Müggenburg-Haus (Zwiesel)

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In den Sechzigerjahren entstand dieses Bild des Müggenburg-Hauses in der Dr.-Schott-Straße. (Repro: Haller)
Das Ende: Im März 2010 bohrte sich der Abrissbagger durch das Haus. (Foto: Haller)

Das Müggenburg-Haus war ein geschichtsträchtiges Haus in Zwiesel. Es war einst Heimat von Rimpler Glas. Im März 2010 wurde das Gebäude abgerissen.

Geschichte

Das im Volksmund liebevoll „Müggenburg-Haus“ war äußerst bekannt in Zwiesel. Es war ein hohes, spitzgiebeliges Haus in der Dr.-Schott-Straße, zwischen Hotel Waldbahn und Hotel Kapfhammer. Es hatte nicht nur eine interessante Form, sondern auch eine interessante Geschichte.

Nach Auskunft von Gerhard Pscheidt vom Vermessungsamt besaßen die Eheleute Anna und Heinrich Kapfhammer unmittelbar unterhalb der „Gastwirtschaft zur Waldbahn Adam Keilhofer“ (heute Hotel Waldbahn) ein großes Grundstück. Darauf stand ihr Wohnhaus mit Gastbetrieb (heute Hotel Kapfhammer). 1926 ließen die Kapfhammers das Grundstück teilen und sie verkauften Haus und Grund an Caspar Graf von Preysing-Lichtenegg-Moos. Auf dem Restgrundstück errichteten die Eheleute Kapfhammer 1927 das besagte spitzgiebelige Wohnhaus mit Pferdestall, Maschinenschupfe, Heuboden sowie Wagenschupfe mit Holzlege. Sie hatten nun keinen Gastbetrieb mehr, sondern vermieteten Zimmer und führten eine Metzgerei. Angeblich war die stattliche Höhe des Hauses ein kleiner Racheakt der Familie Kapfhammer an ihren Nachbarn. Die höher liegende „Wirtschaftslokalität“ von Adam Keilhofer hatte ihrem Gastbetrieb wohl gehörig Konkurrenz gemacht, so dass sie in Zahlungsschwierigkeiten gekommen waren. Als kleine Genugtuung soll das Ehepaar Kapfhammer das neue, tiefer liegende Haus so hoch gebaut haben, dass es auf alle Fälle höher als das ihrer Nachbarn war.

Die weitere Geschichte des später „Müggenburg-Haus“ genannten Gebäudes kann Christa Steger (geb. Müggenburg) aus Riedlhütte erzählen. Im Jahr 1938 kaufte die Witwe Anna Huber (geb. Dachs, verw. Bader; Großmutter von Christa Steger) das Anwesen. Sie hatte in der gleichen Straße zusammen mit ihrem Mann Ludwig den Gasthof „Bayrischer Wald“ mit Kegelbahn (später Fruhstorfer) geführt. Als ihr Mann starb, konnte sie das große Haus alleine nicht mehr bewirtschaften. Anna Huber beschränkte sich in ihrem neuen Domizil auf die Vermietung einfacher Zimmer.

Nach den Kriegswirren übernahm Anna Hubers Tochter Anni Müggenburg (geb. Bader) die Vermietung der Zimmer. In das hohe Dachgeschoss zog die Künstlervereinigung „Bayerwaldkunst-Ludwigsthal“. Anni Müggenburg galt als „Mutter der Glasfachschüler“, fast das ganze Haus war an Schüler der Fachschule vermietet.

1946 mietete Emil Rimpler die unteren Räume für Werkstätten und Laden. Der Zweite Weltkrieg war zu Ende. Eine Rückkehr nach Haida zu seiner Ehefrau Maria und seinem Gravurbetrieb war nicht mehr möglich. Maria Rimpler gelang es unter schwierigsten Umständen, Gravur- und Schleifböcke sowie Werkzeuge für ihren Mann in Eisenstein über die Grenze zu schmuggeln. Emil Rimpler konnte so zwei Arbeitsplätze für Kugler und sechs Arbeitsplätze für Glasgraveure schaffen. Seine ersten Mitarbeiter waren Vertriebene aus Nordböhmen: Glasfachschullehrer und Glasgraveurmeister wie Professor Otto Pietsch, Rudolf Wagner und Fritz Pech. Neben seiner Glasveredelungswerkstätte kümmerte sich Emil Rimpler um weitere Landsleute. Das ehemalige Kapfhammer-Haus wurde so zur Auffangstelle für Vertriebene aus Nordböhmen.

Emil Rimplers Gattin konnte mit Tochter Annemarie erst 1949 nachkommen. Ab diesem Zeitpunkt führte sie das Ladengeschäft Rimpler im gleichen Haus. Nach dem Auszug der Rimplers um 1960 mieteten sich in den unteren Räumen weitere Handwerker und Betriebe ein, wie Christian Klebsch, die Firma Hallor (Kunststoff-Jahrmarktartikel), die Farbgroßhandlung Rosenberg (Anbau aus Holz) und Schreibwaren Rudolf Stöcker. Nach dem Tod von Anni Müggenburg im Jahr 1994 verkaufte die Erbengemeinschaft Müggenburg/Röck das Anwesen an Nachbarn. Nach Jahre langem Leerstand war das Haus baufällig geworden, so dass die Entscheidung fiel, es abzureißen. Die weitere Nutzung des Geländes war im März 2010 noch nicht geklärt.

Literatur