Wallfahrt Burgkirchen/Alz

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Vor rund 300 Jahren sorgte eine Frau für eine kurzlebige Wallfahrt in Burgkirchen an der Alz. Allerdings geriet sie dadurch in Konflikt mit der Justiz und wurde hingerichtet. Darauf wies jetzt der Ortsheimatpfleger von Burgkirchen an der Alz, Alois Remmelberger, hin.

Wunderbare Ereignisse

1708, in der Zeit des Spanischen Erbfolgekriegs, als Bayern von österreichischen Truppen besetzt war, erschien beim Mesner in Burgkirchen eine etwa 40-jährige Frau mit Namen Maria Engl oder Englin, die vorgab, auf einer Wallfahrt nach Altötting zu sein, aber aus nicht einsichtigen Gründen in Burgkirchen blieb. Sie erklärte, Kontakt mit den armen Seelen im Fegefeuer zu haben, die ihr nachts angeblich erschienen, sie zum Gebet aufforderten und auch sehr konkrete Erfolgsmeldungen übermittelten. Der Ruf dieser wunderbaren Ereignisse verbreitete sich schnell in der nähren und weiteren Umgebung. So entwickelte sich, gefördert vom örtlichen Pfarrvikar, einem Angehörigen des Klosters Raitenhaslach, eine Wallfahrt zur Kirche St. Johann in Burgkirchen.

Tausende mobilisiert

Tausende von Menschen machten sich auf den Weg nach Burgkirchen zur Kirche St. Johann. Ein Marienbild in dieser Kirche vergoss angeblich Tränen, es wurden öffentlich Teufelsaustreibungen vorgenommen, die Englin zeigte Brandwunden vor, die ihr der Teufel beigebracht habe, und Brandmale am Tisch und den Stühlen ihres Zimmers. Schließlich verstieg sie sich zu der Behauptung, wenn ihre Forderungen nach mehr Gebet und Fasten nicht erfüllt würden, werde die Stadt Burghausen, ja sogar das ganze Bayernland untergehen. Höhepunkt war die Ankündigung, dass sie am 21. November 1708, dem Fest Mariä Darstellung im Tempel, unter wunderbaren Umständen sterben werde, was allerdings nicht eintrat. Kurz danach, am 24. November 1708, wurde sie festgenommen und in das Burggefängnis in Burghausen eingeliefert, wo sie fast drei Jahre inhaftiert war, bis sie schließlich am 4. September 1711 hingerichtet wurde. Gleich nach ihrer Festnahme wurde die Wallfahrt nach Burgkirchen/Alz verboten.

Menschen in Angst versetzt

Die Englin hatte angegeben, sie komme aus der Gegend von Simbach am Inn. Als ihren Geburtsort gab sie Weiffendorf im Gericht Friedburg (jetzt Oberösterreich) an. Damals gehörte Weiffendorf zum Rentamt Burghausen an der Salzach. Das Landgericht Friedburg südlich von Mattighofen bildete den äußersten Verwaltungsbezirk im Südosten des Kurfürstentums Bayern. In der Burghauser Stadtgerichtsrechnung erscheint die Englin im Zusammenhang mit den Erhebungen, die nach ihrer Festnahme angestellt wurden. Die „Burgkirchner Seelenerlöserin“ hatte den Untergang der Stadt Burghausen angekündigt und so die Menschen in Angst versetzt. Der Burghauser Stadtrichter erhielt von der Regierung den Auftrag, in Burghausen Zeugenvernehmungen durchzuführen, die amtlich beglaubigt und in ein „Libell“ eingeschrieben wurde. Für das Binden dieses Büchleins wurden dem Buchbinder sechs Kreuzer bezahlt, das war Anlass für den Eintrag in die Stadtgerichtsrechnung. Die Bezeichnung Seelenerlöserin kommt dem Wesen dieser unglücklichen Frau sicher am nächsten. Sie wollte arme Seelen erlösen, geriet aber im Laufe der Zeit immer weiter auf die Bahn der Unwahrheit. Aus dieser Verstrickung vermochte sie sich nicht mehr zu lösen, zumal sie durch Teile der Geistlichkeit kräftig unterstützt wurde. Als sie schließlich eingestand, gelogen zu haben, war es für sie zu spät.

Regierungsräte ratlos

Aus der Seelenerlöserin war eine Seelenbetrügerin geworden. Die für Malefizfälle (Prozesse, bei denen ein Todesurteil zu erwarten war) zuständigen Burghauser Regierungsräte waren offenbar ratlos, wie sie im vorliegenden Fall entscheiden sollten. Nur so ist es wohl zu erklären, dass die Englin über 32 Monate in der Burghauser Fronfeste gefangen lag und auf das Ende ihres Prozesses wartete, bedeutend länger als üblich. Schon aus Kostengründen war dem Staat an einer möglichst schnellen Entscheidung gelegen. An Verpflegungsgeld für die seit 1708 verhaftete Maria Englin wurden in der Landschreiberrechnung des Jahres 1710 über 65 Gulden verrechnet und an den Gefängnisamtmann ausbezahlt. in diesem Jahr wurde sie nur ein einziges Mal zur Vernehmung geführt. Juristisch präzise sind die Einträge im Burghauser Ratsprotokoll des Jahres 1711. Dort ist verzeichnet, dass am 1. September die Englin wegen Hexerei und Betrugs verurteilt werden sollte. Offenbar reichte das Material zu einer Verurteilung wegen Hexerei nicht aus, weshalb der Betrugsvorwurf nachgeschoben wurde. Am 4. September 1711 wurde Maria Englin zuerst getötet und dann verbrannt. Am üblichen Gerichtsort, der Wegscheid der Öttinger und Marktler Straße nördlich von Burghausern, wurde sie mit dem Strang erdrosselt und der Körper dann zu Asche verbrannt.

Quellen

Beitrag von Dr. Edgar Krausen im Burgkirchner Heimatbuch, das 1991 erschien. Anlass für das Heimatbuch war übrigens die 1200-Jahr-Feier Burgkirchens 1990. Im Rathaus ist das Heimatbuch noch zu erwerben. Die auszugsweise Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Gemeinde Burgkirchen. Weitere Inhalte stammen von Johann Dorner, Aufsatz im Oettinger Land, Jahrgang 1991.