Kraftwerk Pleinting

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Die beiden Kamine des Ölkraftwerks sind ein Wahrzeichen Pleintings.
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Zeugnis vergangener Größe: Neun Jahre lag das Kraftwerk Pleinting in Kaltreserve. (Foto: Baumgartl)
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Die landschaftsprägenden Kamine (einer davon 180 Meter hoch) werden in absehbarer Zeit verschwinden, die Überlandleitungen bleiben. (Foto: Rücker)

Das Kraftwerk Pleinting ist ein stillgelegtes Ölkraftwerk in Pleinting (Landkreis Passau). Es wurde im Februar 2011 endgültig stillgelegt, nachdem es sich bereits seit 2001 in Kaltreserve befand.

Geschichte

Glanzzeiten

Gebaut wurde das Kraftwerk Pleinting in den Jahren 1968 (Block I) und 1976 (Block II) durch das Bayernwerk. Damals wurde es noch mit Schweröl beheizt und war rund um die Uhr in Betrieb. In Spitzenzeiten gingen bis zu 180 Mitarbeiter aus und ein, eine große Lehrwerkstatt beschäftigte 50 Auszubildende. Die Stromerzeugung funktionierte immer nach demselben Prinzip: Durch Ölverbrennung wird Wasserdampf erzeugt, der eine gigantische Turbine antreibt. Weil die Turbine mitsamt Generator rund 40 Meter lang ist, braucht sie regelmäßig Bewegung. Die Gesamtleistung beider Blöcke lag bei 694 Megawatt pro Stunde – damit konnte das Kraftwerk bei Volllast rund 400.000 Haushalte versorgen. Der Wirkungsgrad lag jedoch gerade einmal bei 40 Prozent.

Kaltreserve

1996 versetzte das Bayernwerk Block I nach 28 Jahren in Kaltreserve. Als so genanntes Spitzenlast-Kraftwerk ging es damit nur mehr dann in Betrieb, wenn der Strombedarf erhöht war oder andere Kraftwerke ausfielen. 2001 überführte der EON-Konzern, zu dem das Kraftwerk seit 2000 gehörte, dann auch Block II in Kaltreserve.

Die gigantischen Turbinen des Kraftwerks wurden fortan nur mehr einmal in der Woche gedreht, da sie sonst durchhängen würden. Zwölf Mitarbeiter hielten die Anlage funktionstüchtig – auch noch neun Jahre, nachdem sie vom Netz gegangen war. Es wurden tägliche Kontrollgänge über das Gelände, laufende Messungen an der Anlage, TÜV-Prüfungen, Reparaturarbeiten und die ständige Überwachung von Turbine, Lüftung, Dampfkreislauf oder Feuerlöschersystem durchgeführt. Mehrere Millionen Euro pro Jahr ließ sich EON diesen Zustand der so genannten Kaltreserve kosten.

Stilllegung

In den folgenden Jahren haben die regionalen Politiker den Stromriesen EON immer wieder aufgefordert, endgültig eine Entscheidung über die Zukunft des Kraftwerkes zu treffen. Bürgermeister Georg Krenn etwa brachte mehrmals eine mögliche Umwandlung in ein Gaskraftwerk ins Spiel. Laut Krenn wäre der Standort hierfür ideal durch seine Infrastruktur geeignet. Außerdem liegt in der Nähe bereits eine Hochdruckgasleitung der Ruhrgas AG, die ohne größeren Aufwand genutzt werden könne. Neben einem hervorragenden Hochspannungsnetz wäre nicht zuletzt eine günstige Kühlwasserversorgung vorhanden. Die Landtagsabgeordneten Bernhard Roos (SPD) und Eike Hallitzky (Grüne) traten ebenfalls für die Errichtung eines Gaskraftwerks ein. Eine solche Anlage könne die Schwankungen bei Wind- und Sonnenenergie ausgleichen.

Bei einem Treffen am 3. Februar 2011 zwischen Landrat Franz Meyer, Bürgermeister Georg Krenn und der EON-Spitze gab es dann überraschend ein Ergebnis: Das Ölkraftwerk wurde endgültig stillgelegt. Sowohl die Umrüstung der Anlage zu einem Gaskraftwerk als auch ein erneutes Anfahren der Anlage im jetzigen Zustand seien wirtschaftlich „nicht realisierbar“ gewesen. Bei der Nachfolgenutzung des Areals wolle man EON in die Pflicht nehmen, kündigten Georg Krenn und Franz Meyer an. Sie sehen die Chance, dass in Pleinting eine Gewerbefläche in Top-Lage entstehen kann, „frei für jegliche Nutzung“. Dazu gehöre auch die Möglichkeit, dass ein neues Kraftwerk entstehe – von wem auch immer gebaut. Der Standort eigne sich optimal dafür. EON teilte mit, dass diesbezüglich noch nichts entschieden sei.

Fremdnutzung des Geländes

Das Gelände gehört nicht mehr allein dem Kraftwerk. So zeugen Antennen auf dem Dach von Mietverträgen mit diversen Mobilfunkbetreibern. Ebenfalls vermietet ist das Gelände des ehemaligen Ölbahnhofs an den Flüssiggas-Lieferanten Gößwein. Auf dem Areal der früheren Mitarbeiter-Wohnanlage nahe der B 8 konstruieren heute die Spezialisten der Firma Wethje Kunststoff- und Karbon-Fahrzeugteile der Spitzenklasse und nach dem Verkauf von Reserveflächen an Hornbach hat der Baumarkt-Gigant dort ein Logistikzentrum errichtet.

Zum Jahresende 2015 wurde das leerstehende ehemalige Verwaltungsgebäude des Kraftwerks zur Erstaufnahmeeinrichtung für bis zu 200 Asylbewerber. Am 21. März 2016 bestiegen vier syrische Flüchtlinge einen der beiden Kamine des Kraftwerks, um auf ihre unbefriedigende Situation hinzuweisen. Polizei, Rotes Kreuz und Bergwacht waren mit rund 150 Einsatzkräften vor Ort. Nach rund drei Stunden in 140 Metern Höhe zeigten sich die vier Männer bereit, wieder herunterzukommen, wagten aber den Abstieg nicht. So wurden sie einzeln von einem Polizeihubschrauber geborgen.

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Literatur