Wallfahrt Moizerlitz-Patersdorf

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Pilgerführer zur Wallfahrt Moitzerlitz-Patersdorf vom Jahr 1984.

Die Wallfahrt Moizerlitz-Patersdorf hat ihren Ursprung in einem Bittgang der Moizerlitzer nach Patersdorf während des Dreißigjährigen Krieges.

Geschichte

Ursprung der Wallfahrt

Es war während des Dreißigjährigen Krieges: 1629 griffen die Schweden ein und stießen nach Süden vor, im Mai 1632 eroberten sie München. In dieser Zeit herrschte in Bayern zu allem Unheil auch noch die Pest, die von spanischen Soldaten eingeschleppt worden war. Die Not des Krieges, der Hunger und die mangelnde Hygiene erleichterten ihre Ausbreitung. Aber noch war der Bayerische Wald selbst von Krieg und Krankheit verschont. Wahrscheinlich war die Gegend zu abgelegen, es kamen nicht so viele Reisende durch, die die Seuche hätten einschleppen können. In diesem harten Jahr 1632 aber sind die Regener zum ersten Mal am Montag vor Pfingsten nach Neukirchen beim hl. Blut gepilgert um Gottes Hilfe zu erflehen.

Wirren des Dreißigjährigen Krieges

Im November 1633 eroberte der Herzog Bernhard von Weimar, der einen Teil des schwedischen Heeres führte, Regensburg. Wallenstein befehligte damals ein großes kaiserliches Heer. Es lag nicht weit weg in der Further Senke. Er griff aber nicht in die Kämpfe ein, da er immer noch wütend auf den Bayernherzog war, der dafür gesorgt hatte, dass der Kaiser ihm eine kurze Zeit lang den Oberbefehl entzogen hatte. Jetzt hatte er Gelegenheit, es den Bayern heimzuzahlen und er nutzte sie. Deshalb kam er den bayerischen Soldaten nicht zu Hilfe. Die schwedischen Reiter durchzogen ungestört den Gäuboden und den Bayerischen Wald. Deggendorf musste sich ergeben, Straubing wurde erobert, Kötzting niedergebrannt.

In Regen selbst hielten sich Anfang Dezember 1633 zwar einige hundert kaiserliche Kroaten auf, doch auch die zog Wallenstein aus dem Bayerischen Wald zurück. Nun hatten die Schweden völlig freie Hand. Bereits am 10. Dezember 1633 kamen sie nach Regen und verlangten eine „Brandsteuer“, das heißt wenn die Bürger nicht einen bestimmter Betrag aufbringen, wird der Ort angezündet. Die Regener zahlten die geforderte Summe nicht, wahrscheinlich hatten sie nicht genügend Geld. Der Markt ging in Flammen auf, nur das Viertel auf dem linken Regenufer hatte Glück und blieb verschont.

Doch begünstigt durch die herrschende Not brach bald nach dem Abzug der Schweden die Pest aus, und zwar nur „enter des Regens“, in der Moizerlitz. Dieses Mal waren es die Menschen in den Häusern um Kirche und Marktplatz, die nicht betroffen wurden. Ihre Angst vor der Seuche war aber so groß, dass sie die – damals hölzerne – Regenbrücke abbrachen, damit niemand vom linken Ufer über den Regenfluss die Pest einschleppen konnte. Auch bei der Wallfahrt nach Neukirchen beim Hl. Blut, die in diesem Jahr zum dritten Mal stattfand, ließ man die Moizerlitzer nicht mitgehen.

Eigene Moizerlitzer Wallfahrt

Die Verzweiflung der Moizerlitzer war groß, so dass sie eine andere Lösung suchten und auch fanden: In der Kirche von Patersdorf, das auch links vom Regenfluss liegt, so dass man keine Brücke überqueren musste, um dorthin zu kommen, gab es einen Altar zu Ehren des Hl. Sebastian, einem der Pestheiligen. Im Herbst 1634 machten sich die Bewohner des Pestviertels betend auf den Weg nach Patersdorf.

Wie es ihnen dort erging und wie sie doch ihr Ziel, in der Patersdorfer Kirche ihre Bitten vor Gott zu tragen, erreichten, lernen die Regener Kinder heute noch in der Schule:

Der Pfarrer von Patersdorf (eigentlich der Pfarrer von Geiersthal) fragte an der Kirchentüre die Wallfahrer, wo sie denn her kämen. Als sie antworteten „aus Regen“ war sein Entsetzen groß. Wusste er doch, dass dort noch vor kurzem die Pest geherrscht hatte. Wer weiß, ob sie schon ganz erloschen war und ob nicht der eine oder die andere die Krankheit noch mit sich herumtrug? Deshalb schlug er ihnen die Kirchentüre vor der Nase zu. Die Beter waren am Ende ihrer Kraft. Die Regener Marktbürger hatten sie nicht nach Neukirchen mitgehen lassen, in Patersdorf wurden sie ausgesperrt. Voller Trauer und Verlassenheit kamen sie wieder heim. Die Angst vor Krieg und Pest saß ihnen aber noch tief im Herzen. Sie hatten einen Bittgang zum Hl. Sebastian versprochen, und dieses Versprechen wollten sie halten.
Deshalb machen sie sich vierzehn Tage später erneut auf den Weg nach Patersdorf. Wieder stand der Pfarrer vor der Kirchentür, wieder fragte er sie misstrauisch, wo sie denn herkämen. Und dieses Mal sagten sie die volle, bittere Wahrheit. Sie sagten nicht mehr „aus Regen“, diese Aussage war ja beim ersten Mal nicht ganz richtig gewesen, sie waren ja gar keine Marktbürger, sie waren Regener zweiter Klasse, sie waren nur „Moizerlitzer“. Sie hatten beim ersten Mal ein bisschen hochgestapelt. Und so antworteten sie dieses Mal auf seine Frage ehrlich: „Wir kommen aus Moizerlitz!“
Der Pfarrer wusste nicht, wo das liegt. Patersdorf ist zwar nur 16 km von Regen entfernt, heute mit dem Auto ein Katzensprung, zu Fuß jedoch ein ganz schönes Stück. Und – was sehr wichtig ist: kurz nach Regen verläuft nicht nur die Pfarreigrenze, sondern auch die Bistumsgrenze zwischen dem Bistum Passau und dem Bistum Regensburg. Der Patersdorfer Pfarrer kam aus dem Bistum Regensburg, er war vielleicht noch nie im „passauischen Ausland“ gewesen und kannte die Unterschiede zwischen den Regener Ortsvierteln sicherlich nicht. „Moizerlitz“ war für ihn ein „böhmisches Dorf“, nicht nur im übertragenen Sinn. Und so war er überzeugt: Moizerlitz ist ein Dorf in Böhmen und die Wallfahrer sind 50 oder mehr Meilen bis Patersdorf gegangen. Und er war stolz, dass seine Kirche so bekannt ist. Und freudig ließ er sie eintreten und feierte mit ihnen die Pilgermesse.
Die Moizerlitzer gingen getröstet heim und gelobten, jedes Jahr am Mittwoch vor Michaeli nach Patersdorf zu wallfahrten. Und von da an trugen sie den Namen Moizerlitzer voller Stolz.

Ist diese Geschichte historisch verbürgt oder ist sie nur eine schöne Legende? Pfarrer Gotthard Oswald schreibt in seiner Geschichte des Marktes und der Pfarrei Regen von 1910:

„Der Gang nach Patersdorf, Mittwoch vor Michaeli, besteht seit 1634. Nach der Verwüstung des Marktes durch die Schweden am 10. Dezember 1633 brach im Viertel jenseits des Regens die Pest aus, und die Bewohner verlobten einen Bittgang nach Patersdorf, um die Hinwegnahme der Pest von Gott zu erflehen. Als sie aber das erstemal nach Patersdorf kamen und den Ort ihrer Herkunft nannten, ließ man sie nicht in die Kirche aus Furcht vor der Pest. Aber die Regener gingen ein zweitesmal nach Patersdorf, und um am Eintritt in die Kirche nicht gehindert zu werden, sagten sie, sie seien von Moizalitz.“

Moritat von der Moizerlitz

Dem legendären Heimatdichter Max Peinkofer hat diese Geschichte natürlich gefallen. Er schrieb ein kleines Theaterstück mit dem Titel „Der Kampf um die Moizerlitz“. Da lässt er ein böhmische Sängerpaar folgendes Lied zum Besten geben.

Nun tut vom Markte Regen / Ein Liedlein fangen an. //
Was dorten ist geschehen, / ergötzet jedermann. //
Die Pest war ausgebrochen / am linken Ufer drent. //
Es starben viele Menschen, / der Tod hat sie derrent. //
Drum ziehn die Schwerbedrängten / nach Patersdorf hinaus //
um Hilfe zu erflehen / im Gnadengotteshaus. //
Der Patersdorfer Pfarrer / fragt nach dem Heimatort. //
Und als sie Regen nannten, / schickt er sie wieder fort. //
Sie gehn betrübt nach Hause, / ihr Wunsch war nicht erfüllt. //
Nach vierzehn Tagen wallen / sie wieder zum Gnadenbild. //
Und an der Kirche Pforte / fragt man sie wiederum //
nach ihrem Heimatorte. / Nun staune, Publikum! //
Die Leut vom linken Ufer, / die haben Verstand und Witz. //
Sie zögern nicht und sprechen: / „Wir sind von Moizerlitz!“ //
Da ruft der Pfarrer freudig: / „Zieh ein, du fromme Schar, //
aus Moizerlitz in Böhmen, / und flehe am Altar!“ //
Und Regen am linken Ufer, / durch Schlauheit wohlbekannt, //
ward jetzt in allen Gauen / nur „Moizerlitz“ genannt. //
Drum will den Ort ich preisen / und seinen Mutterwitz. //
Es blühe und gedeihe / die schöne Moizerlitz! //

Die Wallfahrt in der Gegenwart

In den 1950er Jahren kam die Wallfahrt zum Erliegen. Stadtpfarrer Walter Wakenhut und eine kleine Gruppe Interessierter schickten sich 30 Jahre später an, die alte Tradition anlässlich des bevorstehenden 350-jährigen Jubiläums wieder aufleben zu lassen. Am 1. Oktober 1983 fand mit über 50 Betern eine „Probewallfahrt“ statt. Ein Jahr später, am Michelitag, machten sich rund 100 Wallfahrer mit Pfarrer Wakenhut auf den Weg. Auch Bürgermeister Heinz Wölfl schloss sich an und andere Regener (nicht nur Moizerlitzer) kamen per Bus und PKW nach. Am Ortseingang wurden die Wallfahrer vom Patersdorfer Bürgermeister und Fahnenabordnungen der Vereine herzlich willkommen geheißen und mit einer Blaskapelle zur Kirche geleitet. Dort empfing sie der Patersdorfer Pfarrer Hans Peter Bergmann und öffnete ihnen die Türen seiner schönen Kirche.

Seitdem wird das uralte Versprechen wieder regelmäßig eingelöst, inzwischen friedlich vereint zusammen mit den Bewohnern auf der anderen Seite. Am 26. September 2009 beging man das 375-jährige Jubiläum.

Einiges hat sich aber im Vergleich zu den ersten Jahrhunderten grundlegend geändert: Nicht nur die eigentlichen Moizerlitzer bringen gemeinsam betend ihre Anliegen vor Gott, sondern auch die Regener von der rechten Flussseite und aus allen Dörfern der Pfarrei. Und der Weg führt von der Heilig-Geist-Kirche aus bewusst über die Regenbrücke, über den Stadtplatz, durch die Deggendorfer Straße nach St. Johann, wo man über die Regenbrücke Raithmühle wieder auf das linke Ufer zurückkehrt. Über Metten, Sallitz und Sohl geht es nach Kaikenried, wo ein zweites Frühstück eingenommen wird. Die letzte Etappe führt nach Neumühle, wo man die Teisnach überquert, und dann hinauf nach Patersdorf. Nach dem Gottesdienst nimmt man dort im Gasthof Kargl das Mittagessen ein. Viele Teilnehmer machen den Rückweg mit dem Auto, doch ein harter Kern geht zu Fuß zurück zum Ausgangspunkt in der Moizerlitz. In den Herbsttagen Ende September oder Anfang Oktober ist das Wetter fast immer schön, so dass dieser Bittgang von (einfach) 16 km nicht nur die Seele, sondern auch den Leib stärkt.

Pilgerführer der letzten 80 Jahre

  • 1928: Josef Ruderer
  • 1932: Rudolf Geihe
  • 1936: August Schwaighofer
  • 1984: Josef Geihe
  • 1994: Helmut Fink
  • 1999: Josef Weiß
  • seit 2004: Stefan Stern und Martin Schnierle

Literatur

  • Hans Vogl: Regen – Geschichte und Geschichten, herausgegeben von der Stadt Regen 2010, S. 282 f