Kaolin

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Östlich von Passau lagen die Vorkommen der begehrten „Passauer Erde“, heute als „Kaolin“ bekannt.

Kaolin (auch Porzellanerde) ist ein feines, eisenfreies, weißes Gestein, das als Hauptbestandteil Kaolinit, ein Verwitterungsprodukt des Feldspats, enthält. Weitere Bestandteile sind verschiedene andere Tonminerale und unzersetzte Feldspatteilchen.

Bis in in das 18. Jahrhundert hinein war „Passauer Erde“ der gebräuchlichere Name für Kaolin.

Gewinnung in Niederbayern

Die Entdeckung der Tauglichkeit der „Passauer weißen Erde“ zur Porzellanherstellung ist vermutlich dem Meißener Überläufer Christoph Konrad Hunger zu verdanken, der die Wiener Fabrik einzurichten half und schon 1718 die „Passauer Erde“ rühmte. Der Bauer Simon Kronawitter vom noch heute vorhandenen Kronawitthof bei Untergriesbach war 1730 bis 1740 einer der ersten, der nach Kaolin zu graben begann.

Zur Zeit der Gründung der Nymphenburger Manufaktur wurde Porzellanerde nur in der Gegend von Passau ausgebeutet. Das erste offiziell bezogene Quantum Erde und andere Materialien für die neue Porzellanfabrik in München lieferte 1747 der Bürger und Hafnermeister Philipp Stallmayer aus Obernzell. Seit Frühjahr 1754 stellte der Wiener Arkanist J. J. Dingler regelmäßig aus Passauererde echtes Porzellan her. Im Juli 1757 reiste der Münchner Fabrikdirektor Härtl im Auftrag des Kurfürsten nach Obernzell und erstand dort und besonders in Lämmersdorf ausgezeichnete Erde zur Herstellung von Porzellan. Im August 1762 suchte auch der berühmte italienische Bildhauer Bustelli Obernzell auf und kaufte hier die besten Erden.

In Wien, Berlin, Ansbach, Fürstenberg, Frankenthal, Zweibrücken, Ludwigsburg, Kassel und Würzburg war die „Passauererd“ geschätzt, und zwar gerade zur Herstellung von hochwertigem Porzellan. Die Kaolingruben waren überwiegend im Gebiet des Hochstifts Passau gelegen. Bayerisches Kaolin etwa aus Kandlbach, Heining, Stubenberg und Deggendorf erwies sich als nicht konkurrenzfähig. Auch bei Neureichenau kam Porzellanerde vor, doch trotz einer positiven Untersuchung über Qualität und Quantität durch Hofkammerrat Wurm unterblieb der Abbau wegen der damit verbundenen Transportprobleme.

Mit dem Frieden von Preßburg am 26. Dezember 1805 fiel das Gebiet des Hochstifts an Bayern. 1805 kaufte die Münchner Manufaktur für 1.675 Gulden 115 Truhen mit etwa 1.200 Zentner Kaolin und deponierte sie im Schloss Obernzell. 1807 waren 134 Arbeiter in 31 Gruben rund um Wegscheid und Obernzell beschäftigt. Im Jahre 1822/1823 wurden in Obernzell 326 Truhen mit 3912 Zentnern amtlich verzeichnet. Lieferorte waren Diendorf, Lämmersdorf, Kronawitthof, Leopoldsdorf, Stollberg, Oberötzdorf, Gotting und Habersdorf. Um 1830 wurde Porzellanerde in etwa 60 Gruben gewonnen.

Da die Bewohner der Gegend das Kaolin kurz „das Weiße“ nannten, hieß der Kronawitthof deshalb bis weit ins 19. Jahrhundert hinein „Zum Weißen“. 1833 fand der Bauer Michael Oberneder vom Kronawitthof auf seinem Besitz im „Sorgfeld“ erneut Porzellanerde und begann sie auszubeuten. Bis 1850 hatte er 116 Truhen (etwa 1.390 Zentner) abgebaut. Besonders ergiebig zeigten sich die Gruben bei Rothenkreuz. Zeitweise förderten die Bauern hier jährlich 160 Truhen mit einem Erlös von 14 bis 16 Gulden.

Die Mineralogen Joseph Waltl und Karl Franz Emil Schafhäutl lieferten sich 1848 eine literarische Debatte über die Herkunft der Passauer Porzellanerde und beschrieben dabei auch ihre damalige Gewinnung. Schafhäutl berichtete, dass „die Gegend durch Porzellanerdegruben ganz durchwühlt ist.“ Die Knechte der Bauern, welche den Frühling und Sommer über zur Feldarbeit verwendet wurden, gruben vom Spätherbst bis Ende März nach Porzellanerde und warfen den Bau wieder zu, wenn das Lager erschöpft war. Ursprünglich gewann man so kaum mehr als 14 Zentner jährlich.

Auf Anweisung des Bergzehentamtes musste der Magistrat des Marktes Obernzell in den Jahren 1851 bis 1853 an drei Sonntagen nach dem Hauptgottesdienst öffentlich verrufen lassen, dass nach kgl. Verordnung der dem Staat zustehende Zehent aus Graphit- und Porzellanerdegewinnung pflichtgemäß beim Rentamt Wegscheid abzuliefern sei. 1866 förderten noch 12 Betriebe zusammen 4.000 Zentner Porzellanerde. 1890 war die Gewinnung kaum mehr nennenswert und hörte schließlich ganz auf.

Literatur

  • Ulrich Pietrusky, Donatus Moosauer: Der Bayerische Wald – im Fluge neu entdeckt, Verlag Morsak Grafenau, 1985, ISBN 3-87553-228-7