Reiner Kunze

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Reiner Kunze. (Foto: Schwarz)

Reiner Kunze (* 16. August 1933 in Oelsnitz im Erzgebirge) ist ein deutscher Schriftsteller. Er lebt seit 1992 am Sonnenhang in Erlau im Landkreis Passau.

Leben und Wirken

Kunze wird am 16. August 1933 in Oelsnitz im Erzgebirge geboren. Er stammt aus einer Arbeiterfamilie. Der Vater und auch schon Großvater haben unter Tage im Steinkohlebergbau gearbeitet. Parteileute setzten sich dafür ein, dass Reiner Kunze von 1951 bis 1955 Philosophie und Journalistik an der Universität Leipzig studieren kann. Von 1955 bis 1959 ist er dort wissenschaftlicher Assistent mit Lehrauftrag; diese Arbeit muss er allerdings aus politischen Gründen abbrechen. Von da an arbeitet er als Hilfsschlosser. Nachdem er dies aber nicht mit bedingungsloser Gläubigkeit vergilt, lernte er die brutale Härte des Staatsapparates kennen. Spätestens als Kunze aus Protest gegen die Niederschlagung des Prager Frühlings sein SED-Parteibuch zurückgibt, gilt er den DDR-Oberen als Staatsfeind. 1961 lernt Kunze die Ärztin Elisabeth Littnerova kennen, die er später heiraten sollte. Kunze arbeitet zu der Zeit als freiberuflicher Schriftsteller und lebt in Greiz in Thüringen.

Nach zahlreichen Schikanen, Publikationsverbot, einem gesundheitlichen Zusammenbruch aufgrund fortgesetzter Bedrohung und 1976 dem Ausschluss aus dem Schriftstellerverband der DDR, verlässt der Dichter 1977 mit seiner Frau Elisabeth und der Tochter Marcela die DDR. 1988 und 1989 arbeitet Kunze als Gastdozent für Poetik an den Universitäten München und Würzburg. 1990, nach der Wende, kehrt er nocheinmal nach Greiz zurück, allerdings nur um sich öffentlich zu entschuldigen. Im gleichen Jahr erhält Kunze – als einer der ersten DDR-Bürger – Einblick in seine Stasi-Akten.

Eine neue Heimat fand Kunze 1992 in Erlau bei Passau. Dem Donautal hat er zahlreiche seiner Gedichte gewidmet, ebenso wie dem nahen Passau:

„Der dom ein / kreuzmastsegel, an dem, matrosen gleich, steinmetze klettern // Der schlot des Peschlbräus zeigt rauch, die kessel / stehen unter dampf // In dreier flüsse wasser zielt der bug, ein schiff das / seenot kennt“.

1996 kritisiert Kunze offen die Rechtschreibreform und unterzeichnet die Frankfurter Erklärung zur Rechtschreibreform und 2004 den Frankfurter Appell. 2006 gründet er die Reiner-und-Elisabeth-Kunze-Stiftung.

Seine Gedichte reduziert er auf die letztmögliche Lakonie. Kunze steht auf dem Standpunkt, dass alles Geschriebene warten kann. Wenn er selbst aber lange genug gewartet hat, und er seine Wörter gewartet hat, dann lässt er Verse aus seiner Feder, die von nachhaltiger Dauer sind. Zu Kunzes bekanntesten Werken gehören „Die wunderbaren Jahre“, Gedichtsammlungen und Kinderbücher wie „Der Löwe Leopold“. Auszüge aus der über ihn geführten Stasi-Akte veröffentlichte er in der Dokumentation „Deckname Lyrik“. Seine Werke werden in über dreißig Sprachen übersetzt.

Werke (Auswahl)

  • sensible wege. Gedichte, 1969
  • Der Löwe Leopold. Fast Märchen, fast Geschichten, 1970
  • zimmerlautstärke. Gedichte, 1972
  • brief mit blauem siegel. Gedichtauswahl, 1973
  • Die wunderbaren Jahre. Prosa, 1976
  • Das Kätzchen. Verse für Kinder mit Illustrationen von Horst Sauerbruch, 1979
  • auf eigene hoffnung. Gedichte, 1981
  • eines jeden einziges leben. Gedichte, 1986
  • Das weiße Gedicht. Essays, 1989
  • Deckname „Lyrik“. Dokumentation, 1990
  • Wohin der Schlaf sich schlafen legt. Gedichte für Kinder. Mit Illustrationen von Karel Franta, 1991
  • Am Sonnenhang. Tagebuch eines Jahres, 1993
  • Wo Freiheit ist . . . Gespräche 1977-1993, 1994
  • Steine und Lieder. Namibische Notizen und Fotos, 1996
  • Der Dichter Jan Skácel. Porträt, 1996
  • ein tag auf dieser erde. Gedichte, 1998
  • Der Kuß der Koi. Prosa und Fotos, 2002
  • Die Aura der Wörter. Denkschrift, 2002
  • Reiner Kunze und Mireille Gansel: Die Chausseen der Dichter, 2004
  • Bleibt nur die eigne Stirn. Ausgewählte Reden, 2005
  • lindennacht. Gedichte, 2007
  • Mensch im Wort. Interview, 2008
  • Die Sprache, die die Sprache spricht. Rede, 2009
  • Was macht die Biene auf dem Meer? Gedichte für Kinder, 2011
  • Wenn wieder eine Wende kommt. Vortrag, 2011

Auszeichnungen

  • Übersetzerpreis des Tschechoslowakischen Schriftstellerverbandes (1968)
  • Deutscher Jugendbuchpreis (1971)
  • Großer Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste (1973)
  • Mölle-Literatur-Preis (1973)
  • Georg-Büchner-Preis (1977)
  • Andreas-Gryphius-Preis (1977)
  • Georg-Trakl-Preis für Lyrik (1977)
  • Bayerischer Filmpreis für das Drehbuch zum Film Die wunderbaren Jahre (1979)
  • Geschwister-Scholl-Preis für Auf eigene Hoffnung (1981)
  • Eichendorff-Literaturpreis (1984)
  • Bundesverdienstkreuz 1. Klasse (1984)
  • Bayerischer Verdienstorden (1988)
  • Ehrendoktor der Technischen Universität Dresden (1993)
  • Großes Bundesverdienstkreuz (1993)
  • Kulturpreis der deutschen Freimaurer (1993)
  • Ehrenbürgerschaft der Stadt Greiz (1995)
  • Weilheimer Literaturpreis (1997)
  • Friedrich-Hölderlin-Preis der Stadt Bad Homburg (1999)
  • Christian-Ferber-Ehrengabe der Deutschen Schillerstiftung (2000)
  • Hans-Sahl-Preis (2001)
  • Bayerischer Maximiliansorden für Wissenschaft und Kunst (2001)
  • Kunstpreis zur deutsch-tschechischen Verständigung (2002)
  • Sprachwahrer des Jahres der Deutschen Sprachwelt (2002)
  • Ján-Smrek-Preis (2003)
  • Ehrenbürgerschaft der Stadt Oelsnitz/Erzgebirge (2003)
  • Preis der Schweizer Stiftung für Abendländische Besinnung (2004)
  • Premia Bohemica (2004)
  • Ehrengast des Heinrich-Heine-Hauses Lüneburg (2006)
  • Ehrenmitglied der Neuen Fruchtbringenden Gesellschaft (2007)
  • Thüringer Verdienstorden für sein Lebenswerk (2008)
  • Thüringer Literaturpreis (2009)
  • Memminger Freiheitspreis 1525 (2009)
  • Ehrenbürgerschaft des Marktes Obernzell (2011)
  • Sächsischer Verdienstorden (2012)
  • Franz-Josef-Strauß-Preis (2015)

Zu seinen Ehren stiftete Kunzes Vaterstadt Oelsnitz einen Reiner-Kunze-Preis, der 2007 erstmals verliehen wurde.

Literatur

Weblinks