Pfarrei Ruderting

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Die Pfarrei Ruderting ist eine katholische Pfarrgemeinde im Dekanat Hauzenberg. Sie bildet mit der Pfarrei Neukirchen vorm Wald den Pfarrverband Neukirchen-Ruderting. Pfarrkirche ist die 1922 erbaute Kirche St. Josef.

Geschichte

Expositus Paul Hohensinn (1923/24)

Ruderting war zuerst eine Filiale der Pfarrei Tiefenbach. Doch der sichtbare Erfolg des Kirchbaus als Schulmesskirche und des Friedhofs Ende April 1923 spornte die Rudertinger an, die vom Bischof genehmigten werktäglichen Schulmessen auch auf Gottesdienste an Sonn- und Feiertagen auszudehnen und letztlich einen eigenen Geistlichen nach Ruderting zu holen. Tatsächlich wurde zum 1. August 1923 mit Paul Hohensinn der erste Seelsorger ernannt. Er gewann junge Erwachsene zum Theaterspielen und erreichte eine neue Form fröhlicher Gemeinschaft.

Die Eigenständigkeit der Expositur zeigte sich unter anderem am 2. Mai 1924, als 22 Rudertinger Jungfrauen von der Tiefenbacher Jungfrauenkongregation zur Expositur wechselten. Schon im Oktober 1923 hatten die Einwohner von Trautenberg und Tauschberg die Umpfarrung von Neukirchen vorm Wald nach Ruderting beantragt und vom Bischöflichen Ordinariat gewährt bekommen. Diese waren erst im Jahre 1843 mit dem Einzelhof Fillasöd und dem Dorf Sittenberg vom Passauer Bischof Heinrich von Hofstätter aus der Stammpfarrei Tiefenbach in die Pfarrei Neukirchen vorm Wald umgesprengelt worden; Fillasöd und drei Familien aus Sittenberg kamen später zur Rudertinger Pfarrei.

Expositus Paul Hohensinn erkrankte jedoch schon wenig später an einer schweren Grippe und starb unerwartet am 1. Juni 1924.

Expositus Franz Sales Asen (1924-1927)

Am 20. Juni 1924 trat mit Franz Sales Asen (* 14. Januar 1886 in Vilshofen), zuvor Kooperator in Pleinting, der zweite Expositus seinen Dienst in Ruderting an. Asen war ein aufmerksamer und geschäftstüchtiger Rechner, der den Darlehenskassen-Verein DKV (Vorläufer der Raiffeisenbank) führte und die verschuldete Pfarrei sanieren wollte. Erbarmungslos notierte er die Fakten: „Die Kirche schaut her wie ein Lagerhaus oder Turnhalle. Kein Pflaster in der Kirche. Notaltäre, vom Zimmermann notdürftig zusammengefügt, eine Kanzel, die der Zimmermann verfertigt, keine Empore“. Den Pfarrhof beschrieb er dramatisch: „Das Expositurhaus unten noch ohne Verputz“, alles in allem: „Arbeit über Arbeit. Sofort wurde mit dem Bau der Stallung und Scheune begonnen.“ Er kaufte im Frühjahr 1926 neben dem Pfarrhof zwei Tagwerk Grund für 2.000 Mark und ließ die fehlenden Nebengebäude errichten, bei deren Bau die Rudertinger wiederum viele freiwillige Arbeitsstunden einbrachten.

Am 1. Oktober 1927 wurde die junge Kirche als Sankt-Josef-Kirche konsekriert. Das Fest war für die Rudertinger ein unbeschreiblich emotionales Ereignis. Asen blieb bis zum 11. Mai 1928 Expositus in Ruderting.

Expositi Pauli und Siglmüller (1928-1937)

Rudertings dritter Expositus war Georg Pauli (* 6. April 1886 in Waldkirchen; † 9. Dezember 1939), der zuvor Pfarrer in Margarethenberg war. Er war ab 11. Mai 1928 im Dorf und wurde bereits nach einem Jahr wieder abberufen. Er tauschte die Stelle mit dem Expositus von Nonnberg und lobte die Rudertinger im Nachhinein: „Nach den späteren Erfahrungen von Nonnberg kann ich die Leistungswilligkeit der Rudertinger heute nur bewundern, die über 2.000 Mark im Jahr meiner Tätigkeit für ihre Kirche leisteten.“

Der vierte Expositus Matthias Siglmüller setzte in Ruderting vom 1. Mai 1929 bis 30. September 1937 markante Zeichen. Er ist noch heute bei den ältesten Bewohnern Rudertings als gefürchteter Katechet präsent. Für ihn war die körperliche Züchtigung das beste Erziehungsmittel, dem seinerzeit niemand Einhalt gebot. Jedoch wurde Expositus Siglmüller auch gelobt, weil er während der NS-Zeit Rückgrat bewies und sich für Ruderting insgesamt vorbildlich einbrachte. Allerdings wurde Siglmüller in einer Nacht- und Nebelaktion nach Ringelai versetzt, sodass am darauf folgenden Sonntag die heilige Messe ausfiel, weil kein Ersatz organisiert worden war – damals ein unglaublicher Vorgang.

Expositus Wilhelm Kumpfmüller (1937-1942)

Die Expositur Ruderting blieb bis 16. Oktober 1937 vakant und fand in ihrem neuen Expositus Wilhelm Kumpfmüller einen Geistlichen, der nicht gegensätzlicher zu seinem Vorgänger hätte sein können. Was ihn in Ruderting erwartete, konnte er der Statistik von 1933 aus dem Handbuch des Bistums Passau entnehmen: 687 Katholiken und fünf A[lt]katholiken; 6 kirchliche Vereine; Kirche St. Josef, Neubarock mit Stuckflachdecke, Fenstergemälde und gemalte Bullaugen, 1922 erbaut, 1924 erweitert, 1930 restauriert und fertig gestellt, geräumig, hell; Pfarrhaus im Erdgeschoss etwas feucht, von sieben Zimmern sind sechs heizbar, elektrisches Licht kommt von der Fabrik Z & M, Pumpbrunnen im Hof. Zugehörig sind 3,75 Tagwerk Äcker, 1,77 Tagwerk Wiesen, 0,08 Tagwerk Gebäude, 0,10 Tagwerk Garten, Summa 5,70 Tagwerk, Bonität 6/10.

Wilhelm Kumpfmüller war ein vorbildlicher Mensch und Priester, der gerade in den schwierigen politischen Zeiten die Kirche als religiösen Treffpunkt glaubwürdig machte. Vom 23. April bis 30. April 1939 fand in Ruderting eine Volksmission statt, die von drei Redemptoristenpatres gestaltet wurde. Wilhelm Kumpfmüller wirkte bis 16. August 1942 segensreich in Ruderting.

Expositus Johann Bauer (1942-1946)

Sechster Expositus wurde ab 16. August 1942 dann Johann Bauer. Bauer war sehbehindert, unterrichtete ungern und lehnte Kontakt zur Bevölkerung ab. Er hielt sich abseits und distanziert, war in jeglicher Hinsicht unauffällig und hinterließ kaum Erinnerung in Ruderting. Die Rudertinger wollten die religiöse Bindung stärken und stellten mit Erlaubnis des Bischofs die Seelsorgsgemeinde am 16. Mai 1943 unter den besonderen Schutz der Muttergottes. Die Rudertinger trennten zwischen kirchlichen und politischen Aktionen und sahen die Religionsausübung als ureigenste, unantastbare Privatsache an. In Ruderting gab es während der NS-Zeit zwei Kirchenaustritte, die aber keinen politischen Hintergrund hatten. Die beiden Katholiken traten zum protestantischen Glauben über, weil sie dort mit dem Segen der evangelischen Kirche eine zweite christliche Ehe eingehen konnten. Die Rudertinger Ortsgeschichte verdankt Expositus Bauer die Beschreibung der letzten Kriegstage in Ruderting. Dagegen verwundert sein Seelsorgsbericht vom 15. August 1945 an das Bischöfliche Ordinariat, der entgegen allen anderen Aussagen Negatives zu Rudertinger Lehrkräften enthält und persönliche Animositäten vermuten lässt.

Seit Kriegsbeginn am 1. September 1939 rückten die Menschen in ihrer Sorge und Trauer im Gebet noch enger zusammen. Die staatliche Diktatur machte nicht vor Eigentumsrechten Halt und brachte die Beschlagnahmung der drei Kirchenglocken, die am 14. Januar 1942 abgeholt wurden. In Ruderting kam die kleine Hausglocke, inzwischen als Sterbeglocke genutzt, wieder zum täglichen Einsatz.

Expositus bzw. Pfarrer Franz Matschl (1946-1969)

Nach dem Krieg übernahm im Juli 1946 mit Franz Matschl der siebte Expositus die Seelsorge in Ruderting. Er reihte sich in die Riege „schlagkräftiger“ Erzieher ein. 1946 hatte er in der Expositurgemeinde Ruderting 1.144 Seelen zu betreuen. 104 Protestanten hatten die Gelegenheit, sich alle zwei Wochen in der Rudertinger Kirche einzufinden.

Nach der Währungsreform von 1948 sammelten die Rudertinger die neuen Münzen und Scheine der D-Mark-Währung und kauften drei Glocken von der Glockengießerei Rudolf Perner in Passau. Am 26. November 1949 wurden sie heimgeholt und vor der Kirche von Dompropst Franz Seraph Riemer geweiht. Ruderting wuchs kontinuierlich, weil die expandierende Fleisch- und Wurstwarenfabrik Zitzlsberger & Muttenhammer Arbeitskräfte ins Dorf lockte. 1950 wohnten in der gesamten politischen Gemeinde Ruderting 1.610 Personen in 195 Wohngebäuden, von denen 1.160 Katholiken dem Rudertinger Expositursprengel angehörten.

Längst war der Bau eines Leichenhauses ein Thema in Ruderting. Alteingesessene wiesen den Gedanken, dass ein verstorbenes Mitglied der Gemeinschaft alleine in der Leichenhalle liegen sollte, strikt von sich. Sowohl die Unentschlossenheit, mit der Tradition zu brechen als auch Finanzierung und freiwillige Arbeitsleistung zu sichern, führten über Jahre hinweg zu keiner Entscheidung für den Bau des Leichenhauses. Im März 1947 beschloss Rudertings Gemeinderat den Bau eines Leichenhauses, 1953 wurde es auf Kirchengrund gebaut.

Die Expositur war so groß geworden, dass sie 1956 die Ablösung von Tiefenbach und die eigenständige Pfarrei Ruderting rechtfertigte. Am 13. Februar 1957 wurde Expositus Franz Matschl erster Pfarrer von Ruderting. 1958 zählte die Pfarrei 1.058 Katholiken und 91 andere Christen. Von den Pfarrangehörigen waren etwa 25 % Bauern, 8 % Handwerker, 38 % Arbeiter, 5 % Beamte, 6 % Angestellte. 18 % Rentner, 26 % Heimatvertriebene. 1964 ließen sich nach langen Debatten vier Familien von Dettenbachhof und drei Familien von Sittenberg nach Ruderting „umpfarren“. Pfarrer Franz Matschl trat zum 1. Januar 1970 in den Ruhestand.

Pfarrer Josef Liebl (1970-1995)

Der achte Ortsgeistliche und zweite Ortspfarrer wurde 1970 der Priester Josef Liebl. Nicht zuletzt durch die Unterstützung von Monsignore Johann Baptist Burreiner ließen sich Pfarrer Liebls Kräfte für dringende Baumaßnahmen an der Rudertinger Kirche frei setzen, die nicht nur wegen der Anforderungen durch das Zweite Vatikanische Konzil notwendig wurden.

Im Rahmen einer Gebietsmission in Passau-Land vom 6. November bis 21. November 1971 füllte sich auch werktags der Kirchenraum. Zum 50-jährigen Bestehen der Seelsorgestelle Ruderting erinnerte die Statistik an das Wachstum der katholischen Kirchengemeinde: Im Jahr 1922 lebten hier 550, am 1. Dezember 1956 bereits 1.097 und am 19. Mai 1974 schon 1.721 Katholiken in der Pfarrei. In 50 Jahren gab es 401 Trauungen, 1.198 Geburten und 623 Sterbefälle, darunter waren 33 Gefallene.

Ende 1972 wohnten genau 2.000 Menschen in der Gemeinde. Die Gemeinde baute im Erlenweg einen Kindergarten und stellte ihn unter die Trägerschaft der Caritas. Am 29. Juli 1979 erhielt die Kirche Sankt Josef zu Ruderting eine vierte große Glocke, bei der das Z & M-Fabrikanten-Ehepaar Ignaz und Elisabeth Muttenhammer 25.000 DM der Kosten übernahm. Die Kirchenglocken läuten täglich um 6 Uhr den Tag ein, erinnern mittags um 12 Uhr mit dem „Angelus-Ruf“ an das Gebet „Engel des Herrn“ und rufen abends zu jahreszeitlich unterschiedlichen Zeiten zum Abendgebet. Ansonsten verkünden sie den Zeitverlauf viertelstündig mit einem, mit zwei, drei und vier Schlägen und der Anzahl der vollen Stunden.

Seit 1. Juli 1987 wohnt der Geistliche Otto Schwankl in Ruderting, Emeritus an der Katholisch-Theologischen Fakultät Passau, der bis heute in der Seelsorge in Ruderting, Haselbach und Kirchberg vorm Wald mitarbeitet.

Im Herbst 1990 zählte die Pfarrei Ruderting 2.190 Katholiken. 5 % der Erwerbstätigen waren in der Landwirtschaft, 25 % waren Arbeitnehmer in der Industrie, 55 % gehörten dem Handwerk und Dienstleistungsgewerbe an, 15 % waren Beamte und Angestellte. Der sonntägliche Gottesdienstbesuch lag 1990 bei 26 %.

Josef Liebl wurde am 19. Juli 1995 als Pfarrer verabschiedet und konnte seinem Nachfolger eine finanziell geordnete und seelsorglich gut betreute Pfarrei übergeben. 2002 wurde ihm die Ehrenbürgerwürde der Gemeinde Ruderting verliehen.

Pfarrer Krell und Tiefenbrunner (seit 1995)

Der neunte Geistliche in Ruderting war Markus Krell, 1963 in Deggendorf geboren, am 1. Juli 1989 zum Priester geweiht, von 1. September 1995 bis 1. September 2006 Pfarrer von Ruderting. Auf ihn wartete als erste Baumaßnahme die Renovierung des Kindergartens St. Josef, als geistliches Anliegen wandte er sich der neuen pastoralen Orientierung „Wir sind Kirche“ zu. Pfarrer Markus Krell wechselte am 24. September 2006 zum Pfarrverband Röhrnbach.

Der zehnte Rudertinger Ortsgeistliche wurde Pfarrer Bernhard Tiefenbrunner, 1963 geboren und schon seit September 1997 als Pfarrer von Neukirchen vorm Wald tätig, trug er ab 30. September 2006 im Pfarrverband Neukirchen-Ruderting auch als Pfarrer von Ruderting Verantwortung. Erstmals sind alle katholischen Gemeindebürger Rudertings einem Pfarrer als sog. „Pfarrkinder“ oder als „Seelen“ zugeteilt.

Anfang 2007 lebten insgesamt 2.945 Katholiken (1.419 männliche und 1.526 weibliche) in der Gemeinde; davon gehörten 263 Personen aus Trasham (121 männliche und 142 weibliche) und 57 Personen aus Sittenberg (29 männliche und 28 weibliche) der Pfarrei Neukirchen vorm Wald an. Interessant sind weitere Religionszugehörigkeiten am 02.01.2007: altkatholisch: 1; evangelisch freikirchlich: 4; evangelisch: 161; griechisch-orthodox: 3; öffentlich rechtlich: 4; ungeklärt: 30; sonstige: 246; Weltreligionen: 7.

Pfarrkirche

Die neubarocke Pfarrkirche St. Josef wurde 1922 erbaut und neubarock sowie modern ausgestattet.

Kontakt

Pfarrei Ruderting
Passauer Straße 1
94161 Ruderting

Telefon: +49 8509 934-269; in Notfällen: +49 171 4040804
Telefax: +49 8509 934-270

E-Mail: pfarramt.ruderting@bistum-passau.de
Web: www.pfarrei-ruderting.de

Siehe auch

Literatur