Kastenhof Landau - Das Museum für Steinzeit und Gegenwart

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Der Eingang zum Niederbayerischen Archäologiemuseum Landau a.d.Isar im Kastenhof

Der Kastenhof Landau - Das Museum für Steinzeit und Gegenwart ist ein Archäologiemuseum in der Stadt Landau an der Isar im niederbayerischen Landkreis Dingolfing-Landau.

Beschreibung

Das Museum wurde 1995 als elfte Zweigstelle der Archäologischen Staatssammlung München im Kastenhof, einem 1224 erbauten ehemaligen Herzogssitz der Wittelsbacher eröffnet. 1997 wurde es bei der Verleihung des Europäischen Museumspreises ausgezeichnet. Es vermittelt die Kulturgeschichte des Menschen in Niederbayern der Steinzeit. Neben der Dauerausstellung bietet es wechselnde Sonderausstellungen, Führungen, Workshops, Ferienprogramme und vieles mehr.

Dauerausstellung

Die Ausstellung konzentriert sich auf die Jungsteinzeit und stellt die kulturhistorischen Veränderungen dieser Epoche sowie deren Auswirkungen auf das moderne Leben dar. Da viele heutige Lebens- und Gesellschaftsmodelle auf die sesshaft gewordenen Menschen, die Einführung der Landwirtschaft und ihre Begleiterscheinungen zurückgehen, steht diese Zeit im Mittelpunkt der Museumspräsentation. Die Ausstellung verdeutlicht diese Zusammenhänge durch den Vergleich moderner Gegenständen des täglichen Lebens mit archäologischen Originalen und Rekonstruktionen. Themen wie Nachhaltigkeit und gesellschaftliche Entwicklung spielen eine wichtige Rolle während des Rundgangs. Besonderes Augenmerk wird auf die Darstellung vergangener Lebenswelten und die Einordnung von archäologischen Artefakten gelegt. Neben zahlreichen nachgebildeten Gegenständen aus der Jungsteinzeit zeigen fünf großformatige Lebensbilder Siedlungs-, Wirtschafts- und Gemeinschaftssituationen aus verschiedenen Abschnitten dieser Zeit. Die Ausstellung umfasst hunderte archäologische Objekte aus der Region, ergänzt durch Nachbildungen von Funden mit organischer Erhaltung, um die Jungsteinzeit in Bayern zu veranschaulichen. Besonders bemerkenswert sind zum Beispiel zwei gebogene Goldbleche aus Aufhausen, die zu den ältesten Goldobjekten Bayerns gehören. Die Ausstellung wurde durch Fördermittel des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) ermöglicht und vom Freistaat Bayern im Rahmen des Entwicklungsprogramms für den ländlichen Raum in Bayern 2014–2020 mitfinanziert. Weitere Mittel wurden vom Landkreis Dingolfing-Landau, der Landesstelle für nichtstaatliche Museen in Bayern, dem Kulturfonds Bayern – Kunst und dem Förderkreis Niederbayerisches Archäologiemuseum e. V. bereitgestellt.

Lisar

Die lebensechte Figur Lisar stellt das Herzstück der Ausstellung dar, die rund um ihren fiktiven Tagesablauf herum erstellt wurde. Auf wissenschaftlicher Grundlage wurde sie von den bekannten Paläo-Künstlern Adrie und Alfons Kennis in den Niederlanden entworfen und gestaltet. Aus deren Werkstatt stammt unter anderem auch die Figur der Eismumie Ötzi in Bozen und viele weitere Nachbildungen in renommierten Museen. Als Ausgangsmaterial für Lisar diente eine Linienbandkeramische Bestattung aus Essenbach bei Landshut, welche mit der Radiokarbondatierung in das 53. Jahrhundert vor Christus datiert werden konnte und sie damit in die Zeit der ersten Bauern der Region setzt. Das Grab der im Alter von etwa 60 Jahren verstorbenen Frau befand sich inmitten einer Linienbandkeramischen Siedlung. Als Grabbeigaben wurden ihr vier Keramikgefäße, ein Stein und ein Knochengerät, welches als Töpferwerkzeug interpretiert wurde, beigelegt. Die Kleidung und der Schmuck der Figur wurden nach zeitgleichen Bestattungen der Region rekonstruiert. Ihr Erscheinungsbild wurde unter anderem auf Grund einer aDNA Analyse entworfen, welche braune Augen, braune Haare und einen mediterranen Hautton ergab. Lisars Vorbild war zu Lebzeiten ca. 1,45m groß und gut bemuskelt, wies aber Spuren leichter Arthrose am Skelett auf. Trotz ihres Alters befand sie sich in einem relativ guten Gesundheitszustand. Ihr Tod wurde vermutlich durch eine nicht heilen wollende Kieferentzündung verursacht. Genau wie Ötzi war sie laktoseintolerant.

Museumspädagogik

Die museumspädagogische Ausrichtung des Museums zeigt sich in zahlreichen verschiedenen Führungen und Workshops, die sich sowohl an Kinder als auch an Erwachsene richten. Bei der Neugestaltung des Museums wurden mit Hilfe der Bramenkamp-Stiftung auch die Räumlichkeiten der Museumspädagogik renoviert.

Kulturhaus Kastenhof

Der Kastenhof beherbergt nicht nur das Steinzeitmuseum, sondern wird auch als Kulturhaus genutzt. Im Herzogsaal finden verschiedene Veranstaltungen wie Hochzeiten, Vorträge, Konzerte und ähnliches statt. Der in den 90er Jahren angebaute Glassaal kann ebenfalls für Veranstaltungen genutzt werden, findet aber auch häufig Verwendung als Sonderausstellungsraum. Weitere Teile des historischen Gebäudes enthalten die städtische Musikschule, einen Proberaum für die Stadtkapelle, die Stadtbücherei und eine Außenstelle der Kreisarchäologie Dingolfing-Landau.

Geschichte des Kastenhofs

An einer der höchstgelegenen Stellen des Stadtgebietes, befindet sich der Kastenhof in der südöstlichen Ecke der mittelalterlichen Oberen Stadt. Der Komplex besteht aus einem langgezogenen, dreigeschossigen Hauptgebäude mit steilen Giebeln und ehemaligen Stall- und Speichertrakten. In seiner Historie wurde der Kastenhof unter anderem als Verwaltungsgebäude, Speicher und Gefängnis genutzt. Über die frühen Jahre des Gebäudes gibt es keine gesicherten Quellen. Auch wenn die Interpretation als Schloss zu weit führen würde, kann auf Grund der Lage doch davon ausgegangen werden, dass der Kastenhof eine wichtige Rolle in der mittelalterlichen Stadt eingenommen hat. Er enthielt in jedem Fall die Wohn- und Arbeitsräume wichtiger Justiz- und Verwaltungsbeamter. Ab 1421/1422 wird das Gebäude ihn Rechnungsbüchern erwähnt.

Älteste Bauteile

Ein Teil der südlichen Außenwand besteht aus einem Abschnitt der ansonsten fast gänzlich verschwundenen mittelalterlichen Stadtmauer der Oberen Stadt von Landau a.d.Isar. Die Mauer war zu Beginn unverputzt und wurde wohl 1504 beim Stadtbrand in Folge des Landshuter Erbfolgekrieges starker Hitze ausgesetzt. Dies konnte bei in den 80er Jahren durchgeführten Bauuntersuchungen festgestellt werden. Des Weiteren wurde um 1504 der Dachstuhl des südwestlichen Gebäudeteils aufgesetzt. Eine Wand mit gotischen Fensternischen aus diesem Bereich deuten auf einen Vorgängerbau, der teilweise aus Fachwerk bestanden haben könnte.

Nutzung als Kasten

Als „Kasten“ werden Gebäude bezeichnet, die zur Lagerung von Naturalabgaben der Bevölkerung – hauptsächlich Getreide – verwendet wurden. Der Landauer Kastenhof war zudem als Sitz des Kastenamtes ein Verwaltungszentrum. Er überlebte im Landshuter Erbfolgekrieg den Sturm auf die Stadt durch die Truppen von Albrecht IV. und wurde im Anschluss daran repariert. Unter anderem der älteste Bereich mit seinem Satteldach; auch wird die heute noch erhaltene Holztreppe in diese Zeit datiert. In historischen Dokumenten wird eine „Dürnitz“ – ein beheizbarer Speise- und Gemeinschaftsraum – erwähnt. Der eigentliche Kasten, ein Satteldachbau mit Blendbögen und Spitzbogenfenstern aus einer 2. Bauphase nach 1504, schließt im Norden an diesen Bauteil an. Seitdem späteren 16. Jahrhundert wurde das Gebäude zumeist als Getreidespeicher verwendet. Der heutige Dachstuhl stammt aus den Jahren 1786/87.

Registratur und Gefängnis

Nach Abschaffung der Erhebung von Naturalabgaben 1848, hatte der Kasten seinen ursprünglichen Zweck verloren. So konnten einige Teile des Gebäudekomplexes anderweitig genutzt werden. Zwei Zimmer im Erdgeschoss wurden Ende des 18. Jahrhunderts überwölbt und teils mit Freskomalereien ausstatten. Hier zog die Registratur des Landgerichts Landau ein, um Akten zu lagern. Die Decken- und Wandmalereien zeigen diverse Wappen und Szenen mit Bezug zum Rechtswesen, wie eine Justitia mit Schwert und Waage oder das salomonische Urteil. Nach der Trennung von Justiz und Verwaltung in Bayern 1861/62 wurde der Kastenhof umfassender vom Amtsgericht genutzt, bis dieses 1940 an seinen momentanen Aufenthaltsort umzog. Der langgestreckte Südtrakt des Kastenhofs wurde 1815/16 als Gefängnis („Fronfeste“) des Landgerichts neu errichtet. Die Südwand mit den Resten der mittelalterlichen Stadtmauer wurde währenddessen weitergenutzt. Die ehemaligen Wirtschaftsräume und eine dem heiligen Georg geweihte Kapelle gingen mit dem Neubau verloren. Neben den Zellen waren im Neubau eine Dienstwohnung für den Gerichtsdiener sowie ein Verhörraum untergebracht. Das Gefängnis hatte sich davor im Rathausgässchen befunden.

Privatbesitz und Rückkauf der Stadt

Ab dem Beginn des 19. Jahrhunderts wurden mehr und mehr Bestandteile des Gebäudekomplexes in private Hand verkauft und dienten in der Folge teils als Apartments, teils als Geschäfts- oder Lagerräume. 1985 und 2008 konnte die Stadt Landau das renovierungsbedürftige Gebäude in ihren Besitz bringen, um es als baugeschichtliches Erbe zu bewahren. Von 1988 bis 1991 wurde der südliche Teil des Kastenhofs grundlegend saniert und in der Folge zum Kulturhaus mit Museums-, Ausstellungs- und Veranstaltungsräumen erweitert. Im Zuge des Umbaus fanden archäologische Ausgrabungen statt. Verantwortlich für den Entwurf des beeindruckenden Museumsbaues waren die Architekten Prof. Matthias Reichenbach-Klinke und Hans Schranner, die gekonnt die historische Substanz des Gebäudes und neumodische Bestandteile aus Stahl und Beton verbanden.

Niederbayerisches Archäologiemuseum

Das Niederbayerische Vorgeschichtsmuseum wurde im Juli 1995 als elftes Zweigmuseum der Prähistorischen Staatssammlung München eröffnet. Nach der Umbenennung des Mutterhauses in Archäologische Staatssammlung München wurde der Name des Museums im Jahre 2001 in Niederbayerisches Archäologiemuseum geändert. 1997 wurde die Sammlung auf Grund des damals wegweisenden Einsatzes moderner Technik in einem Archäologiemuseum mit dem „Europäischen Museumspreis“ ausgezeichnet. Die Ausstellungsthemen umspannten die Kulturgeschichte der Jäger und Sammler bis zum Mittelalter. Nach 20 Jahren Laufzeit ohne größere Veränderungen übernahm die Stadt Landau 2015 den Betrieb und initiierte die Neugestaltung zu einem neuartigen Themenmuseum. Es folgten einige Jahre Planung und ab 2019 der Umbau zum Kastenhof Landau – Das Museum für Steinzeit und Gegenwart.

Weblinks