Kulturzentrum ProLi
Das Kulturzentrum ProLi war ein 2008 im ehemaligen Promenade-Lichtspiele, kurz „ProLi“, eröffnetes Kultur- und Veranstaltungszentrum in Passau. Es musste Ende November 2009 wegen Lautstärkeproblemen schließen.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Umbau vom Kino zum Kulturzentrum
Das Promenade-Lichtspiele war bis Herbst 2006 ein Kino der Filmtheaterbetriebe Vesper. Der Kinobetrieb des ProLi wurde jedoch als Folge der Eröffnung des neuen und moderneren Cineplex in der Passauer Neuen Mitte am 15. Oktober 2006 eingestellt. Danach folgten einige Spekulationen über die künftige Nutzung des Gebäudes. Die Vespers selbst bevorzugten stets ein „Café mit Veranstaltungsbetrieb“ und führten bis April 2008 Gespräche mit einigen Interessenten. Daraus gingen letzten Endes Alexander Gubisch und Katharina Rauecker als neue Pächter hervor.
Über die Sommermonate 2008 bauten die beiden das ehemalige Kino zu einem Kultur- und Veranstaltungszentrum um. Dafür wurde das ehemalige „Donau-Kino“ zum Veranstaltungsraum „Donaukeller“ mit Theaterbühne umgebaut. Den früheren Projektorraum funktionierte man zu einer kleinen Bar um, in der Snacks und Kuchen serviert werden können. Das „Inn“ wurde zur „Inn-Lounge“ mit Café- und Barbetrieb. Der kleinste der drei alten Kinosäle, das „Ilz“-Kino, wurde zu einem Backstageraum umgebaut und war mittels Schiebetüren auch über das „Inn“ zu erreichen. Außerdem wurden neue Böden verlegt, die Toilettenanlagen erheblich erweitert sowie die Dachterasse über dem Foyer ausgebaut und verschönert. Bereits Anfang April war zudem der Bau eines neuen Treppenaufgangs zur Wohnung der Verpächter, der Kinofamilie Vesper, über den ProLi-Räumen erfolgt.
Nach dem Umbau verfügte das Kulturzentrum über eine Kapazität von 250 Personen mit Bestuhlung bis zu 450 Personen ohne Bestuhlung im 152 m² großen „Donau“. Im Café „Inn“, das auch eine kleine Bühne hat, ist mit Bestuhlung für 80 Personen Platz.
Eröffnung und Nachrüstung
Die Eröffnung des Kulturzentrum ProLi erfolgte am 1. Oktober 2008 zunächst mit einer geschlossenen Eröffnungsfeier, die dann ab 22:00 Uhr für Alle geöffnet war. An diesem Abend fand mit dem Auftritt der österreichischen Band Düsenfried And The Stuffgivers auch der erste Live-Act im ProLi statt. Das offizielle Eröffnungskonzert von Jennifer Rostock & Themroc fand am Tag darauf mir rund 280 Besuchern statt, die Eröffnungsparty mit Elektrofloor, Reggae/Funk-Floor und Chill-Out-Floor folgte am 4. Oktober.
Bereits Mitte November 2008 erfolgte eine erste Nachrüstung des ProLi, nachdem sich Anwohner über Lärm beschwert hatten. Ursache für das Lärmproblem waren in den beiden Nachbarhäusern verankerte Stahlträger, auf denen die beiden kleinen Kinosäle im ersten Stock liegen. Diese Träger hatten die Schwingungen fast wie bei einer Stimmgabel auf das Nachbarhaus übertragen. Um Abhilfe zu schaffen wurde eine zusätzliche, fast 30 Zentimeter dicke Verschalung an den Wänden der Veranstaltungsräume angebracht. Die Kosten dieser Nachrüstung beliefen sich auf insgesamt 25.000 Euro.
Lärmschutzprobleme und Schließung
Trotz der guten Resonanz aus der Bevölkerung wie auch aus der Kulturszene war die Bilanz zum einjährigen Bestehen des ProLis eher „ernüchternd“: Es gab finanzielle Engpässe und offene Rechnungen von einem schlechten ersten Sommer her. Das größte Problem war aber nach wie vor die Lautstärke, trotz mehrfacher Schallschutz-Verbesserungen und Investitionen von rund 30.000 Euro in die entsprechende Dämmung. Selbst danach waren die Partys und Konzerte des Kulturzentrums noch zehn bis 20 Dezibel zu laut in den direkt angrenzenden Nachbarhäusern zu hören. Weitere Maßnahmen hätten laut den Betreibern bis zu 100.000 Euro gekostet, wobei sie aber nur eine 30-prozentige Besserung versprachen.
Darunter litten natürlich die Einnahmen, denn um Gewinn zu machen, hätte es mindestens zwei bis drei Großveranstaltungen pro Woche geben müssen. Dies hätte aber einen ziemlich konstanten Lautstärkepegel in den angrenzenden Wohnungen bedeutet, den die Betreiber ihren ohnehin toleranten Nachbarn nicht zumuten wollten. Das Projekt schien damit in einem Teufelskreis aus fehlenden Einnahmen und Lärmschutzauflagen festgefahren. Für eine Location, zu der die Leute ab zehn kommen, war die Verpflichtung auf ein Veranstaltungsende um elf Uhr ein zynisches Todesurteil auf Raten. Ein Ausweg daraus hätte nur eine breitere Ausrichtung des Kulturzentrums sein können, in der über Generationen und Subkulturen hinweg der integrative Faktor des ProLi zum Tragen kommt.
Die kollektive Diskussion darüber lief noch bis Ende November 2009, ohne dass ein tragfähiger Ausweg gefunden werden konnte. Die letzte Hoffnung der Betreiber, die Stadt Passau könnte noch etwas zuschießen, hatte sich nach einem Runden Tisch unter anderem mit Oberbürgermeister, Ordnungsamt und Kulturamt erledigt. Auch Hauseigentümer Manfred Vesper, mit dem die Betreiber noch Mitte Oktober 2009 gesprochen hatten, habe seinen Investitionsrahmen ausgeschöpft gesehen.
Daher wurde das Kulturzentrum ProLi Ende November 2009 geschlossen, das Dezemberprogramm wurde nicht mehr gespielt. Alternativen wie das ProLi vorerst als Café weiterzuführen, kamen für die Betreiber nicht infrage.
Veranstaltungen
Im Kulturzentrum ProLi fanden zu einem großen Teil Konzerte verschiedenster Musikrichtungen statt, die zumeist von den Betreibern organisiert werden. Davon abgesehen sind aber auch viele andere interessante Veranstaltungen geboten, wie zum Beispiel Theateraufführungen, Lesungen, Mottoabende, Tanzkurse oder auch ein Philosophisches Café. Anlässlich der Präsidentschaftswahlen 2008 in den USA wurde sogar eine eigene Wahlparty auf die Beine gestellt.
Auch andere Passauer Initiativen und Einrichtungen nutzten das ProLi für Veranstaltungen, so etwa das ScharfrichterHaus, das Zeughaus oder das Internationale Filmfest Passau.
Im ersten Jahr des Bestehens kamen alle paar Wochen angesagte Bands: „Die Happy“ als eine der ersten noch 2008, 2009 waren es dann bereits die argentinische Ska-Band „Panteón Roccoco“ und der Rapper Samy Deluxe. Das durchwegs ambitionierte Programm erfuhr im Oktober 2009 einen Höhepunkt mit der rumänischen Kult-Kapelle „Fanfare Ciocarlia“, nicht nur wegen der Mitgliederzahl einer der größten Acts im ProLi. Als „LaBrassBanda“ noch in den Windeln lag, blies diese rasende Dorfkapelle schon zur Ekstase und füllte dem Balkan-Hype die Tanzflächen. Eine solche Gruppe konnte in Passau bisher einfach kaum in einem passenden Ambiente auftreten: zu groß, zu laut, zu tanzbar. Da mussten zuvor schon die Festspiele Europäische Wochen als Veranstalter einspringen, um diese Kapelle zu holen – auf den Campus der Deggendorfer Hochschule.
Kontakt
Kulturzentrum ProLi
Unterer Sand 13
94032 Passau
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Weitere Bilder
Siehe auch
Literatur
- Katharina Ritzer: Das ProLi soll ein Ort der Kultur bleiben. In: Passauer Neue Presse vom 25. Januar 2007 (S. 29)
- Stefanie Borchardt: Ein Schwerpunkt auf die Vielfalt – das Kulturzentrum für Jedermann. In: Passauer Neue Presse vom 9. April 2008 (S. 37)
- Franz Danninger: Was wird aus den leeren Kino-Sälen? In: Passauer Neue Presse vom 9. Mai 2007 (S. 27)
- Katharina Ritzer: Neues ProLi zieht neue Veranstalter an. In: Passauer Neue Presse vom 15. August 2008 (S. 39)
- Anonymus: ProLi – aus alt mach neu! In: Passauer Stadtmagazin vom September 2008 (S. 21)
- Anonymus: Das Warten hat ein Ende: das ProLi eröffnet wieder! In: INNSIDE vom Oktober 2008 (S. 23)
- Claudia Knobloch: Lichtspiele für die Kultur in Passau. In: Passauer Stadtmagazin vom Oktober 2008 (S. 20)
- Julian Hoffmann: Das ProLi ist wieder da. In: Passauer Neue Presse vom 1. Oktober 2008 (S. 38)
- Raimund Meisenberger: Wir sind dazu bestimmt. In: Passauer Neue Presse vom 3. Oktober 2008 (S. 8)
- Simone Strobl: „Willkommen im neuen ProLi“. In: Passauer Neue Presse vom 3. Oktober 2008 (S. 45)
- Katharina Ritzer: Klagen über Lärm: ProLi rüstet nach. In: Passauer Neue Presse vom 26. November 2008 (S. 35)
- Laura Lugbauer: Ein halbes Jahr mit viel Spaß und wenig Schlaf. In: Passauer Neue Presse vom 19. Mai 2009 (S. 22)
- Laura Lugbauer: Ein Jahr ProLi: Licht und Schatten im Theater. In: Passauer Neue Presse vom 3. Oktober 2009 (S. 29)
- Frank Müller: Rettet die Utopie von nebenan! In: Passauer Neue Presse vom 10. Oktober 2009 (S. 19)
- Raimund Meisenberger: ProLi: Der letzte Vorhand fällt. In: Passauer Neue Presse vom 27. Oktober 2009 (S. 7)
- Reinhard Wilhelm: Warum die Stadt das ProLi nicht gerettet hat. In: Passauer Neue Presse vom 28. Oktober 2009 (S. 19)
- Thomas Seider: Kultur-Geld: Manche so viel, andere so wenig. In: Passauer Neue Presse vom 29. Oktober 2009 (S. 25)
- Thomas Seider: Stadtrat ist erschüttert über das Aus des Prolis. In: Passauer Neue Presse vom 31. Oktober 2009 (S. 28)
- Frank Müller: Bringt die Uni neues Leben ins ProLi? In: Passauer Neue Presse vom 25. November 2009 (S. 6)
- Elke Zanner: Kultur ohne Krawall. In: Passauer Neue Presse vom 13. Juli 2011 (S. 21)
Diesem Artikel wurde am 22. Juli 2010 das Prädikat „Ausgezeichneter Artikel“ verliehen. |