Ortenburgkapelle (Passau)

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Das Innere der Ortenburgkapelle
Bildnis des Grafen Heinrich IV. von Ortenburg auf der Deckplatte der Tumba in der Ortenburgkapelle

Die Ortenburgkapelle (eigentlich St. Sixtus-Kapelle, früher auch Ölbergkapelle) ist eine Seitenkapelle des Stephansdoms zu Passau. Sie befindet sich zwischen der Andreaskapelle und dem nördlichen Querschiff des Domes. Der Name Ortenburgkapelle entstammt mit Bezug auf das ehemalige Erbbegräbnis der Grafen von Ortenburg.

Geschichte

Die Kapelle wurde 1155 erstmals urkundlich erwähnt[1] und wurde im gotischen Stil 1288 errichtet[2]. Die Sixtuskapelle ist daher die Älteste am ehemaligen Domkreuzgang. Am 13. August 1288 bestimmte Graf Rapoto IV. Graf von Ortenburg seine Grabstätte beim Passauer Dom „in tumulis paternis et avitis“, woraus hervorgeht, dass die Grafen von Ortenburg frühzeitig hier ihre Grabstätte hatten. Beim Neubau der Ostpartie des Domes 1453 vereinbarte das Domkapitel mit Graf Georg I. eine Erweiterung und Verlängerung. Die Kapelle sollte künftig den Raum zwischen der Andreaskapelle und dem Querschiff des Domes einnehmen unter Einbeziehung des dem Nordarm des Domquerschiffes anliegenden freien Raumes.

Bis zum Ende des 17. Jahrhunderts war die Kapelle Grablege des gräflichen Hauses. Da immer mehr Mitglieder des Hauses sich dem evangelischen Glauben zuwandten, wurde nach dem Tod des Grafen Christian kein Mitglied der Familie mehr in der Gruft beigesetzt. Stattdessen wurde zunehmend die 1573 errichtete evangelische Grablege in der Marktkirche zu Ortenburg verwendet. Damit endete die Funktion der Kapelle als gräfliche Begräbnisstätte. Wann die drei Altäre aus der Kapelle entfernt wurden, ist nicht bekannt.

1860 bis 1861 restaurierte Bischof Heinrich von Hofstätter die Kapelle und stattete sie mit zahlreichen Figuren aus, so dass die Ortenburgkapelle einen museumsartigen Charakter erhielt. Dabei erhielt sie auch den Beinamen Ölbergkapelle. Im Jahre 1922 wurde die gräfliche Gruft in der Kapelle auf Geheiß von Bischof Sigismund Felix Freiherr von Ow-Felldorf zuletzt geöffnet. Im Protokoll des Domvikars Dr. Ludwig Krick von dessen Kommission ist folgendes zu lesen:

Unter den Steinplatten des Fußbodens der Kapelle führte eine kurze Stiege in ein kleines niedriges Gewölbe, das nur wenigen Personen Platz bietet und den Rest der ehemals großen Gruft der Grafen zu Ortenburg darstellt, die in der Mitte des 17. Jahrhunderts wegen Baufälligkeit eingeworfen wurde. Am Ende des Gewölbes sitzt auf einem gepolsterten Lehnstuhl ein gut gekleideter Leichnam, der aber samt der Kleidung schon stark in Verfall übergegangen und auf einen Haufen zusammengesunken ist. Auf der linken Seite der Gruft steht eine hölzerne Kiste voll von Totenköpfen und Gebeinen. Dabei liegen Reste von verrosteten Waffen, darunter ein Bihänder und Teile von Rosenkränzen aus Asphalt aus dem heiligen Land. Ferner fanden sich drei Platten mit Grabinschriften vor. Die eine und ganz unversehrte Platte bezieht sich auf die am 04. Oktober 1570 verstorbene Katharina geborene von Degenberg und erste Gemahlin des Grafen Ulrich III. von Ortenburg. Von den beiden anderen stark zerstörten Platten betrifft eine Platte eine geborene von Kirchberg und Weißenhorn, die mit einem Grafen von Ortenburg verheiratet war. Man entnahm der Gruft den gut erhaltenen Samtmantel mit dem die sitzende Leiche umhüllt war, den Bihänder, Reste von zwei Dolchen und einigen Kleidungsstücken; dies alles wurde dem Dommuseum zu Passau übergeben. Die Gruft wurde am 20. November 1922 wieder geschlossen. [3]

Eine der beiden stark beschädigten Grabplatten ist für Gräfin Ursula von Ortenburg, geborene Fugger von Kirchberg und Weißenhorn. Sie war die erste Frau von Joachim Reichsgraf von Ortenburg, welche am 7. September 1570 verstarb. Bei der im Stuhl sitzenden Person handelt es sich um den Grafen Georg Reinhard, welcher am 2. November 1679 in der Kapelle beigesetzt wurde. Sein Leichnam wurde 13 Jahre lang aufgrund des Streits um die Art des Begräbnisses (katholisch oder evangelisch) auf seinem Schloss stehen gelassen, ehe er in der Gruft auf seinem Stuhl sitzend beigesetzt wurde. Hierfür musste damals der Eingang in die Gruft erweitert werden. Die Kosten für diese Arbeit von 12 Arbeitern und drei Tagen betrug laut einer Rechnung des gräflichen Archivs zu Tambach 924 Gulden und 48 Kreuzer.

Nach Auflösung des Dommuseums wurden die Exponate aus der Sixtuskapelle dem Oberhausmuseum in Passau übereignet. Als 1960 die Epitaphien aus der Andreaskapelle entfernt wurden, gelangte ein Teil 1961/62 davon in die Ortenburgkapelle, zum Teil auch in deren Fußboden. Der unter Bischof Heinrich eingebrachte Figurenschmuck wurde entfernt. Bei der Renovierung 1977 bis 1979 wurden die im Boden eingelassenen Epitaphien an den Kapellenwänden angebracht.

Beschreibung

Die Strebepfeiler des Domschiffes unterteilen den rechteckigen Raum in zwei Nischen. Die Kapelle hat drei Kreuzjoche. Die Sixtuskapelle ist geprägt von den zahlreichen gotischen Grabsteinen in den Seitenwänden, welche zum Großteil aus der benachbarten Andreaskapelle entstammen. Im Mittelpunkt steht die Tumba des Grafen Heinrich IV. von Ortenburg († 1395) und seiner Frau Agnes von Hals. Auf der Deckplatte befindet sich im weichen Stil die Bildnisfigur (um 1430). Ein bedeutender Epitaph ist der von Dompropst Ulrich I. von Ortenburg († 1455), der ebenso in eine Seitenwand eingelassen ist. An der Nordwand befinden sich hoch oben noch weitere Grabsteine der Familie aus dem 16. Jahrhundert.

Nachgewiesene Beisetzungen

Galerie

Einzelnachweise

  1. Rudolf Zinnhobler: Die Passauer Bistumsmatrikeln für das westliche Offizialat, Band 1, Passau 1978, S. 167 Anm. 25.
  2. Georg Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Band 3 Süddeutschland, Berlin 1908, S. 377.
  3. Hausmann: Sitzbestattungen in deutschen Landen, S. 60 f.

Literatur

  • Günther Bernhard: Die Sixtuskapelle (Ortenburgkapelle) im Passauer Dom. In: Ortenburg – Reichsgrafschaft und 450 Jahre Reformation (1563-2013), Ortenburg 2013 (S. 411-420).
  • Walter Fuchs: Die Sitzbestattung des Grafen Georg Reinhard (1607-1666). In: Ortenburg – Reichsgrafschaft und 450 Jahre Reformation (1563-2013), Ortenburg 2013 (S. 218-221).
  • Friedrich Hausmann: Sitzbestattungen in deutschen Landen. Legende und Wirklichkeit erschienen in: Festschrift Hermann Wiesflecker zum sechzigsten Geburtstag, Graz 1973 (S. 49-64).
  • Friedrich Hausmann: Archiv der Grafen zu Ortenburg. Urkunden der Familie und Grafschaft Ortenburg (in Tambach und München) Band 1: 1142–1400 (= Bayerische Archivinventare 42), Neustadt an der Aisch 1984.
  • Eberhard Graf zu Ortenburg-Tambach: Geschichte des reichsständischen, herzoglichen und gräflichen Gesamthauses Ortenburg - Teil 2: Das gräfliche Haus in Bayern., Vilshofen 1932.
  • Felix Mader: Die Kunstdenkmäler von Niederbayern, Band 3: Stadt Passau, München 1919 (Online).
  • Josef Oswald: Der Dom zu Passau - Schnell Kunstführer Nr. 605 13. Auflage, Regensburg 1995.
  • Alfred Zangenfeind: Der Passauer Dom St. Stephan — größter Barockbau des 17. Jahrhunderts nördlich der Alpen, in: August Leidl (Hg.): Der Passauer Dom. Festschrift zur Vollendung der ersten Gesamtinnenrenovierung seit dem barocken Wiederaufbau, Passau 1980.
  • Alexander von Reitzenstein, Herbert Brunner: Reclams Kunstführer Deutschland Band 1. Bayern. Baudenkmäler, Philipp Reclam jun. Stuttgart, Universal-Bibliothek Nr. 8055-72, 8. Auflage, 1974, ISBN 3-15-008055-X.
  • Sixtus Lampl, Wilhelm Neu, Michael Petzet, Otto Braasch: Niederbayern II aus der Reihe: Denkmäler in Bayern, S. 25, Oldenbourg 1986, ISBN 3486523937.
  • Walter Fuchs: Die Sitzbestattung des Grafen Georg Reinhard erschienen in: Evangelische Marktkirche Ortenburg 2006, Ortenburg 2006 (S. 26-31).
  • Walter Fuchs: Sitzbestattung eines Ortenburger Grafen - Legende oder Wahrheit? In: Donau-Bote 24. Oktober 1989, Vilshofen 1989 (S. 30 ff).