Ringstraße (Passau)

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Die Kreuzung der Ringstraße mit der Augustinerstraße. (Foto: Geisler)

Die Ringstraße (offizieller Straßenname: Kleiner Exerzierplatz) ist eine Straße im Zentrum von Passau. Sie beginnt an der Dr.-Hans-Kapfinger-Straße und führt östlich um den Exerzierplatz herum bis sie schließlich an der ehemaligen Einmündung der Heuwieserstraße (heute Parkhaus-Einfahrt) ins Lupingäßchen übergeht. Für die Parkplätze an der Ringstraße gilt zum Teil die Semmeltaste.

Bekannt wurde die Kreuzung Ringstraße/Augustinergasse, weil es hier im Zuge des Verkehrskonzepts Neue Mitte seit 10. November 2005 verboten war geradeaus zu fahren – so sollte der Durchgangsverkehr aus der Stadt gehalten werden. Im Kommunalwahlkampf 2008 versprach der heutige Oberbürgermeister Jürgen Dupper für den Fall seines Wahlsiegs die Ringstraße wieder zu öffnen. Am 18. Februar 2009, drei Jahre und drei Monate nach der Schließung, kam er dem Versprechen nach, und die Ringstraße wurde probeweise geöffnet.

Durchfahrverbot

Ausgangssituation

Bei der Kreuzung Augustinergasse/Ringstraße dürfen nur Busse geradeaus fahren. Autofahrer müssen entweder – je nach Richtung – nach links oder nach rechts in die Augustinergasse abbiegen. Eine Regelung, die zwar unter den Passauern sehr umstritten und wenig beliebt ist, aber pro Tag die Einfahrt von 20.000 PKW in die Innenstadt verhindert und so die Anwohner erheblich entlastet. Außerdem wird so ein strenger Luftreinhalteplan (LRP) erfüllt: 2005 war hier der Grenzwert noch 40 mal überschritten worden (bei 35 erlaubten Überschreitungen), im Jahr 2007 nur noch 19 mal.

Grundlage der Sperrung der Ringstraße war das Konzept zur Passauer Neuen Mitte, das den Verkehr, der sein Ziel nicht in der Innenstadt hat sondern sie durchfahren will, konsequent ums Zentrum herumführen soll. Es sorgte nicht nur für eine Reduzierung um 9.500 Fahrzeuge pro Tag im Zentrum, sondern nach den Messungen der tatsächlichen Verkehrsmenge sogar zu einer Reduzierung um 16.500 Fahrzeuge im Vergleich zu vor der Einführung der neuen Verkehrsregelung.

Die Ringstraße wurde zu einem der beherrschenden Themen der Stadtratswahl 2008. Jürgen Dupper, OB-Kandidat der SPD, versprach seinen Wählern: „wenn ich Oberbürgermeister bin, dann werde ich das Durchfahrtsverbot wieder aufheben.“ Sein Kontrahent, Amtsinhaber Albert Zankl, stellte hierzu jedoch klar, dass dies aufgrund des rechtsverbindlichen Lufreinhalteplans gar nicht möglich sei. Dieser ist für die Stadt Passau absolut bindend, was die Regierung von Niederbayern erst jüngst in einem Brief bekräftigte. Wörtlich hieß es dazu in dem Brief: „Maßnahmen die in einem LRP zur Reduzierung der Luftbelastung genannt sind, können nicht durch einen Stadtratsbeschluss außer Kraft gesetzt werden!“ (Zitat: AS)
Allerdings hätte Dupper genau dies vor, meint Zankl. Würde der Stadtrat die Öffnung der Ringstraße beschließen, wäre dies rechtswidrig und würde von der Regierung von Niederbayern sofort wieder rückgängig gemacht werden. Albert Zankl sieht hierin vorsätzliche Wählertäuschung, weil Dupper ein Wahlversprechen abgibt, das er nicht halten könne.

Die Stadträte Max Stadler und Heinz-Peter Höber haben in der Folge einen Mittelweg zwischen beiden Seiten vorgeschlagen. Sie sind der Auffassung, dass weder die Ankündigung einer Ringstraßenöffnung sachgerecht sei, noch die Auffassung, man könne gar nichts tun. Sie sprechen sich daher für eine zeitlich befristete, probeweise Öffnung der Ringstraße zum richtigen Zeitpunkt – nämlich nach der Fertigstellung der Stadtgalerie Passau im Herbst – aus. Gegen eine befristete Öffnung zur Probe könne auch die Regierung von Niederbayern nicht in dem Maße vorgehen, wie sie es gegen eine dauerhafte Öffnung könnte und würde.

Eine probeweise Öffnung der Ringstraße wurde mehrfach vom Stadtrat abgelehnt, zuletzt am 23. Juli 2007 mit 24:16 Stimmen.

Die Anwohner im Stadtteil St. Anton klagten über zunehmenden Schleichverkehr durch ihr Wohngebiet. Viele Autofahrer wendeten direkt vor dem Finanzamt.

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Am 18. Februar 2009 wurden die alten Schilder abmontiert. (Foto: Köhler)

Ablauf der (Wieder-) Öffnung

Erst am 27. Mai 2008, also schon mit dem neuen Stadtrat unter Oberbürgermeister Jürgen Dupper, hat der Verkehrsausschuss entschieden, die Ringstraße „frühestmöglich“ probeweise zu öffnen. Das könnte schon im Juli sein, aber allein das neue Programmieren der Ampelschaltungen dürfte bis zu zwei Monate dauern. Größte offene Frage blieb jedoch weiterhin, ob sich die Öffnung mit dem Luftreinhalteplan würde vereinbaren lassen.

Auf Anfrage Duppers hat im Juli dann sogar CSU-Kreisvorsitzender Gerhard Waschler signalisiert, dass er in Sachen Ringstraßen-Öffnung einer Meinung mit dem Stadtoberhaupt sei. In der Zwischenzeit hatte auch die Stadtverwaltung Passau auch alle technischen Voraussetzungen (d.h. die neu entwickelten Ampelsignal-Programme) vorbereitet. Diese könnten auch binnen zwei Tagen aktiviert werden.

Nach Zählungen hatten sich zuletzt 1.600 Autofahrer pro Tag nicht an das geltende Geradeausfahr-Verbot gehalten.

Am Abend des 10. Februar 2009 stimmte der Stadtrat einstimmig für die probeweise Öffnung der Ringstraße ab sofort. Eine Woche später nach Ablauf der vorgeschriebenen Wochenfrist zwischen Beschluss und Umsetzung kann die Öffnung vollzogen werden. Gemeinsam mit einer Öffnung der Ringstraße wurde auch das Rechtsabbiege-Verbot von der Nikola- in die Innstraße am Karolinenplatz aufgehoben.

Problem: der Luftreinhalteplan

Die höchst erwartete Zunahme der Feinstaub- sowie der Stickoxydbelastung liegt, sollte man die Ringstraße öffnen, laut dem Landesamt für Umweltschutz in Augsburg bei bis zu 10 bzw. 13 Prozent. Man würde also vor allem beim Feinstaub vereinzelt eine Überschreitung des Grenzwerts erreichen.

Das Bayerische Umweltministerium erklärte gegen Mitte Oktober 2008, der Stadt keine Steine bei der Öffnung der Ringstraße in den Weg legen zu wollen, sofern diese glaubhaft nachweisen kann, dass sich die Feinstaubbelastung dadurch nicht erhöht. Sollte dies doch der Fall sein, müsse die erhöhte Belastung durch andere Maßnahmen wieder ausgeglichen werden. Im Oktober 2008 erhielt die Stadt Passau vom Bayerischen Landesamt für Umweltschutz (LfU) Auflagen zur Reduzierung der Feinstaubbelastung, die die Stadt erfüllte. Die rechneten Werte ermöglichten eine Öffnung der Ringstraße.

Mitte Januar 2009 traf sich eine vierköpfige Rathaus-Delegation mit Beamten des Bayerischen Umweltministeriums in München. Da wurde ein neues Problem bekannt: Die Stickoxydbelastung in der Neuen Mitte. Stickoxyde sind Verbindungen aus Sauerstoff und Stickstoff, die nach Verbrennungen in Motoren über Abgase freigesetzt werden und in erhöhter Konzentration zu Reizungen von Schleimhäuten, Augen und Nase führen können. Nach Berechnungen des LfU werden die zulässigen Grenzwerte schon vor der Öffnung der Ringstraße an zwei Stellen in der Passauer Innenstadt überschritten, in der Frauengasse und in der Nikolastaße zwischen Ludwigsplatz und Tankstelle. Deshalb wird die probeweise Öffnung ab 18. Februar 2009 von Berechnungen der Verkehrs- und Umweltsituation begleitet. Die abschließende Note des Umweltministeriums drückte weder klare Zustimmung noch Ablehnung aus. Sie ließ aus Sicht der Stadt aber die Auslegung zu, dass das Ministerium jedenfalls nichts aktiv dagegen unternimmt, wenn die Stadt zur Tat schreitet. Der Verkehr wird durch die Öffnung zwar steigen, nach Ansicht der Verkehrsplanung aber nur in einem Maß, das zumindest eine probeweise Öffnung rechtfertigt.

Die städtischen Fachleute haben als Gegenmaßnahme beschlossen, alle festgemachten Donauschiffe mit Strom der Stadtwerke zu versorgen, um den Betrieb der Dieselgeneratoren zu vermeiden und die Belastung so auszugleichen. Bei einer Einsparung von rund 500.000 Liter Diesel pro Jahr werden so 500 Kilogramm Feinstaub und 24,9 Tonnen Stickoxyd weniger produziert.

Haltung der Parteien

Der SPD-Bürgermeister Jürgen Dupper hatte im Wahlkampf 2008 die Öffnung der Ringstraße versprochen. Die CSU hat anfangs eine Öffnung nur unter der Voraussetzung zugestimmt, dass zuvor der rechtliche Rahmen gegeben sein müsse, das heißt das alle Fachstellen zugestimmt haben. Anfang Februar 2009 forderten CSU-Vertreter dann allerdings die sofortige Öffnung, um die Bürger nicht weiter zu verunsichern. Die Freie Wählergemeinschaft bemängelte, dass in der Diskussion um die Öffnung die zu erwartenden Auswirkungen auf den Verkehr in der Neuen Mitte untergegangen sei: Staugefahr in der Innenstadt und Behinderung des Busverkehrs.

Schließlich brachte die CSU einen Antrag ein, die Ringstraße zu öffnen. Am 10. Februar 2009 beschloss der Stadtrat einstimmig die probeweise Öffnung, am 18. Februar 2009 wurde der Beschluss umgesetzt.

Erste Zählung nach der Öffnung

Die Ergebnisse der ersten Verkehrszählung nach Öffnung der Ringstraße lagen gegen Ende März vor. Das Fazit: Der Verkehr hat an einzelnen Punkten zugenommen, doch deutlich weniger als befürchtet worden war. Gemessen haben dies die verkehrsabhängigen Ampeln der Stadt mit ihren Metalldetektoren. Verglichen wurde die Woche vom 9. bis zum 13. Februar – also vor der Öffnung – mit der Woche vom 2. bis zum 6. März, der ersten unter „Normalbedingungen“. Gemeldet wurden die Daten an den Verkehrsrechner der Stadtwerke, von dort ans zuständige Ordnungsamt weitergeleitet.

Demzufolge hat der Verkehr am entscheidenden Punkt Ludwigsplatz/Frauengasse täglich um 1.500 Fahrzeuge zugenommen. Ein deutlicheres Plus gibt es in der Nikolastraße/Abzweigung Lupingäßchen. 2.400 Autos zusätzlich, während am Karolinenplatz 1.000 Fahrzeuge mehr pro Tag gemessen wurden. Beide Werte verdeutlichen die bislang größte Schwachstelle. Der Karolinenplatz wird noch zu wenig genutzt, um schräg links weiter Richtung Innstraße zu fahren.

Resümee nach der Öffnung

Die Baustelle zum Rückbau der „Nase“. (Foto: Jäger)

Verkehrsdaten vom Januar 2010 weisen für die Neuburger Straße 4.000 Kraftfahrzeuge in 24 Stunden aus. Fast doppelt so viele wie unmittelbar nach der Ringstraßen-Sperre. Doch auf Schleichwegen war der Verkehrsfluss wieder zurückgekehrt, schon kurz vor der Öffnung zählte man wieder 3.500 Fahrzeuge auf Höhe Einmündung Nibelungenstraße. Mittlerweile ist ein Kompromiss gefunden: Der Schwerverkehr darf nicht mehr durch die Neuburger Straße fahren.

Natürlich kommt es zu den Hauptzeiten zu Staus. Das gibt OB-Sprecher Herbert Zillinger unumwunden zu. Doch das sagten die Verkehrsexperten zum einen schon im Vorfeld voraus. Hauptbetroffene der Öffnung sind die Verkehrsteilnehmer – und die sind wohl ausnahmslos glücklich. Anders sieht es bei einer anderen wichtigen Gruppe aus, den Anwohnern. Vor allem aus der Neuburger Straße kommen Beschwerden. Dort atmete man natürlich auf, als nach Jahrzehnten mit 6.000 Autos täglich (Stand Januar 2005) am 10. November 2005 diese Schlagader von ihnen weggeleitet wurde.

Der städtische Verkehrsplaner Michael Brockelt zog das positive Resümee, dass der „neue Verkehr“ deutlich niedriger sei als befürchtet. „Dies kommt den kritischen Straßenzügen FrauengasseNikolastraße Nord zugute.“ Auch die Verlagerung des Aufkommens zum Karolinenplatz und zur Innstraße sei nicht eingetreten wie erwartet. Brockelt kommt zu dem Schluss: „Am stärksten hat die Augustinergasse von der neuen Verkehrsführung profitiert.“

Auch die bis zu 40.000 Autofahrer im Jahr, die die Ringstraße durch die Tiefgarage umgingen wurden weniger. Durch die vor allem zum Feierabend verstopfte Ringstraße suchen sich die Fahrer jedoch auch neue Wege. So kürzen sie immer öfter über die ZOB-Busrampe direkt in die Bahnhofsstraße ab. Diese ist jedoch nur für Busse und Lieferverkehr der Stadtgalerie freigegeben. Es sollen vermehrt Polizeikontrollen durchgeführt werden.

Korrektur nach der Öffnung

Nach der Probephase bleibt die Öffnung nun bestehen. Nun wird der vorspringende Gehweg korrigiert und die so genannte Nase wird zurückgebaut. Auch sind immer wieder Verbesserungsvorschläge für Fußgängerüberwege im Gespräch. Ampel- oder Zebrastreifenlösungen sind aber aus baurechtlichen sowie verkehrstechnischen Gründen nicht durchführbar.

Neuer Lösungsvorschlag: Ein Kreisverkehr

So sieht das Konzept des Innstädters Bernhard Schallmoser aus. Die Stadt steht dem ablehnend gegenüber. (Grafik: PNP)
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Der Vorschlag des Innstadt-Bewohners Bernhard Schallmoser beinhaltet den Umbau der Kreuzung an der Ringstraße zu einem Kreisverkehr. Die kostengünstige und schnell umsetzbare Lösung könnte aus der Ringstraße, Nikolastraße , Innstraße und Augustinergasse einen zweispurigen Kreisverkehr machen. Als Konsequenz ergäbe sich somit eine Einbahnstraßenregelung entlang der genannten Straßen. Laut Rathaussprecher Herbert Zillinger wurde dieser Vorschlag beim Umbau der Passauer Neuen Mitte bereits intensiv geprüft und verworfen worden. Der starke Verkehrszuwachs in der Ringstraße, Augustinergasse und Innstraße hätte die Anwohner massiv belästigt. Auch die kurzen Verflechtungsstrecken zum Spurwechsel sind laut Verkehrsinstitut Gevas ein weiteres Gegenargutment.

Literatur