Mittelalterliche Wasserleitung (Deggendorf)
Die Mittelalterliche Wasserleitung in Deggendorf stammt aus dem 15. Jahrhundert.
Inhaltsverzeichnis
Fund
Bei Ausgrabungen am Östlichen Stadtgraben in Deggendorf haben die Archäologen einen bedeutenden Fund gemacht: eine Wasserleitung aus dem Spätmittelalter. Bei der Wasserrinne handelt es sich um eine relativ aufwendige Konstruktion aus Bruchsteinen und Holzrinnen, die im Laufe der Zeit immer wieder erneuert worden sein muss. Das Leitungssystem besitzt Abzweigungen und ein rundes Abscheidebecken. Der steinerne Leitungsbau ist zusätzlich mit Hölzern stabilisiert, wahrscheinlich weil er zwei ältere Gräben direkt überlagert. Das Besondere an dem Fund: Die Archäologen gehen davon aus, dass es sich um eine öffentliche Wasserleitung handelt, also um städtische Infrastruktur. Damit käme dem Fund eine große Bedeutung zu – damals wie heute.
Das Team um Grabungsleiter Marcus Dumler von der Firma Scherbaum in Bamberg hat nicht nur die Steinrinne frei gelegt, sondern auch zwei ältere Gräben an selber Stelle entdeckt. Somit sind aktuell fünf Phasen der öffentlichen Wasserver- und Entsorgung nachweisbar. Während ihrer Nutzung im 15. oder 16. Jahrhundert muss die Wasserleitung immer wieder durch Ablagerungen angefüllt und in der Folge durch die Deggendorfer erneuert worden sein. Mit Hilfe von gut erhaltenen Holzpfosten, die bei den Grabungen ebenfalls zum Vorschein kamen und zum Teil noch unter dem Bruchstein vermutet werden, können die Experten eine genauere Datierung vornehmen, entweder durch die C-14-Methode oder mittels eines „Strichcodes“, der aus den Jahresringen der Holzpfosten gewonnen werden kann.
Bedeutung
Die Infrastruktur mittelalterlicher Städte sei in der Vergangenheit von der Forschung eher vernachlässigt worden, erklärt Dr. Codreanu-Windauer. Dabei war die Wasser-Ver- und Entsorgung bereits im Mittelalter schon aus Hygienegründen eine wichtige kommunale Aufgabe. Funde wie der im Östlichen Stadtgraben sind relativ selten und daher laut Dr. Codreanu-Windauer für ganz Bayern von Bedeutung. Anders als in den Schriftquellen vermerkt, die die erste Wasserleitung Deggendorfs für das Jahr 1599 dokumentieren, deutet der jüngste Fund nach Einschätzung von Stadtarchäologin Dr. Irene Mittermeier darauf hin, dass Deggendorf bereits im 15. Jahrhundert über ein weit reichendes innerstädtisches Wasserleitungsnetz verfügte.
Man hatte bereits bei früheren Grabungen private Hausleitungen aus dem Spätmittelalter gefunden. Eine öffentliche Leitung jedoch, sei eine Entdeckung anderer Dimension. Ist die Leitung ein Hinweis für einen prä-urbanen Kern, eine Ansiedlung vor der mittelalterlichen Stadt? Und was genau führte seinerzeit die Leitung? Nach ersten Erkenntnissen muss es relativ sauberes Wasser, womöglich Oberflächenwasser gewesen sein. Ob es zu dem Wasserbecken am Rande der Grabungsstätte hin oder weg floss, ist noch nicht geklärt.
Siehe auch
Literatur
- Sabine Kain: „Sensationeller Fund am Östlichen Stadtgraben.“ In: Passauer Neue Presse vom 18. Juni 2010 (S. 13)