Vierseithof (Algerting)

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Marianne Hindinger mit Tochter vor dem Vierseithof in Algerting.
Keine Arbeit ist der Hauseigentümerin fremd, um den Vierseithof von 1673 originalgetreu zu sanieren.
Im Hof aufgereiht stehen Holztüren, die noch hergerichtet werden müssen, um sie dann wieder einzubauen.

Ein Vierseithof aus dem Jahre 1673 steht in Algerting, einem beschaulichen Dorf bei Vilshofen. Es hat die Hausnummer 15 und ist denkmalgeschützt.

Über den Vierseithof

Seit 2008 arbeitete die alleinerziehende Sekretärin Marianne Hindinger jede freie Minute auf der Baustelle, um aus einem Holzhaus von 1763 für sich und ihre Tochter ein Zuhause zu machen. „Das Haus einmal herzurichten, war schon immer mein Traum“, erzählt die Bauherrin. Doch bis sie mit Pickel und bloßen Händen den Lehmboden ausgrub, Balken an Decke und Wänden freilegte, Dielen abschliff, Fensterkreuze abschmirgelte und mit Handwerkern verhandelte, mussten sie und die Zeit erst reifen.

Bis zu ihrem sechsten Lebensjahr wohnte Hindinger mit Eltern und den zwei Geschwistern in dem Haus Nummer 15. „Ursprünglich gehörte das Anwesen einem Ludwig Hindinger, der unbedingt den Namen auf dem Hof erhalten wollte. Da er zwar eine Tochter, aber keinen Stammhalter hatte, adoptierte er meinen Vater. Der hatte eigene Eltern, arbeitete aber als Knecht bei Ludwig Hindinger“, erzählt sie.

Nachdem das Haus weder Heizung noch fließend Wasser hatte, bauten die Eltern in den 1970er Jahren hinter dem Hof ein Einfamilienhaus – und von da an stand das dreigeschossige Wohnhaus mit einer Grundfläche von 14,5 mal 10 Metern leer. „Vermieten wollten es die Eltern nicht, verkaufen schon. Aber eben nur das Wohnhaus, da sie Ställe und Scheune noch für die Landwirtschaft brauchten. Und da fand sich kein Interessent“, erinnert sich Hindinger , die tief in ihrem Inneren schon immer wusste: „Das Haus wartet auf mich, ich bin seine Rettung.“

Bis es soweit war, vergingen 36 Jahre, die dem teils ausgemauerten Blockbau mit flach geneigtem Satteldach und Giebelschroten zum Hof nicht gut taten: Wasser drang ein, das Haus senkte sich nach Osten und Westen, verfiel zusehends. Auch Marianne Hindinger durchlebte nicht nur glückliche Jahre. Doch das Schicksal ließ sie stark werden. Als Tochter Sophie noch keine zwei Jahre alt war, musste sie den plötzlichen Tod des Lebensgefährten verkraften. Mit dem gemeinsamen Kleinkind auf sich gestellt, wurde für die junge Mutter das Elternhaus, an das sie so glückliche Kindheitserinnerungen hat, immer wichtiger. Und so war schließlich die Sanierung des Blockhauses Thema.

„Das ist alleine und nur mit deinem Sekretärinnengehalt nicht zu schaffen“, mahnten die Einen. „Die spinnt“, sagten andere nicht nur hinter vorgehaltener Hand. Doch die Zweifler hielten die Frau nicht von ihrem Vorhaben ab, spornten sie eher an: „Vor gut einem Jahr habe ich einfach angefangen. Und seitdem bin ich jede freie Minute auf der Baustelle.“ Zum Dezember wollen Mutter und Tochter umgezogen sein, damit Sophie ihren achten Geburtstag im neuen Zuhause feiern kann.

„Bis dahin ist noch viel zu tun. Aber es gibt drei Menschen, die mich nach Kräften unterstützen: meine Mutter, die mir Sophie abnimmt, Walter Wandling vom Landratsamt und Dr. Thomas Kupferschmid vom Landesamt.“ Den Denkmalpflegern verdankt sie nicht nur fachliche Tipps und Fördermöglichkeiten, sondern auch offene Ohren und Zuspruch. „Sie haben mich bestätigt, dass man alles schaffen kann, wenn man nur will.“ Und nach diesem Leitsatz hat die Frau, die sich den Hof selbst macht, schon die nächste Idee: Wenn das Wohnhaus fertig ist, will sie den Putz von den Nebengebäuden schlagen. Weil’s schöner ist. „Mal sehen, was mein Rücken dazu sagt. Der sehnt sich momentan eher nach Massagen als nach neuer Arbeit“, sagt Hindinger und lacht.

Literatur