Maximilian Reschauer

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Maximilian Reschauer, auch Behmeijna Max, (* 21. Februar 1884; † 15. August 1952) war ein Rudertinger Müllerssohn aus der Böheimmühle. Der umtriebige, intelligente Mann beschäftigte sich am liebsten mit Feder und Papier; er war ein gefragter Bauzeichner für Häuser, Scheunen und Brücken. Als Feldgeschworener befriedete er Grenzstreitigkeiten, trat als außergewöhnlicher Redner bei frohen und traurigen Ereignissen auf und nahm zu öffentlichen Ereignissen Stellung.

Der erste Hinweis auf Familie „Reschauer“ stammt aus dem Jahre 1687. Der „Böhmiller“ Stephan und Ehefrau Agata Reschauer verheirateten Tochter Agnes am 19. Juni 1687 mit Paul Adelmiller von der Adelmühl.

Leben und Wirken

Kindheit und Jugend

Maximilian Reschauer war der Erstgeborene des Ehepaares Max Reschauer (* 31. März 1858; † 20. Februar 1941) und Elisabeth (* 27. März 1859; † 9. Dezember 1918). Im Gegensatz zur üblichen Erbfolge wollte er sich nicht um die Mühle am Dettenbach oder um die Landwirtschaft annehmen. Er saß lieber am Schreibtisch, brauchte nur wenige Schritte zu seinem Bett mit dem durchgelegenen Strohsack, war der Entscheidung über seine rechte Kleidung enthoben, weil der Schrank nur wenig Auswahl bot.

Vertieft in seine Unterlagen, Zeitungen und Bücher hielt es ihn nicht lange im Sitzen und schon lief er wieder anderen Tätigkeiten nach. Er war Zeit seines Lebens dem Wort in Rede und Schrift verbunden, zeichnete Pläne für Häuser und Scheunen, von denen heute noch etliche erhalten sind. Max ließ auf der Meldekartei der Gemeinde in den 1930er Jahren „Bauzeichner“ eintragen. Seine Kenntnisse der Konstruktionszeichnungen hatte er vermutlich auf autodidaktischem Weg erworben. Er zeichnete schon als 22-Jähriger die Brücke über den Dettenbach, die dem Anspruch der Fachleute standhielt – wie alle seine Arbeiten.[1]

Zudem war Reschauer ein umtriebiger Bote und meist ohne Entschädigung unterwegs. Die geringen Bargeldeinnahmen setzte er umgehend für Schleckereien, Schnupftabak und Zigaretten um. Am liebsten lutschte er die Bayerisch-Malz-Bonbons, von denen er stets welche in der Tasche trug und Kindern anbot: „Mogst a Guatl?“, fragte er, griff in die Tasche und nahm ein Bonbon aus der Tüte. Daran erinnerte sich Maria Raab, geboren 1909, verheiratete Stadlbauer, lachte und schüttelte den Kopf beim Gespräch über den „Behmejina Max“.

Als Redner und Kommentator

Max Reschauer war ein „Original“, wie man Menschen nennt, die über der Norm liegen. Er war an der sichtbaren und unsichtbaren Welt interessiert, körperlich „zaundürr“, lief er wie ein Wiesel kreuz und quer übers Land, dachte und überdachte alles in Dimensionen, die das übliche Maß der Denkkonstruktionen der örtlichen Bevölkerung überstieg. Reschauer war höchst intelligent, ordnete die Welt nach seiner christlich-philosophischen Sicht, wurde einerseits bewundert und gebraucht, zum anderen belächelt und ausgelacht. Er verblüffte mit seiner visionären Schau und half den Nachbarn im Umkreis beim Schreiben, Reden und Planen.

Naturereignisse und Beziehungen zwischen Himmel und Erde, politische Entscheidungen und menschliche Irrungen kommentierte er. Sein Weltgefüge war fest im Glauben verankert, der das erlösende Christentum als einzige Wahrheit akzeptierte. Damit war Reschauer ein Vertreter der traditionellen katholischen Welt und fühlte sich im kirchlichen Ständedenken zu Hause: Der Platz auf Erden war als göttlicher Auftrag zugewiesen und musste hier demütig und nicht durch revolutionäre Widerstände erfüllt werden. Und doch scheute er sich nicht, sah es vielmehr als seinen Auftrag an, die Sonntagspredigt auf dem Kirchenvorplatz zu ergänzen. Die Leute blieben stehen, weil es vielleicht etwas zu lachen oder zu erfahren gab. Denn Reschauer läutete mit einer Glocke, trug Bekanntmachungen der Gemeinde vor, ergänzte die Predigten des Pfarrers oder ermahnte die Zuhörerschaft zur allgemeinen Sittlichkeit.

Auch dem technischen Fortschritt stand Reschauer aufgeschlossen gegenüber. Er interessierte sich für elektrische Apparate und Maschinen, nahm Anteil an modernen Anbau- und Erntemethoden, galt als Fachmann für den Obstbau. Er war zeitweise Schriftführer und Kassier im Viehversicherungs- und Feuerwehrverein, beim Kirchbau-Verein und Soldaten- und Veteranenverein. Er war als Trauerredner nicht zu übertreffen. In seiner Ansprache für Johann Kobler, gestorben am 16. Dezember 1933, riet Reschauer den 14 Kindern, folgendem Beispiel zu folgen: Ein sterbenskranker Vater bat seine zehn Söhne, jeder von ihnen sollte einen Stab mitbringen, die Stäbe zu einem Bündel zusammenbinden und durchschlagen. Niemand konnte sie brechen. Und so sollten auch Koblers Kinder zusammenhalten, dann könne ihnen niemand etwas anhaben.

Wirken als Feldgeschworener

Als Feldgeschworener erwarb sich Reschauer große Verdienste. Feldgeschworene waren ortskundige Männer, begleiteten Landvermesser und wurden zu fachlich kompetenten Laien herangebildet. Als Vierer, Märker, Schwurer, Landschieder oder Siebener standen sie stets in hohem Ansehen und sind trotz moderner Satellitenmessung wichtige Partner des Vermessungsamts. Sie verkörpern das älteste noch erhaltene Ehrenamt der kommunalen Selbstverwaltung. Max Reschauer, der „Behmeijna Max“, prüfte die Grenzsteine der Anrainerwege auch ohne Aufforderung und zog mit dem zwei Meter langen Holzstamm als Maßeinheit die Grenzen nach. Er markierte sie mit geheimen Beweisstücken und überprüfte deren Lage auch ohne Auftrag. Am 31. Oktober 1931 wurde Reschauer mit Benno Fraunhofer von Trasham als Feldgeschworener bestellt; Ersatzmänner waren Josef Müller von Ruderting und Michael Völtl von Trasham. Im August 1934 übernahm Reschauer mit Josef Müller von Ruderting, Johann Endl von During, Johann Kobler und Michael Völtl von Trasham, Alois Spitzenberger von Zwischenberg und Josef Streifinger von Reithof die Aufgabe.[2] 1948 wurden neben Reschauer Martin Madl und Michael Völtl von Trasham, Johann Höltl von Ruderting, Ludwig Kolbeck von Ebental, Matthias Kühberger von Gastorf und Max Raster von Trautenberg aufgestellt.[3]

Reschauer war seinen Aufgaben stets untadelig nachgekommen und im Passauer Amt bekannt und geachtet. Er lernte fast „jeden Stein persönlich kennen“, wusste alles über die Familien in der Region, organisierte Hilfsprojekte, wo es Not tat und fühlte sich für die Gemeinde Ruderting verantwortlich. Im August 1942 fühlte sich Ruderting als Kassier verantwortlich, dass die Rudertinger die Straßenabgabe leisteten. Er bezog sich auf die Verordnung von 1940, nach der jeder Grundbesitzer für sein Straßenstück jährlich 1,50 RM zu leisten habe. Nun hieß es sogar, dass jeder 14-jährige Mann, der selbst in Arbeit und Verdienst stand, Zahlungspflicht habe. Das sahen etliche Rudertinger nicht ein und verweigerten Ruderting die Abgabe. Landrat von Fabris sollte Ruderting den Rücken stärken, doch erst Rudertings Gemeindesekretärin Luise Kurz unterstützte ihn.[4]

Nach dem Tod des Vaters

Die jüngste Schwester Elisabeth Reschauer wurde erst Hausmädchen in der Privat-Klinik Dr. Gilmer in München und entschied sich 1932 für den Eintritt ins Kloster. Sie war im Krankenhaus Schwabing im Orden der Barmherzigen Schwestern. Von den Reschauers heiratete nur Maria und zog 1925 nach Gaißa, Gemeinde Hacklberg. So lebte Kolbeck auf der Böheimmühle mit den Eltern und nach dem Tod der Mutter 1918 mit Vater und Geschwistern Franziska („Fane“), Michael („Michl“), Anna („Nane“) und Josef („Sepp“) in aller Bescheidenheit. Alle waren äußerst genügsam, denn ein kleiner Müller verdiente sehr wenig. Und doch reichte es noch für eine mildtätige Gabe an die Armen. Nane und Fane teilten sich ein Zimmer; Michl und Max hatten jeweils eine Kammer; Sepp schlief im Gang.

Nach dem Tod des Vaters Reschauer im Jahr 1941 entschieden sich die Geschwister für Josef Reschauer als Haushaltungsvorstand, denn Max Reschauer war von morgens bis abends unterwegs und eignete sich nicht für das Tagesgeschäft in der Mühle; er kam über seine Tätigkeiten zu kleinen Bareinnahmen und zahlte Versicherungsbeiträge in die Kranken- und Rentenkasse. Michael Reschauer verdiente ein paar Mark als Uhrmacher und justierte fast hoffnungslose Mechanismen ins rechte Gangwerk. Die Kunden sahen seine Freude nach erfolgreicher Arbeit und meinten, dann würde die Reparatur nicht so viel kosten, weil ja alles unter „Steckenpferd“ fiel – dabei war er auf das Geld angewiesen; er hatte eine Rente von 25 DM, die ihm als Kriegsrente aus dem Ersten Weltkrieg zustand.

Übernahme der Mühle durch den Neffen

Am 30. Dezember 1949 starb plötzlich der Haushaltungsvorstand und Müller Josef Reschauer infolge eines Unglücksfalles. Jetzt standen die Geschwister Reschauer ratlos da. Dabei spielte nicht die Erbschaft, sondern die Versorgung und Verantwortung für die Geschwister eine Rolle. Schließlich hatte nur Maria Reschauer, verheiratete Plöckinger, eine eigene Familie, in der drei Söhne und eine Tochter heranwuchsen. Besonders den Buben Karl und Norbert Plöckinger war die Böheimmühle eine zweite Heimat und nach elterlicher Entscheidung Anstoß zur Berufsfolge „Müller“ geworden. Als nun Anfang 1950 die Übernahme der Böheimmühle anstand, kam nur der 22-jährige Neffe Karl in Frage. Karls eigene Wünsche zählten nicht. Letztlich erklärte er sich auf Bitten seiner Mutter bereit und übernahm Mühle, Landwirtschaft zur Selbstversorgung und die beiden Tanten, inzwischen 57 und 62 Jahre alt. Ab 1. Februar 1950 führte Karl den Betrieb mit der fleißigen Ehefrau Anna aus Südtirol, die er am 30. April 1950 heiratete. Er hielt stets innere Distanz zu seinem Onkel Max Reschauer, der selbst lieber außer Haus seinen Geschäften nachging. Nach dessen Tod war Karl motiviert, die Mühle umzubauen und Teile zu erneuern. Um 1968 wurde die Mühle stillgelegt. Karl arbeitete bei einer Bank und fühlte sich endlich beruflich angekommen.

Reschauer selbst verabschiedete sich ohne erkennbare Leiden rasch vom irdischen Leben und erlag unerwartet einer Herzattacke. Der große Marienverehrer starb am 15. August 1952, dem Feiertag „Mariae Himmelfahrt“.

Im Jahre 1985 widmete die Gemeinde Ruderting „dem Behmejina“ Max Reschauer eine Straße im Zwischenberger Feld II.

Veröffentlichungen und Theorien

Reschauer veröffentlichte ein Heftchen mit seinen Briefen und Gedanken, dem er das Vorwort voran schickte: „Wer das Gute weiß und gibt es nicht bekannt, dem ist es Sünde“ und bat „um lehrreiche Kritik“. Er war ein treuer Helfer und keinesfalls ein Wichtigtuer, der sich gescheit machte, aber nicht gescheit war. Sicher ist, dass Reschauer untadelig und unbestechlich war.

Vielleicht war eine abgewiesene Liebe der Grund, dass Reschauer der Theorie nachhing, die Menschheit möge aussterben. Dieses Anliegen brachte er 1914 in einer Petition an den Reichstag zum Ausdruck. Er forderte, von Staats wegen die Geburten zu beschränken und das Heiraten zu erschweren. Die „Wirtschafts- und Vernunftehen“ galten als sinnvoll, weil das Paar ein landwirtschaftliches Anwesen übernehmen und sich und seine Kinder ernähren könne. Jedoch sollte der Staat die Luxusheiraten der Menschen aus dem „Konsum- oder Zehrstand“ nicht oder kaum zulassen. „Kleine Übel vergehen, große entstehen. Die Wohllust ist vergangen, das Übel ist geblieben.“ Er prophezeite: Aus Übervölkerung entstünden „Landhunger, Machtgelüste und Kriegsverwicklungen“.

Reschauer war Soldat im Ersten Weltkrieg und schrieb eine größere Abhandlung über den Ersten Weltkrieg zum Thema „Kriegsursache – Zwecke und Verhinderung“[5] Seine Theorie besagte, dass sich die Welt nicht vergrößern lasse, sich die Menschen aber vermehrten und mehr Land brauchten, um sich zu ernähren. Somit sei die gegenseitige Menschenvernichtung die Folge. Reschauer begründete das Böse in der Welt: Es wurde eine Jungfrau (Eva) zur Welt gesandt mit einem Gefäß, worin die verbotene Frucht war. Adam aber, der dumme Mensch, wie es deren heute so viele gibt, kostete dieselbe und siehe, es entstanden Menschen, deren es jetzt zu viele wurden. Folglich brachte Übermut Krieg und Krieg brachte Armut, Armut brachte Demut, Demut wieder den Frieden.

1919 hielt Reschauer im Gasthaus Muttenhammer eine politische Wahlrede. Er erklärte Demokratie in Versform und zitierte einen fiktiven künftigen Abgeordneten. Dieser verspricht den Bauern: Weil ihr die armen Schlucker seid und weniger verdient als ein Handwerksbursche, so muss sich euere Situation bessern, dazu braucht ihr mich. Den Städtern wiederum erzählt der künftige Volksvertreter, wie gut es den Bauern ginge, weil diese im Paradiese lebten, aber die in den Städten bedürften der Unterstützung durch seine Politik, die er leisten wolle und könne. Und so wurde der Mann von beiden Seiten gewählt, „und siehe das Chamäleon trug einen riesigen Sieg davon [...] sein Doppelspiel rentiert sich fein, er schiebt jetzt brav Diäten ein“.[6]

Als eine Art „ehrenamtlicher Ausgeher“ oder Gemeindediener war Reschauer unterwegs. Er trug eine Aktentasche mit Riemen von der linken Schulter quer über die Brust und klappte sie auf, um Formulare und den dokumentensicheren Tintenbleistift zu entnehmen. Er notierte alles in Hirn und Herz und ersparte den Bauern manchen Weg in die Gemeinde, weil er für sie Formulare vor Ort ausfüllte. Sein Missionsgebiet war nicht der Stammtisch im Wirtshaus, sondern die Alltagsbegegnung mit der Bevölkerung in Ruderting und in der Region.

1931 befasste sich Max mit der Sozialenzyklika „Quadragesimo anno“ von Papst Pius XI. und schrieb an das Bischöfliche Ordinariat in Passau: „Gestatten Sie mir wenn ich Anschauungen von kirchlicher wie weltlicher Obrigkeit einer Kritik unterziehe.“ Er legte ein 10-Punkte-Programm vor, „wie das menschliche Los verbessert werden kann“. Die entsprechende Rede hielt Max schon am 1. Juni 1930 anlässlich des 61-jährigen Gründungsfestes des Veteranen- und Krieger-Vereins Ruderting.

Im Widerspruch zum politischen Aufruf während der NS-Diktatur, viele Kinder in die Welt zu setzen, blieb Max seinem Aufruf zur Geburtenverhinderung treu. Er schrieb im Herbst 1938 an die deutsche Reichsleitung: „Nehmen Sie die Auslandsdeutschen in das Innenland herein und schränken Sie die Geburten ein.“ Sein Antrag wurde belächelt und verhallte. Lautstärker trug Max nach 1945 seine alte Idee der Geburtenreduzierung vor und resümierte schließlich: Das Leben ist „ohnehin nur ein Traum und Nebel. Liest man das Wort ‚Leben‘ rückwärts, so heißt es nicht anders wie ‚Nebel‘.“

Einzelnachweise

  1. Plan v. 20.01.1906 von Max Reschauer für Georg Jungwirth. StAL, Rep. 164, Verz. 13, Nr. 6281
  2. Gemeinderat v. 11.10.1931 u. v. 08.08.1934
  3. Gemeinderat v. 16.04.1948
  4. Schrb. v. 15.12.1942 v. Landbauamt an d. Landrat. Notiz v. 22.12.1942 v. Landrat. Schrb. v. 07.02.1943 v. 2. Bürgermeister Alois Muttenhammer an das Landratsamt. StAL, Rep. 164, Verz. 13, Nr. 5977
  5. Max Reschauer: Meine Liebesbriefe u. a., 1920, Nachdruck 1950 (S. 10-15)
  6. Max Reschauer: Meine Liebesbriefe u. a., 1920, Nachdruck 1950 (S. 23 ff., 13 u. S. 26 f.)

Literatur