Spiegelauer Waldbahn

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Die Feldbahn bei Riedlhütte. (Foto: Haydn)

Die Spiegelauer Waldbahn war eine für den Holztransport geschaffene, schmalspurige Waldbahn in den Wäldern um Spiegelau im Bayerischen Wald. Sie war einst die größte Waldeisenbahn in West- und Mitteleuropa mit dem längsten Streckennetz.

Geschichte

Bau

1877 wurde die Eisenbahnlinie Deggendorf-Eisenstein fertiggestellt. 1890 dann die Abzweigung nach Grafenau, über Frauenau und Spiegelau. Das größte Waldgebiet zwischen Rachel und Lusen war nun über die Reichsbahn an die Zentren des Holzhandels im Rhein-Main-Gebiet und die großen Städte angbunden. Nach der Eröffnung der Bahnstrecke Zwiesel-Grafenau im Jahr 1890 ergaben sich auf dem Schienenweg neue Möglichkeiten für den Holztransport aus den Wäldern um den Großen Rachel. Auf Anregung von Forstmeister Leythäuser, der 1890 zur Regierung von Niederbayern versetzt wurde, begann das Forstpersonal ab 1900 in Eigenregie eine Schmalspurbahn mit 600 Millimeter Spurweite vom Staatsbahnhof Spiegelau aus zu verlegen.

Die offizielle Genehmigung zum weiteren Ausbau einer dauerhaften Waldbahn erfolgte am 26. August 1908. Zu dieser Zeit war bereits eine 7 Kilometer lange Strecke entstanden. Im November 1909 erfolgte in Anwesenheit von Beamten der Eisenbahndirektion Regensburg die offizielle Probefahrt auf der inzwischen schon 17,5 Kilometer messenden Strecke. Ebenfalls 1909 wurden auch die ersten beiden Dampflokomotiven geliefert.

1911 erreichte die Hauptstrecke das 32 Kilometer entfernte Mauth. Nun baute man einen Seitenast Richtung Rachel-Diensthütte. Der Erste Weltkrieg und die Nachkriegszeit unterbrachen den weiteren Ausbau. In den 1920er Jahren verlängerte man das Streckennetz zum Bahnhof Klingenbrunn. 1926 waren bereits 41 Kilometer Strecken- und fünf Kilometer Nebengleise vorhanden.

Nach der Windwurfkatastrophe von 1927 erfolgte eine weitere Intensivierung und der Bau bis zum Waldbahnende bei Finsterau. Anfang der 30er Jahre hatte die Spiegelauer Waldbahn mit 95 Kilometern fest verlegter Strecken ihre größte Ausdehnung erreicht. Weiteren Neubauten standen von nun an auch Rückbauten entgegen. Die letzte Erweiterung des Streckennetzes erfolgte erst ab 1951 mit dem Bau einer sieben Kilometer langen Strecke zur Scheerhütte durch 156 Notstandsarbeiter. 1953 erreichte man schließlich auf knapp 1.000 Metern Höhe den höchsten Punkt im Streckennetz, wodurch ein 700 Hektar großes Waldgebiet erschlossen wurde.

Betrieb

Die Spiegelauer Waldbahn transportierte das Holz zur Verladestelle beim Bahnhof in Spiegelau oder in Klingenbrunn, wo es auf normalspurige Waggons verladen und in Richtung Zwiesel abtransportiert wurde. Die Strecken waren sehr steil und kurvenreich. Die Gleise lagen auf stabilen Bahndämmen. Sie wurden öfters an einer Stelle abgebaut, auf den Zug geladen und anderswo wieder neu verlegt. Beim Betriebswerk in Spiegelau baute die Forstverwaltung Anfang der 1920er Jahre eine Lokomotivdrehscheibe. Bei Sagwassersäge gab es ein Gleisdreieck, bei Klingenbrunn eine Wendeschleife.

Außer Holz transportierte die Bahn auch Stückgut, besonders Lebensmittel in die abgelegenen Ortschaften Guglöd, Waldhäuser und die Graupsäge. 1930 wurde die Rekordmenge von 118.119 Festmeter Großnutzholz, 40.491 Ster Schichtholz und 2.127 Tonnen Stückgut gefahren.

Ab den 1920er Jahren umfasste der Lokomotivbestand ständig etwa 7 grüngestrichene, mit gelben Zierstreifen versehene Lokomotiven, ab 1926 auch Diesellokomotiven. Die Waldbahn besaß insgesamt 12 Lokomotiven, davon 5 Dampf-, 4 Diesel-, und 3 benzinelektrische Loks. Auf dem Höhepunkt des Betriebs 1932 besaß sie 355 Holztransportwagen („Trucks“) und 47 andere Wagen. Im Winter ruhte der Zugverkehr aufgrund der hohen Schneelage.

Niedergang

Noch vor dem Zweiten Weltkrieg wurde der Lkw-Straßenbau immer weiter vorangetrieben. Nach dem Krieg verlangte die Bundesbahndirektion Regensburg, bei der die Bauaufsicht lag, eine Überholung der Bahn, die etwa 500.000 Mark gekostet hätte. Da inzwischen der Bau von Forststraßen und der Holztransport durch Kraftfahrzeuge rentabler war, ordnete die Oberforstdirektion Regensburg am 21. September 1957 den Abbau der Spiegelauer Waldbahn bis 1960 an. 1955 gehörten zur Spiegelauer Waldbahn noch elf Lokomotiven, 182 Trucks und 23 Spezialfahrzeuge. 1957 begann der Rückbau der Gleise zugunsten von Forststraßen. Für die Bevölkerung wurden Abschiedsfahrten mit Personenverkehr angeboten. Am 11. Mai 1960 fuhr der letzte Zug, am 8. September war das letzte Gleis abgebaut, am 25. Oktober 1960 war der Abbau der Waldbahn beendet.

Gegenwart

Der Lokschuppen am Bahnhof Spiegelau ist noch vorhanden. Mehrere ehemalige Bahndämme dienen als Unterbau von Wanderwegen oder Fahrwegen. Teilweise wurden sie vom Nationalpark Bayerischer Wald wieder freigelegt. Schon frühzeitig gab es Bemühungen von Eisenbahnfreunden um eine Reaktivierung der Spiegelauer Waldbahn als Museumsbahn. Zudem gibt es im Infozentrum in Spiegelau eine Dauerausstellung über die Waldbahn. Daneben sind im Spiegelauer Ortszentrum eine Waldbahnlokomotive sowie drei Wagen ausgestellt.

Seit dem 10. August 2003 wurde in Riedlhütte vom Feld- und Waldbahnverein Riedlhütte e.V. eine kurze Feldbahnstrecke errichtet. Diese wird seitdem regelmäßig befahren. Hierbei handelt es sich jedoch um einen vollständigen Neubau, welcher abseits der ehemaligen Waldbahntrasse im Ortszentrum errichtet wurde.

An den ersten Wochenenden von Mai bis Oktober 2010 konnte die Feld- und Waldbahn in Riedlhütte besucht werden.

Literatur

Weblinks