Neue Herren – Neue Zeiten

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Bei der Ausstellungseröffnung mit dem Pemperlprater.
Eine historische Kamera aus dem Atelier des Passauer Fotografen Alphons Adolph.
Die 15 Meter lange, handgemalte Amerika-Tapete aus dem Salon des Passauer Tabakhändlers Josef Pauer.

Neue Herren – Neue Zeiten (vollständig: Neue Herren – Neue Zeiten. Passau und das 19. Jahrhundert) war eine Sonderausstellung über Passau im 19. Jahrhundert, die seit dem 24. Mai 2014 im Oberhausmuseum Passau zu sehen ist.

Hintergrund

Das Hauptaugenmerk der Ausstellung „Neue Herren – Neue Zeiten“ liegt in erster Linie auf der Entwicklung der Lebensumstände: Sie zeigt den Weg der Stadt Passau in das Zeitalter der Moderne. Die vielen Umbrüche für die Bevölkerung sowie der grundsätzliche Wandel der Verhältnisse waren unter anderem durch bahnbrechende Erfindungen des Transportwesens gekennzeichnet. Die neue Mobilität machte auch einfacheren Schichten das Reisen möglich und war die Geburtsstunde für den Tourismus. Zudem schaffte die Industrialisierung schaffte neue Arbeitsplätze und Gesellschaftsschichten mit Kaufkraft. Das Zeitalter des Konsums brach an, auch in Passau eröffneten die ersten Kaufhäuser. Durch die Schaffung fester Arbeitszeiten veränderte sich auch das Familienleben. Es war der Beginn der „Frei-Zeit“.

Bei der Eröffnung am 23. Mai konnten sich rund 200 prominente Gäste aus allen gesellschaftlichen Bereichen vorab schon einen Eindruck von der Ausstellung verschaffen. Ursprünglich sollte die auch überregional und in Fachkreisen beachtete Ausstellung von 24. Mai bis 15. November 2014 zu sehen sein, wurde dann aber wegen des großen Erfolges mit bis dahin 43.000 Besuchern auch für die Museumssaison 2015 verlängert. Kuratorinnen sind Petra Gruber und Dr. Christiane Sutter.

Themen und Exponate

Auf rund 1.000 m² Ausstellungsfläche erwecken aufwändige Inszenierungen und über 400 Exponate dieses fast vergessenes Kapitel Stadtgeschichte zu neuem Leben. Dabei werden zahlreiche Depotobjekte erstmals gezeigt. Interaktive Stationen, Apps und Hands-on-Objekte machen die Umbruchstimmung der Epoche des 19. Jahrhundert beim Rundgang erlebbar. Die Zeitreise in die Vergangenheit beginnt im Rittersaal mit Schlagzeilen aus dem 19. Jahrhundert, unter anderem dem Untergang der Titanic, der Ermordung Sisis und dem ersten Auto, das durch Passau fuhr.

Im ersten Raum der Ausstellung wird einer der größten Umbrüche in der Passauer Geschichte thematisiert: das Ende des Hochstifts Passau. Napoleon hoch zu Ross ist ein Spitzenstück aus der Passauer Porzellanfabrik; eine Büste Bonapartes ist eine Leihgabe des Historischen Museums in der Pfalz. Fürstbischof Leopold von Thun-Hohenstein (Ölporträt von Joseph Bergler) muss dem neuen Herren, Kurfürst Maximilian IV. Joseph von Bayern und dem späteren König Maximilian I. Joseph von Bayern, weichen. Das Königreich muss sich neu organisieren. Passau wird Hauptstadt des sogenannten Unterdonaukreises. Es sind Exponate zu sehen wie ein Impf- und Ausmusterungsschein, Ortsblätter, Karten und einige Objekte zum neuen aufstrebenden Stand im Staat: den Beamten.

Um architektonische Veränderungen geht es im weiteren Abschnitt der Ausstellung: Gemälde zeigen beispielsweise das Ludwigstor (von Franz Weismann) und die Hängebrücke (von Ferdinand Wagner). Weiteres Thema ist die Erfindung von Fahrrad und Eisenbahn, die mit zahlreichen Modellen und Memorabilia – darunter eine Tasse mit der Kaiserin-Elisabeth-Bahn oder Karten zum Passauer Bahnhof und der Lokalbahn nach Hauzenberg – veranschaulicht wird. Außerdem kann der Besucher in einem nachgebauten Zugabteil Platz nehmen. Auch das Dampfschiff ist eine Erfindung jener Zeit – und für Passau von besonderer Bedeutung. Neben Lithografien und Stahlstichen mit Schiffsmotiven hat auch das Prunkstück der Ausstellung dies zum Thema: Die Panoramatapete „Vue de l’Amerique du Nord“ aus der Elsässer Tapetenfabrik Zuber. Der Passauer Tabakfabrikant Josef Pauer hatte sie sich gegönnt. Das Motiv mit dem Dampfschiff an den Niagara-Fällen und den Touristen dort symbolisiert neben der technischen Entwicklung auch eine gesellschaftliche: Man hatte jetzt „freie Zeit“, die man mit Besichtigungen und in Gesellschaft verbringen wollte. Es wurden zahlreiche Vereine gegründet. Die Ausstellung richtet den Fokus insbesondere auf den Männergesangsverein und zeigt zahlreiche Exponate. Spitzenstück ist ein Deckelpokal von Johann Rint, der aus einem Stück Buchsbaum gefertigt und einer Metallarbeit nachempfunden ist. Er war 1851 ein Geschenk der Linzer Liedertafel an die Passauer Liedertafel. Zu den Lieblingsbeschäftigungen der Passauer gehörte schon damals die Dult; das Freizeitvergnügen wird mit Fotografien von Franz Weismann dokumentiert – und im Burghof steht der berühmte Pemperlprater.

Die Wirtschaftsgeschichte Passaus wird dargestellt anhand von der Entwicklung der Kaufhäuser Grünebaum und Merkur, originell: eine nachgebildete Innendecke aus dem 19. Jahrhundert und eine originale Ladentheke um 1850. Der Besucher erlebt, wie Werbemittel, zum Beispiel Marken, Prospekte, Annoncen vor allem die Damen in die Kaufhäuser lockten und was die Frau von Passau damals gerne kaufte. Die Fotografie hatte mit Alfons Adolph einen Aufschwung in Passau. Die Wirtschaft der Region wird durch ein Bilderpanorama lebendig. Die Porzellanfabrik Lenck, die Sägefabriken Stockbauer und Forchheimer, die Hefefabrik Wieninger, die Granit- und Graphitwerke und die Maschinen.

Das Thema Soldatenwesen und Krieg zieht sich vom 19. ins 20. Jahrhundert bis zum traurigen Jubiläum 100 Jahre Erster Weltkrieg: Da machen die Exponate – Federhelm contra Stahlhelm – deutlich, wie sehr sich das Kriegsgeschehen in der Moderne gewandelt hat.

Literatur

Weblinks