Peter Dellefant

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Peter Dellefant (Foto: Irene Raab, um 1980

Der Kunsterzieher und Volksmusikant Peter Florian Dellefant (* 11. Dezember 1938 in München; † 19. Januar 1998 durch Verkehrsunfall auf der B12 bei Kumreut) lebte lange Zeit in Freyung, zuletzt in Passau.

Er wirkte ab 1968 als Kunsterzieher am Gymnasium Freyung. Im Landkreis Freyung-Grafenau war er ehrenamtlich als Heimatpfleger und Musikpfleger tätig[1]. Er trug zum Aufbau des Kunstvereins Wolfstein bei. Bedeutend ist sein Beitrag zur Gründung des Freilichtmuseums Finsterau.
Er war Mitglied des Passauer Viergesangs (1966 bis 1980).

Leben und Wirken

Familie, Kindheit und Jugend[2]

Die Vorfahren väterlicherseits stammen aus Ravascletto in Friaul. Bei der Einbürgerung in Dillingen im 18. Jahrhundert ändern sie den Familiennamen De Infanti in Dellefant. Seit dem frühen 19. Jahrhundert lebt die Familie in München.
Peter Dellefants Urgroßvater Matthias Dellefant (1815 bis 1895) ist Mitglied des Bayerischen Landtags (1855/1856). Der Großvater Max Dellefant (1883 bis 1953) ist Rektor in München, außerdem Kunstmaler. Der Vater Max Dellefant (1907 bis 1983) ist Architekt, während des 2. Weltkriegs ist er als Kriegsmaler eingesetzt, dann ist er Lehrer an der Meisterschule für Kunsthandwerk und freier Künstler.
Die Mutter Margarete Dellefant, geb. Winsauer (1912 bis 1950) hinterlässt Zeichnungen und beachtenswerte kunstgewerbliche Arbeiten.
Mit seinem Bruder Matthias Maria Dellefant (*1940) wird Peter Florian Dellefant während des Krieges nach Fischbachau in Oberbayern evakuiert, in Elbach wird er eingeschult. Nach dem Krieg zieht die Familie nach Augsburg, 1950 wieder nach München. Dort besucht Peter Dellefant das Wittelsbacher Gymnasium.
Von 1958 bis 1966 studiert er in München an der Kunstakademie, außerdem Volkskunde an der Ludwigs-Maximilian-Universität.

Beim Studium der Volkskunde lernt Peter Dellefant seine erste Frau Hildegard Hirsch (* 1939 in Passau, † 2012 in Niederalteich) kennen. Aus der Ehe gehen die Söhne Dominikus (* 1968) und Benedikt (* 1970) hervor. Dellefant wohnte in Freyung, war Lehrer am dortigen Gymnasium und zeitweise auch Stadtrat. 1981 verlegt Peter Dellefant seinen Lebensmittelpunkt nach Passau. Er heiratet 1983 Eva Maria Atzinger (geb. Aigner, * 1947 in Freising). Ihre Kinder Anne-Kathrin (* 1973) und Severin Atzinger (* 1976) verdanken ihm Zuwendung und vielfältige Anregungen.

Volksmusik

Durch Hildegard Hirsch kam Peter Dellefant zum Passauer Volkstanzkreis, zusammen mit Günter Keglmaier und Erhard Standhartinger gründeten sie den Passauer Viergesang. Im Nachlass von Erhard Standhartinger sind 108 öffentliche Auftritte von 1966 bis 1980 vermerkt.

Der Passauer Viergesang 1970 als Gast des Abruzzen-Nationalparks in L’Aquila; v.l.: Günter Keglmaier, Hildegard Dellefant, Peter Dellefant, Erhard Standhartinger (Gitarre), Alois Wegerbauer (Diatonische Harmonika) (Repro von Fotokopie: Volkskulturarchiv des Bezirks Niederbayern)

1970 nahm Regierungspräsident Johann Riederer den Passauer Viergesang zu der Feier der Neuausrichtung (Besucherzentren nach Vorbild des Nationalparks Bayerischer Wald) des Abruzzen-Nationalparks (Parco nazionale d’Abruzzo, Lazio e Molise) nach L’Aquila mit. Niederbayern hatte die Patenschaft übernommen.
Im Oktober 1972 verantwortete Peter Dellefant einen Volksmusikabend in Freyung: „Unter der Leitung von Kreisheimatpfleger Studienrat Peter Dellefant fand in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Rundfunk eine Volksmusikgroßveranstaltung unter dem Motto ‚Bayerischer Dreiklang‘ im großen Speisesaal der Kaserne ‚Am Goldenen Steig‘ in Freyung statt, an der sich Volksmusikgruppen aus Niederbayern und dem benachbarten Österreich beteiligten.“ (Passauer Neue Presse vom 10. Oktober 1972)
Am 23. März 1985 moderierte Peter Dellefant in der Nachfolge von Wugg Retzer (2. Wasserburger Balladensingen 1980) das 3. Wasserburger Balladensingen.
Als Kreismusikpfleger (Freyung-Grafenau) regte er an, sich den tradierten Melodien und Texten des Bayerischen Waldes zu widmen.

Musikalisch wandte sich Peter Dellefant in den 1990er Jahren der Klezmer Musik, dem Swamp Blues aus den Südstaaten der USA und dem Son Cubano zu.[3] Peter Dellefant sammelte Schellackplatten mit frühen Aufnahmen alpenländischer Volksmusik. Die Sammlung befindet sich als Leihgabe des Sohns Dominikus Dellefant im Volkskulturarchiv des Bezirks Niederbayern.

Zur Diskografie siehe Einträge zum Passauer Viergesang auf der Plattform Discogs

Der Bayerische Rundfunk hat mit dem Passauer Viergesang 70 Lieder aufgenommen und greift in seinen Volksmusiksendungen auch heute noch regelmäßig auf viele dieser Aufnahmen zurück.[4]

Heimatpflege

Der beschleunigte Verlust landschaftstypischer ländlicher Bauten auch im Bayerischen Wald ab den 1960er Jahren veranlasste Peter Dellefant, sich als Heimatpfleger für den Erhalt möglichst vieler Baudenkmäler einzusetzen und – nach skandinavischem und norddeutschem Vorbild – auf die Errichtung eines regionalen Freilichtmuseums hinzuwirken. Bei der Konzeption des Freilichtmuseums Finsterau arbeitete er mit Dr. Kilian Kreilinger, Konservator am Bayerischen Nationalmuseum (Abteilung nichtstaatliche Museen) zusammen.[5]

Gedenktafel im Freilichtmuseum Finsterau in der Dorfkapelle aus Schwolgau (Foto: Martin Ortmeier, 2018)

Würdigung Peter Dellefants durch den langjährigen Leiter des Freilichtmuseums Finsterau Dr. Martin Ortmeier in der Sitzung des Zweckverbands Niederbayerische Freilichtmuseen vom 16. März 1998: „Das Freilichtmuseum Finsterau hat (…) einen Mann der ersten Stunde verloren. Peter Dellefant hat sich um das Freilichtmuseum Finsterau unvergängliche Verdienste erworben. Seiner Initiative im Jahr 1969 ist es zu verdanken, dass der Landkreis Wolfstein, später der Landkreis Freyung-Grafenau, sich dem Plan eines Freilichtmuseums in Finsterau zugewandt hat. Ihm ist es gelungen, Mitstreiter für diesen Plan zu gewinnen, und er hat schließlich Landrat Franz Schumertl überzeugt, daß ein solches Museum nicht allein dem Bewahren von Kulturgut der Heimat dient, sondern daß mit diesem Standort Finsterau auch ein wichtiger touristischer Anziehungspunkt geschaffen wird. (…) Wir wollen hier daran erinnern, daß er in der Vorbereitung des Museums stets darauf hingewirkt hat, daß das Museum nicht nur als Freizeitpark mit Häuserkulissen, sondern als Bildungs-, Dokumentations- und Heimatpflegestätte geschaffen wurde. Seit 1979 hat er den Auf- und Ausbau des Museums als Fachbeirat des Zweckverbands aufmerksam begleitet. Museumsträger und Museumsleiter haben durch seinen Tod ein großes Potential an Wissen und Erfahrung verloren, das unersetzlich ist.“[6]

Das Museum hat für Peter Dellefant in der Dorfkapelle aus Schwolgau eine Gedenktafel angebracht. Die Tafel ist, nach einem ikonographischen Konzept des Museumsleiters, ein Werk des Künstlers Theo Scherling. Sie zeigt Motive der Zimmermannsmalerei und die Silhouette einer Bayerwald-Landschaft mit dem prägnanten Rücken des Großen und Kleinen Rachels.
Am 10. Oktober 1984 hat er Museumsleiter Dr. Martin Ortmeier im Rahmen einer Ortsbegehung auf den unbewohnten und verfallenden Tanzer-Hof im Angerdorf Einberg bei Grafenau aufmerksam gemacht. Der Hof wurde schließlich 1989 vom Freilichtmuseum Finsterau dokumentiert und 1990 bis 1994 dorthin transloziert.

In Passau hat Peter Dellefant gemeinsam mit Eva Maria Dellefant ein historisch bedeutsames Altstadthaus beispielhaft renoviert. Dies wurde 1990 mit dem Denkmalpreis der Hypo-Kulturstiftung gewürdigt.

Studienfahrten und Kunst

Mit den Schülerinnen und Schülern der Leistungskurse des Freyunger Gymnasiums unternahm Peter Dellefant Fahrten zu herausragenden Ausstellungsereignissen, u. a. zur documenta (Kunstausstellung für zeitgenössische Kunst) in Kassel. Studienfahrten leitete er auch für den Kunstverein Wolfstein, den er 1984 mit Horst Dieter Geyer gegründet hatte: „Die Architektur, die Bildhauerei und die Malerei spielten die Hauptrolle, aber die Esskultur und die Musik der jeweiligen Regionen waren immer miteingebunden.“ (Eva Maria Dellefant, 2021) Im Jahr 1988, also noch vor der „Samtenen Revolution“ in der Tschechoslowakei führte er eine Reisegruppe nach Südböhmen, u.a. nach Krummau und Budweis. Dass er bei dieser Reise vor dem Horizont der Werke Smetanas und Dvořáks an das in der Volksmusik Böhmens reich gepflegte Dudelsackspiel heranführte, ist bezeichnend für Dellefants weiten Kulturbegriff.
Weitere Fahrten führten u.a. 1990 und 1997 nach Venedig (Biennale), 1991 Dessau (Bauhaus), 1992 Frankfurt (Museumsufer), 1994 Salzburg und Hallein (Das weiße Gold), 1996 nach Würzburg, Volkach und Rothenburg (fränkische Gotik).

1993 war Peter Dellefant in Zusammenarbeit mit u.a. dem oberösterreichischen Beauftragen für kulturelle Auslandsbeziehungen Aldemar Schiffkorn Organisator des 3. Internationalen Bildhauer-Symposiums „Grenzgänger“ in Haidmühle.

Peter Dellefant war auch selbst bildnerisch tätig.

Quellen

  • „Volksmusik und Volksgesang finden immer mehr Freunde. Fast 600 Besucher beim Volksmusikabend im Speisesaal der Freyunger Kaserne.“: Titel. In: Passauer Neue Presse vom 10.10.1972 (S. Seite)
  • Nachrichten zu Familie und Ausbildung, außerdem zu den Aktivitäten in der Volksmusik und im Kunstverein Wolfstein gründen auf Informationen von Eva Maria Dellefant vom 22. Mai 2021.
  • Zum Passauer Viergesang gab Veronika Keglmaier, Dipl.-Kulturwirtin Univ. 2021 Auskunft (Identifikation der Personen auf dem Repro des Lichtbildes).

Anmerkungen

  1. „… von 1970–1995 Heimatpfleger im Landkreis Freyung-Grafenau für den Bereich Volksmusik und Mundartpflege“ (Schönere Heimat. Erbe und Auftrag, 87. Jg., 1998, Heft 1, S. 40)
  2. Mitteilungen von Eva Maria Dellefant vom 22. Mai 2021
  3. Mitteilungen von Eva Maria Dellefant vom 22. Mai 2021
  4. Auskunft Veronika Keglmaier vom 12. Juli 2021
  5. Gemeinsam drängten Peter Dellefant und Dr. Kilian Kreilinger auf eine vorrangig volkskundlich fachliche vor einer touristischen Ausrichtung des Museums und sie stellten sich im Fachbeirat des Museumsträgers gegen die zunächst angestrebte populäre Besetzung der Leitung. 1980 beriet er den ersten Leiter des Freilichtmuseums Dr. Georg Baumgartner bei der ganzheitlichen Ausstattung des Kappl-Hofs.
  6. Archiv des Freilichtmuseums Finsterau, Az. F 5.5.6 und F 1.3.2