Wochinger-Brauerei

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Die Wochinger-Brauerei wurde 1948 in Rotthalmünster erbaut. Sie ist als Einzeldenkmal in der Denkmalliste geführt, 69 Besitzer sind als Eigentümer der Brauerei-Ruine im Grundbuch eingetragenen. Das Vivo-Grundstück, auf dem die Ruine steht, gehört seit den achtziger Jahren der Gemeinde.

Eine Brauerei-Szene - so könnte es auch in der Brauerei des Joseph Wochinger ausgesehen haben. (Repro: Gerold Zue)

Geschichte

Im Markt ist das Brauereiwesen eng mit dem Namen Wochinger verknüpft. Am 22. Oktober 1681 ehelichte Nikolaus Wochinger, Sohn des Bierbrauers und Amtskammerers Markus Wochinger von Griesbach, die Erbtochter Maria der Bierbrauerseheleute Sebastian und Judith Anthaler von Rotthalmünster. Mit der Heirat erwarb der junge Biersieder zugleich das Bürgerrecht. Das Braurecht auf dem Hause Anthaler war untrennbar mit dem Brauhaus verbunden. Je mehr Braugerechtsame ein Betrieb hatte, umso mehr Bier konnte er verkaufen. Die Brauereibetriebe waren bis zum 18. Jahrhundert nicht sehr groß. Es waren in aller Regel Familienbetriebe. Bei den Sudkesseln, Gärbottichen, Lagerfässern etc. gab es keine wesentlichen Neuerungen.

In ständigem Aufstieg des Geschäftes folgten Johann Paul Wochinger (1737 bis 1780), Jakob Wochinger, der Mitglied der bayerischen Abgeordnetenkammer war, von 1790 bis 1821; Joseph Wochinger von 1821 bis 1855; Kaspar Wochinger von 1855 bis 1886; Friedrich Wochinger 1886 bis zum Verkauf im Jahre 1910.

Brände und Verhaftung Jakob Wochingers

Der eigentliche Umbruch setzte erst um die Mitte des 18. Jahrhundert mit dem industriellen Zeitalter im Brauwesen ein. Große Brände in den Brauereien waren keine Seltenheit. Auch der Wochingerbräu wurde davon mehrmals betroffen. Nicht nur in der Mälzerei wurde es manchmal brenzlig. 1733 waren in "Münster" 14 Bürgerhäuser, darunter auch der Wochingerbräu, abgebrannt.

Am 2. April 1741 entstand bei Joh. Paul Wochinger im Stroh- und Heustadel ein großes Feuer, das sich in den Marktplatz hineinfraß. Wegen der großen Brandgefahr und der damals geringen Haltbarkeit durfte früher nur von Michaeli (29. Sept.) bis Georgi (23. April) gebraut werden.

Der Brauer Jakob Wochinger (1780-1821) erlebte die Napoleonische Zeit. Damals wurde Rotthalmünster hart mitgespielt. Es wurde öfters gebrandschatzt und einmal wurden aus dem Markt 28 000 Gulden herausgepresst. Der Wochinger Bierbrauer wurde als Bürge verhaftet und musste lange Zeit in Gefangenschaft in Passau schmachten, bis sich ein anderer Bürger von Rotthalmünster erbot, für Wochinger ins Gefängnis zu gehen.

Aufschwung im 19. Jahrhundert

Besonders Joseph Wochinger (1821 bis 1855) dachte sich mancherlei technische Neuheiten aus, um sein Bier besser und haltbarer zu machen. Eine bemerkenswerte Aufbauphase begann. Mit der Erlaubnis zur Errichtung einer zweiten Braupfanne (ab 1806) eröffnete sich die Möglichkeit, den Rahmen des überkommenen, handwerklichen Brauens zu sprengen. Bald erwiesen sich das alte Sudhaus und die Betriebsanlagen nach wenigen Jahren als zu klein. 1842 wurde von Joseph Wochinger mit erstaunlicher Voraussicht das große Brauhaus mit Mälzerei gebaut. Darin befinden sich eingewölbte Räume von beträchtlichen Ausmaßen. Die Malztennen im Erdgeschoss sind sogar mit Solnhofener Platten ausgelegt. Das Weichgut wurde in die meist im gewölbten Kellergeschoss gelegenen kühlen Malztennen gebracht und zum Keimen ausgebreitet. Es war ein mit modernen Einrichtungen ausgestatteter Betrieb. Ab diesem Zeitpunkt konnte der Ausstoß allmählich gesteigert werden. Von da an ging’s bergauf. Die Wochinger wurden zum dominierenden Brauergeschlecht im unteren Rottal.

Wochinger brachte es im Laufe der Zeit zu ansehnlichem Grundbesitz. Zahlreiche Grundstücke waren zielstrebig hinzugekauft worden. Auch dieser Bräu war angewiesen, seine Existenzgrundlage auf landwirtschaftlichen Besitz aufzubauen, der in Notzeiten die Lebenssicherung für die Familie war. 1835 wurde der vermögende Bräu und Bürger Joseph Wochinger als Abgeordneter in den Landtag gewählt. Auf seine Bemühung hin erhielt Rotthalmünster 1836 das Landgericht. Er war nicht nur ein geachteter und erfolgreicher Geschäftsmann, sondern auch ein Freund der Armen.

Am 6. September 1872 starb der Bierbrauer und Ökonomiebesitzer Josef Wochinger im Alter von 77 Jahren. Die Passauer Donauzeitung schreibt: „Herr Wochinger war so recht ein Mann, der sich jedem unvergesslich machte, der mit ihm nur ein Mal in Berührung kam. Nicht kennend jenes widerliche ekelhafte Geldprotzentum, das auf alles, was nicht im Besitze von Haus und Hof und Geld mit Verachtung herabsieht, war er der anspruchsloseste, höflichste Mann gegen Hoch und Nieder, Reich und Arm . . .“

Ende des Wochingerbräus (20. Jahrhundert)

Der Erfolg blieb der Familie Wochinger bis zum Verkauf im Jahre 1910 treu. Mit einem gewissen Gefühl der Wehmut geht man an alten, aufgelassenen Braustätten und Malzfabriken vorüber, wo vor vielen Jahrzehnten und Jahrhunderten lautes Leben wogte. Unter den Nationalsozialisten ab 1933 war die „gute, alte Zeit“ des Brauwesens endgültig vorbei.


Bürgermeister Franz Schönmoser in der früheren Wochinger-Brauerei. Foto: Schlegel

Diskussion um Abriss

Seit 1984 beschäftigt das Gebäude der ehemaligen Wochinger-Brauerei den Markt Rotthalmünster. Jetzt steht fest: Es gibt keinen Totalabriss für das denkmalgeschützte Gebäude. Lediglich der jüngste Gebäudeteil, ein Anbau hinter dem Stallgebäude, sei verzichtbar. So entschied das Landesamt für Denkmalpflege.

Seit Beginn der 90er-Jahre fristet die Anlage unberührt ihr Dasein. Und verfällt zusehends. 1984 wurde der Abriss des Gebäudes zum ersten Mal beschlossen. Ebenso am Donnerstag, 19. November 2009. Der Beschluss sorgte für heftige Diskussionen in der Kommune. Bei der Sanierung der Ex-Brauerei in den 90er Jahren ist viel kaputt gemacht worden, so wurden zum Beispiel Treppen nicht an die Geschosse angepasst. Seitdem ist die Anlage unberührt und verfällt zusehends. Anfang November 2009 hatte die Einkaufsmarkt Rotthalmünster GmbH mit Sitz in Neuburg am Inn daher die Erlaubnis für den Abriss der Wochinger-Brauerei beantragt, Investor Heinz Rosenberger würde 2010 gerne einen Edeka-Markt bauen. Der Beschluss aus dem Bauausschuss, das Areal für einen Supermarkt-Neubau freizugeben, ist mit der Entscheidung des Landesamtes für Denkmalpflege zwar vom Tisch. Nicht jedoch das Bauprojekt an sich. Der Investor muss aus Sicht des Denkmalschutzes andere Vorschläge unterbreiten.

Eine Alternative wäre die Nutzung des Gewölbe-Kellers als Museum. Die Bayerische Staatsregierung suche einen Standort für ein Museum der bayerischen Geschichte. Darum haben sich allerdings insgesamt rund 50 Orte und Städte aus Bayern beworben.

Literatur