1974 nach Schwandorf.

Die Plattlinger Eisenbahner arrangierten am Aschermittwoch 1974 eine Dampflokparade um die Drehscheibe. Maßgeblich organisierte Lokleiter Gerd Kramer diese Parade. Tags darauf wurden zwei weitere „50er“ abgezogen. Von Plattling fuhren sie zur neuen Dienststelle ins entfernte Duisburg-Wedau.

Der Lok „053 063-4“, erbaut im Jahre 1943 in Berlin-Dreschwitz, wurde die Ehre zu Teil, die letzte Plattlinger Dampflok zu sein. Seit dem 8. Juli 1960 gehörte sie zum Bw Plattling.

Literatur