Siegfried Urlberger

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Den Schreibtisch in Urlbergers Büro ziert ein großer Pokal.
Urlberger (hinten Mitte) als 18-Jähriger in der Jugendmannschaft des TSV Johanniskirchen.
Urlberger als Schiedsrichter.

Siegfried Urlberger (* 28. Juli 1938 in Arnstorf) ist ein niederbayerischer Fußballer und Sport-Funktionär. Von 1998 bis 2010 war er niederbayerischer Bezirksvorsitzender des Bayerischen Fußball-Verbands.

Leben und Wirken

Vielleicht wäre ja alles ganz anders gekommen im Leben des Siegfried Urlberger, hätte ihn nicht anno 1956 sein eigener Verein quasi im Regen stehen lassen. Mit seinen Mannschaftskameraden aus der Jugend des TSV Johanniskirchen radelte der damals 18-jährige Schlaks, der am liebsten auf der Zehner-Position den Spielmacher gab, erst etwa 15 Kilometer in die Kreisstadt Pfarrkirchen. Dort kauften sich die Burschen von zwei Mark Taschengeld in der Woche je eine Bahn-Fahrkarte (1,20 DM) nach Eggenfelden – um dann beim verdutzten Rottaler Erzrivalen zu erfahren, dass an diesem Sonntag nicht gespielt wird. „Warum seid’s denn ihr da?“, fragte der Gegner erstaunt, „euer Verein hat doch die Jugend vom Spielbetrieb abgemeldet.“

Das war ein Schlag ins Gesicht der jungen Burschen, die doch einfach nur gern kicken wollten. Für Siegfried Urlberger war es das Aha-Erlebnis – und der Beginn einer beispiellosen Ehrenamts- und Funktionärskarriere im niederbayerischen Fußball. „Nach dieser Enttäuschung haben wir Kriegsrat gehalten“, erinnert er sich – mit einem verzeihenden Lächeln für seine früheren Klub-Verantwortlichen. Schließlich wollte jeder spielen, und da beschlossen die jungen Männer flugs mit Blick auf ihren Regisseur auf dem Platz: „Da musst du dich drum kümmern.“

Irgendwie schien Urlberger neben dem fußballerischen auch jede Menge organisatorisches Talent in die Wiege gelegt worden zu sein. Binnen weniger Wochen zauberte der offensive Mittelfeldspieler eigenhändig eine Freizeit-Jugendrunde mit sechs Mannschaften aus dem Hut, der Uropa der Fußballer-Dynastie Felix Würzinger stiftete dazu einen schönen Pokal – und der Juniorenfußball in Johanniskirchen war gerettet. Der Verein machte den umtriebigen jungen Mann sogleich offiziell zum TSV-Jugendleiter. Das blieb er dann auch für die kommenden 20 Jahre – mit allen Konsequenzen. „Wenn ich dann am Samstag wieder mal alleine vor dem Vereinsheim zur Auswärtsfahrt mit meinen 12, 13 Buben von der neu gegründeten Schülermannschaft da stand“, denkt Urlberger zurück, „dann hab’ ich halt so viele wie möglich in meinen VW Käfer gepackt und bin dann zwei- oder dreimal die Strecke nach Birnbach, Ortenburg oder Simbach gegondelt“ – heute einfach unvorstellbar.

Wenn der im wahrsten Wortsinn in Ehren ergraute Fußballfunktionär solche Geschichten erzählt, etwa, wie er ohne jede Prüfung zum Schiedsrichter wurde, oder wie im Laufe von mehr als fünf Jahrzehnten immer mehr Aufgaben und Ämter auf ihn zukamen, wird man den Eindruck nicht los, dass dieser „Mister Fußball Niederbayerns“ einfach nicht Nein sagen konnte. Aber diese Einschätzung würde dem Funktionärs-Tausendsassa nicht gerecht. „Ich habe immer gewusst, was auf mich zukommt, habe vorher Für und Wider abgeschätzt, und jede Aufgabe gern gemacht - immer ohne Gehalt oder Aufwandspauschale. „Ich bin ein Amateur reinsten Wassers.“

Auf 50 Wochenstunden im langjährigen Schnitt schätzt er den Aufwand nur für den Fußball, nur fürs Ehrenamt – vom Verein über die Spielleiter-Tätigkeit in Fußballkreis und Bezirk, Bezirksvorsitz bis hin zum Amt des Vizepräsidenten des Bayerischen Fußball-Verbands. Und „nebenbei“ musste der Verkaufsleiter im Freizeit- und Sportartikelbereich ja auch noch Geld verdienen, eine Familie ernähren. Und es hat gut funktioniert, das Spiel seines Lebens. Wochenende für Wochenende jagen derzeit auf Niederbayerns Fußballplätzen geschätzte 50.000 Aktive aus 525 Vereinen mit 3.500 Mannschaften dem runden Leder nach – alles im geregelten Spielbetrieb, der in dieser Form und Perfektion ohne einen Siegfried Urlberger kaum vorstellbar wäre. Der wiederum gibt den Dank an seine Ehefrau Karolin weiter, mit der er seit 1963 verheiratet ist und einen erwachsenen Sohn (45) hat – Siegfried jun. freilich ist weniger Fußballer als vielmehr Bildhauer und Künstler. „Meiner Frau bin ich ganz, ganz toll zu Dank verpflichtet, ohne ihre unheimliche Toleranz hätte ich das alles nie geschafft.“

Am Abend des 23. Aprils 2010 übergab Siegfried Urlberger beim Fußball-Bezirkstag in Dingolfing das Zepter an seinen designierten Nachfolger, den bisherigen Bezirksspielleiter Klaus Jacke aus Oberkreuzberg (Lkr. Freyung-Grafenau). Am 23. Juli schied er zudem als BFV-Vizepräsident aus dem Amt. Was der Verband an dem Fußballpionier aus dem Rottal hat, weiß auch BFV-Präsident Dr. Rainer Koch: „Siegfried Urlberger gehört ohne jeden Zweifel zu den herausragenden Persönlichkeiten im BFV. 48 Jahre lang prägte er maßgeblich mit Leidenschaft und beispielhaftem Einsatz das Geschehen auf Niederbayerns Fußballplätzen. Ab dem Sommer hat er als ,Fußballruheständler’ keine Pflichten mehr, nur noch Rechte. Trotzdem setzen wir auch zukünftig auf seinen Rat, denn der Sigi gehört natürlich weiter zur Fußballfamilie, genauso wie seine ihn immer unterstützende Ehefrau.“

Die Zukunft des Fußballs wird ohnehin auch in Ostbayern nicht frei von Problemen sein. Die demografisch bedingten Sorgen um den Kicker-Nachwuchs und die immer schwieriger werdende Motivierung von Menschen fürs Ehrenamt – als Jugendtrainer, als Abteilungsleiter, Vorstände etc. – nennt der scheidende Bezirksvorsitzende als zentrale Zukunftsaufgaben. Bei rückläufigen Geburtenzahlen müsse neben der Einführung neuer Spielformen (z.B. verkleinertes Spielfeld mit mehr Ballkontakten für D-Junioren) vor allem eines im Vordergrund stehen: Der Spaß am Spiel, nicht das Ergebnis. Urlberger: „Ich wünsche mir, dass in keinem Verein mehr ein Kind vom Fußballplatz heimgeschickt wird, nur weil es vielleicht ein bisserl weniger talentiert ist. Lasst alle Kinder spielen!“ Mit entsprechender Förderung nämlich, mit Engagement und Herzblut kann der Fußball für jeden jungen Menschen zum Spiel seines Lebens werden – Siegfried Urlberger hat es bewiesen.

Stationen

  • 1951–1984: ab 13 Jahren aktiver Spieler beim TSV Johanniskirchen (ca. 400 Pflichtspiele)
  • 1956–1976: Jugendleiter beim TSV Johanniskirchen
  • 1958–1984: Abteilungsleiter und zeitweise 2. Vorstand, Schriftführer bzw. Geschäftsführer im Verein
  • 1962–1973: Jugendgruppen-Spielleiter
  • 1971–1973: Kreisjugendleiter im Fußballkreis Passau
  • 1973–1998: Kreisspielleiter Herren im Fußballkreis Passau
  • 1973–1998: Bezirksspielleiter Senioren (AH) in Niederbayern
  • 1973–1994: Bezirksspielleiter Frauen und Mädchen
  • 1994–1998: Bezirksspielleiter Herren
  • 1998–2010: Bezirksvorsitzender Bayer. Fußball-Verband
  • 2006–2010: Vizepräsident Bayer. Fußball-Verband

Auszeichnungen

Neben zahlreichen Auszeichnungen von BFV, BLSV und Heimatverein wurden Siegfried Urlberger unter anderem folgende Ehrungen zu Teil:

Literatur