Steinreich

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Die Montage zeigt verschiedene Granit-Kunstwerke aus der Region. Im Hintergrund der Eingang zum Granitmuseum Hauzenberg. (Foto: Asenkerschbaumer)
Die große Halle des Granitzentrums war der Rahmen für die Eröffnung der Ausstellung. (Foto: Windpassinger)

Steinreich (genau: Steinreich – Eine Bayernausstellung zwischen Donau und Böhmerwald) ist das Modellprojekt der neuen Bayernausstellungen des Hauses der Bayerischen Geschichte und sozusagen die kleine Schwester der großen Landesausstellung Bayerns. Sie fand vom 11. Mai bis 31. Oktober 2010 in drei Ausstellungen in Passau, Finsterau und Hauzenberg statt sowie mit Aktivitäten in Österreich und Tschechien, bei denen sich alles um Granit drehte, da kein anderer Stein in der Region so präsent ist wie der Granit.

Über Steinreich

Hintergründe

Der Stein kennt keine Grenzen. Ein Blick auf die geologische Karte zeigt: Granit ist der herausragende Werkstoff der Region. Die Ausstellung ist ein Modellprojekt. Das Haus der Bayerischen Geschichte beginnt seine jüngste Ausstellungsreihe, die regionale Bayernausstellung, in der Dreiländerregion Bayerischer Wald, Böhmerwald und Mühlviertel. Dr. Richard Loibl, Direktor des Hauses der Bayerischen Geschichte, gebürtiger Hengersberger und jahrelang Chef des Oberhausmuseums Passau, lässt sein jüngstes Projekt in der Passauer Region starten.

Die Ausstellung, die einen Etat von rund 300.000 Euro hat, wird am 10. Mai im Granitzentrum mit dem Staatsminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Dr. Wolfgang Heubisch, eröffnet.

Dr. Wolfgang Jahn, der Projektleiter am Haus der Bayerischen Geschichte in Augsburg, war von der Granitgeschichte auch deshalb gleich begeistert, weil in der Region kompetente Organisatoren vor Ort sind und die Infrastruktur für Ausstellungen vorhanden ist. Das ist eine der Grundbedingungen für die Durchführung der Bayernausstellung, die als kleine Schwester der bayerischen Landesausstellung dem wissenschaftlichen Anspruch und der fachmännischen Präsentation genügen muss. Mehrere Partner sind an der Bayernausstellung beteiligt, darunter auch das Bayerische Amt für Denkmalpflege. Baudenkmäler aus Granit in Passau und der gesamten Region und die Wege dorthin sind ein wesentlicher Bestandteil des Ausstellungskonzepts.

Das Wortbild Steinreich für die Bayernausstellung hat sich daraus ergeben, dass die Region reich an Steinen ist.

Eröffnungsfeierlichkeiten

Mit einem Festakt im Granitzentrum Bayerischer Wald ist am Abend des 10. Mai 2010 in Hauzenberg die Ausstellung eröffnet worden. In Vertretung des verhinderten Kultusministers Dr. Wolfgang Heubisch gratulierte Dr. Richard Loibl, Direktor des Hauses der Bayerischen Geschichte und Ausrichter der Ausstellung, der Region für den Mut und die Entschlossenheit, die in dieser Form noch nicht thematisierte Steingeschichte den Menschen nahe zu bringen. Er zitierte Passagen aus Max Bauers berühmten Buch „Kopfsteinpflaster“, das von der bitteren Not der Menschen im Granitland rund um Hauzenberg kündet, erzählte von Granit-Prunk vergangener Tage und von den aktuellen Bauten der „Passauer Mitte“, deren Steinoptik nicht direkt den Anschein mache, als sei sie durch regionale Herkunft geprägt.

Landrat Franz Meyer würdigte die Idee des Hauses der Bayerischen Geschichte, mit den „Bayernausstellungen“ unabhängig von den großen Landesausstellungen regionale Schwerpunkte zu setzen - „und mit dem Start der ersten Ausstellung dieser Reihe hier in Hauzenberg hätte man es nicht besser machen können“. Der Landrat erwähnte die lange Liste von Beteiligten und Unterstützern, ohne die „SteinReich“ gar nicht denkbar wäre. Ob das Granitzentrum mit seinen Geschäftsführern Dr. Winfried Helm und Ludwig Bauer oder das Freilichtmuseum Finsterau mit seinem Leiter Dr. Martin Ortmeier: „Sie alle haben ein Gemeinschaftswerk geschaffen, das zu regionaler Identität beiträgt.“

Auch das Landesamt für Denkmalpflege, die Kulturstiftung des Bezirks und die Passauer Neue Presse als Medienpartner wirkten mit. Besonders würdigte Meyer den Beitrag der Diözese Passau und der Staatlichen Dombauhütte. Dass unter anderem mit Altbischof Franz Xaver Eder, Generalvikar Dr. Klaus Metzl, Domdekan Prof. Dr. Otto Mochti und Ordinariatsrat Dr. Hans Bauernfeind das Bistum bei der Ausstellungseröffnung so deutlich Flagge zeigte, sei eine Referenz an die „steinreiche Historie der Heimat“.

Die einzelnen Ausstellungen

Der örtliche Projektleiter der Bayernausstellung und Geschäftsführer des Granitzentrums Hauzenberg ist Dr. Winfried Helm. In acht Bausteine ist die Bayernausstellung aufgegliedert einschließlich der begleitenden Publikationen, die im Dietmar-Klinger-Verlag erscheinen. Die wichtigsten Bausteine sind die drei großen Ausstellungen:

Granitmuseum Hauzenberg

Im Granitmuseum Bayerischer Wald schlägt das Herz der Ausstellung, hier kann sich der Besucher doch vor Ort in einem der ältesten Steinbrüche mit See so richtig in den Stein und seine Welt vertiefen. Alte Steinmetzkunst vom späten Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert wird gezeigt. „Dies war die Hochzeit der Steinmetzkunst. Durch die Gewölbetechnik von Romanik und Gotik war das Steinmetzgewerbe die führende Handwerksgilde“, so Dr. Helm. Hinzu kam, dass damals viele Holzkirchen abgebrochen wurden und die Devise war: „Alles aus Stein!“ Ausstellungsstücke werden ausgewählte Steinmetzarbeiten aus St. Nikola in Passau und auch der Dombauhütte sein sowie Flurdenkmäler.

Eines der schönsten und frühesten Exponate ist eine romanische Figur aus dem 13./14. Jahrhundert: ein betender Mönch aus Stift Schlägel in Oberösterreich. Das konzentrierte, gläubige Gesicht, der Faltenwurf, die Handhaltung, das alles zeugt von der Hochblüte des Steinmetzhandwerks im Mittelalter. Die Steinmetze waren zu diese Zeit die Leithandwerker, die Dombaumeister waren z.B. immer Steinmetze. Ein stark vergrößerter Auszug aus einer französischen Handschrift des Burgunders Girard de Roussillon von rund 1450 untermauert diese These und die Buchmalerei zeigt Steinmetze und andere Handwerker bei der mühevollen Arbeit. Eine interessante Tatsache: Während man heute immer darauf drängt, mit einem Bau fertig zu werden, dachte man damals anders: Die Perspektive war ewig zu bauen. Die Steinmetze waren übrigens auch international vernetzt, wie man heute sagen würde. Sie organisierten sich in Bruderschaften, während die „nur“ städtischen Handwerker in Zünften organisiert waren. Die erste Bruderschaft gab es 1594 in Regensburg, die Passauer Steinmetze taten es dieser nach. Mit 14 Jahren erlernte man diesen Beruf, der eine fünfjährige Lehrzeit hatte, dann ging man auf Wanderschaft.

Eine besonders schöne Idee: In der Ausstellung kann man im Freigelände einem heutigen Steinmetz über die Schulter schauen: Steinmetzmeister Ludwig Bauer (58) hat das Steinhauen bereits mit 13 Jahren erlernt. Der gebürtige Hauzenberger, dem die Arbeit nie ausgegangen ist, hat an einem Spezial der Ausstellung mitgearbeitet: an einer Inszenierung zur Rekonstruktion eines Gewölbebogens aus der Kirche von Hohenfurt/Tschechien. Der Besucher kann sich anhand von Reißböden, Werkzeugen (unglaublich: Man brauchte zur Konstruktion dieser Bauten nur Zirkel und Lineal; geplant wurde nur in Geraden und Kreisen), Filmen über die einzelnen Arbeitsschritte ein Bild machen vom Bau mit Granit. Im Laufe der Ausstellung wird Steinmetz Bauer vor Ort das Werk fertigstellen. Die Ausstellung schlägt einen Bogen vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert, nachdem im 16. und 17. Jahrhundert die Steinmetzkunst und der Bau mit Granit einen Niedergang erlebte. In der Neuzeit stößt das steinerne Werkmaterial dann in die Städte vor. Es entstehen z. B. Bauten wie das Passauer Zollhaus oder das Rathaus in Büchlberg sowie zahlreiche Flurdenkmäler. Auch ein Beispiel, wie Granit ins Alltagsleben dringt: verzierte Türgerichte der Bauernhäuser beispielsweise in Wotzdorf, Germannsdorf und Perlesreut.

Auch in der Kirchenarchitektur wurde Granit wieder geschätzt. So entstanden im 19. Jahrhunderte zahlreiche Kirchenbauten, z. B. in Waldkirchen, in Passau (Votivkirche), in Finsterau, in Tittling, in Sonnen. Über Medienstationen kann der Besucher Bilderreisen zu allen Bauten machen. Eine weitere Nutzung des Granits: Der Ausbau der 52 Kilometer langen Schwarzenbergschen Schwemmkanäle von Haidmühle im Bayerischen Wald bis Haslach in Österreich.

Ein Ausstellungsbereich ist auch dem Transport der tonnenschweren Steine gewidmet. Erstaunlich, was damals alles möglich war: Mit Steinzangen, Tretrollkran und Hebel wurden gigantische Lasten bewegt, was nicht selten auch eine Machtdemonstration war. Die Ausstellung kommt schließlich im 21. Jahrhundert an - und zeigt eine moderne Brücke aus Granit, mit Stahlseil vorgespannt und verfestigt. Und: Die Arbeitspraktiken stehen im Vordergrund. Der Besucher kann Schritt für Schritt sehen, wie Granit damals gehauen (Technik der „singenden Steine“) und bearbeitet wurde mit den alten Werkzeugen und Schablonen. Interaktive Modelle dokumentieren das Handwerk anno dazumal.

Freilichtmuseum Finsterau

Im Freilichtmuseum Finsterau geht es um bäuerliche Baukultur. Die Bauernhöfe waren viele Jahrhunderte vorrangig aus Holz gebaut, kurz vor 1800 trat ein Wandel ein. Rund 100 Jahre wurde Natursteinbau verwendet, bevor man sich dann dem Ziegel zuwandte. Der ,Versteinung‘ der Bauernhöfe folgte die ,Versteinung‘ der Märkte und Städte“.. Das Freilichtmuseum Finsterau verfügt über viele historische Bauten und eignet sich so schon per se als Kooperationspartner für die Bayernausstellung. Als herausragendes Exponat nennt Dr. Helm den Granitstall aus Rosenberg von 1789, bei dem sowohl Boden, Standabtrennungen und Wände bis zur Decke voll aus Granit gebaut sind. Dieser Bau wird von Museumsleiter Dr. Martin Ortmeier didaktisch erschlossen und neu präsentiert.

Diözesanmuseum Passau

Im Diözesanmuseum Passau wird das Thema Lithografie vom 19. Jahrhundert bis heute präsentiert. Alois Brunner, der Kunstreferent der Diözese Passau, erarbeitet zusammen mit Hubert Huber, Chef des Berufsverbandes Bildender Künstler Niederbayern, eine länderübergreifende Ausstellung zum Thema Steindruck. Alle wichtigen Lithografiewerkstätten zwischen Prag, Linz und München werden vorgestellt. Das Spektrum der gezeigten Arbeiten reicht vom Heiligenbildchen bis hin zur abstrakten Lithografie. Der Besucher kann auch Experimente mit Granit und Grafit erleben. Gedruckt wird mit alten und neuen Steinen.

Granit grenzenlos

Ein weiterer Baustein wird die Präsentation von Kulturdenkmälern der Dreiländerregion sein. Der Besucher kann auf Granitspuren wandeln und Glanzlichter der heimischen Granitkultur erleben. Herausragende Bauwerke aus Granit sind z. B. der Bayerwalddom in Waldkirchen, das Büchlberger Rathaus, die Eisenbahnbrücke bei Erlau oder das Zollhaus und die Elisabethbrücke in Passau sowie zahlreiche Flurdenkmäler. Dazu wird ein kostenloser Führer erscheinen. Außerdem gibt es unter dem Thema „Auf Schritt und Tritt“ Sonderführungen zu Granit in Passau und in Prachatitz.

Importierte Pracht

Dieser Titel zeigt, dass der Granit neben anderen Baustoffen zu bestehen hatte: dem Sandstein und dem Kalkstein, die beide für den Dom importiert wurden. Der damalige Bischof von Passau besaß einen eigenen Steinbruch für Kalkstein nahe Kelheim. In Zusammenarbeit mit der Staatlichen Dombauhütte und dem Landesamt für Denkmalpflege zeigt die Ausstellung wichtige Denkmalgesteine und alles technische Know-how dazu in Sonderführungen.

Literatur

Weblinks