Rotthofer Siebenschläferkirche

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Die Siebenschläferkirche.
Siebenschläfer - die Rokoko-Version.
Siebenschläfer-Altar. Foto: Nöbauer

Die Siebenschläferkirche in dem zum Markt Ruhstorf an der Rott gehörenden Ort Rotthof ist vor allem durch ihren Altar, der 1758 vom deutschen Stuckateur Johann Baptist Modler errichtet wurde, berühmt.

Geschichte

Vom 25. Juni 1757 stammt der Kostenvoranschlag des „Köstlarner Stuckhatores“ Johann Baptist Modler zur Errichtung eines Siebenschläfer-Altars in der Rotthofer „St.-Petrus-Kirche“. Rund ein Jahr später zum Namenstag der „Ephesus-Jünger“ wurde er aufgestellt, wie datierte Rechnungen in der Landshuter Kirchendeputation belegen.

Die eigentliche Entstehung der heutigen Rotthofer Kirche ist nach fundierten Recherchen des Kößlarner Kunsthistorikers „archivarisch nicht dokumentiert“, weshalb Dr. Ludger Drost ausschließlich literarischen Hinweisen vertraut. Einer Nachricht des Vornbacher Paters Engelbert Aichberger aus dem Jahre 1801 zufolge habe der (Neu-)Bau der heutigen Kirche, deren erste urkundliche Erwähnung auf 1188 zurückgeht, bereits um 1484 begonnen, ehe der Passauer Weihbischof Bernhard Meurl das Gotteshaus 1506 konsekriert habe.

Wenngleich über die Patrozinien und Altarausstattungen in mittelalterlicher Zeit keine Erkenntnisse vorliegen, dürfte der heilige Petrus ursprünglich der eigentliche Patron des Hochaltares gewesen – und bis ins 19. Jahrhundert hinein geblieben sein. Ein Kirchenrechnungsbuch des Landgerichts Griesbach bekundet erstmals, dass 1690 ein Gemälde mit der Siebenschläfer-Darstellung des Hartkirchner Malers Nikolaus Moll durch einen Schmied am wohl noch spätgotischen Hauptaltar befestigt worden sei. Etwas rätselhaft wirkt hingegen die Kirchenrechnungs-Eintragung von 1701, wonach dieser Schmied nach einem Kircheneinbruch nicht nur die Opferstöcke, sondern auch die „7 Schläffer, welche durch die Dieb ruiniert wordten“, repariert habe.

In einer ersten Barockisierungswelle wurde 1716 ein neuer Hochaltar „mit der Biltnus S. Peter et Pauli, dan der Heyl. 7 schlaffendten Brüdter“ im Rotthofer Kirchlein errichtet. Indes: Der neue und für geringes Geld (72 Gulden) recht bescheiden gestaltete Altar fand bei den Gläubigen offenbar wenig Anklang. Schon ganze vier Jahrzehnte später kritisierte nämlich eine Notiz, die dem Modlerschen Kostenvoranschlag beilag, dass dieser Altar „nur mit Prödern zusamben geschlagen“ und von einem „schlechten Gemählt“ (Gemälde) sei.

Die unbefriedigende Gestaltung des Hochaltares sowie der erklärte Wille der Pfarrgemeinde, die „uralte Wohlfahrt und Verehrung der Heyl 7 Schläffer und des Gotteshaus Nuzen wieder aufzuhelffen und in Flor zu bringen“, führte 1757 dazu, dass bei Johann Baptist Modler der Hochaltar für 572 Gulden in Auftrag gegeben wurde.

Obwohl die spätgotischen „Ur-Plastiken“ der eigentlichen Kirchenpatrone Petrus und Paulus Mitte des letzten Jahrhunderts von der Rotthofer Kapelle in die Ruhstorfer Marienkirche verfrachtet wurden: Modlers Hochaltar integriert die Apostelfürsten quasi als „Krönung“ der äußeren Säulenkapitelle direkt über der Siebenschläfergrotte zu beiden Seiten des „Auge Gottes“ mit Strahlenkranz, Putten und Wolken.

Gruppierung der Siebenschläfer

Die Blickrichtung des "Zentralschläfers" ist direkt auf den Altartisch und den Betrachter davor gerichtet. Der vordere rechte Ephesus-Jünger widmet sich mit geschlossenen Augen einem (gedachten) Prediger auf der Kanzel, während der mittlere linke Jüngling Kirchenfürst Sankt Petrus auf dem darüber liegenden Säulenkapitell im Auge behält. Die beiden oberen Schläfer richten ihren Blick himmelwärts, indes die beiden restlichen Figuren durch die südlichen Seiten- und Altarfenster blicken.

Die Siebenschläfer-Überlieferung

Jede Kultur hat ihre eigene Version der Siebenschläfer-Erzählung. Im antiken Griechenland gab es um 800 vor Christus die Redensart "Aller guten Dinge sind acht". Aufgrund ihres eigentümlichen arithmetischen und geometrischen Verhältnisses stand die Zahl acht bei den antiken Völkern in hohem Ansehen, was sich auch in der Siebenschläfer-Erzählung niederschlägt. So finden in der Überlieferung erstmals die „acht Jünglinge“ Maximilianus, Jamblichus, Martellus, Dionysius, Johannes, Serapion, Exkustodianus und Antonius namentliche Erwähnung.

Die „abendländische Fassung“, die vor allem durch die Kreuzzüge Verbreitung fand, bezeichnet die „sieben Hirten“ Maximian, Malchus, Martinian, Dionysius, Johannes, Seraion und Constantinus bereits als „römische Märtyrer“.

Auch im Islam, bei den Kopten und den Armeniern gibt es Varianten der Siebenschläfer-Legende. Die „Knaben“ – den Erzählungen nach „gläubige Hirten“ – seien demnach während der Decischen Christenverfolgung in eine Höhle am Berg Anchilas geflohen, dort entdeckt und eingemauert worden, knapp 200 Jahre später wieder erwacht und kurz darauf für immer entschlafen.

Diverse orientalische Sprachen berichten von vier, fünf oder neun "Schläfern". Hauptsächlich griechische Fassungen dagegen sprechen von den sieben "Ur-Jünglingen" Achillides, Diomedes, Eugenios, Stephanus, Probatos, Sabbatos und Kyriakus.

Römische Steinreliefs

Auch wenn immer wieder zwei Reliefs mit sieben archaischen Halbfiguren an der äußeren Südwand des Chores als „Siebenschläfer“ gedeutet werden: In Wirklichkeit wurden dabei zwei Oberteile römischer Grabsteine des vierten Jahrhunderts nebeneinander eingemauert – könnten andererseits jedoch bei der gläubigen Bevölkerung mangels historischer Kenntnisse als „Siebenschläfer“ interpretiert und entsprechend verehrt worden sein.

Bedeutung der Siebenschläfer

Bei den Mohammedanern galten die Siebenschläfer als Beschützer des Seewesens, während sich im Abendland - vor allem in Deutschland - mit den Ephesus-Jüngern die Bauernregel „Wie das Wetter am Siebenschläfertag, es sieben Wochen bleiben mag“ verknüpft.

Tag der Siebenschläfer

Die römische Kirche feiert das Patrozinium der Ephesus-Jünger alljährlich am 27. Juni, die griechische hingegen am 4. August - ein Zeitraum von fast sieben Wochen.

Die sieben bretonischen Original-Heiligen, ergänzt durch eine Marienstatue, 4.v.l. Foto:Nöbauer.

Pendant in der Bretagne

Besonders hartnäckig wird immer wieder die Nachricht von „europaweit lediglich zwei den Siebenschläfern geweihten Kirchen“ (in Rotthof und Vieux-Marché, siehe Foto) verbreitet – obwohl dies für das hiesige Modler-Ensemble nachweislich nicht zutrifft und Historikern gleichzeitig auch die bretonischen „Heiligen“ erhebliche Rätsel aufgeben. Die wissenschaftliche Literatur berichtet außerdem über weitere Verehrungsstätten in Kleinasien, Nordafrika sowie ganz Europa – Fresken im Moskauer Kreml inklusive.

Älteste Darstellungs-Varianten zeigen die Jünglinge als Schafhirten, eng aneinandergekauert in verschiedenen Schlafhaltungen in Höhlen liegend. Im westlichen Verbreitungsbereich erscheint dagegen auch die Einzel-Präsentation der Heiligen in stehender Bet-Haltung. Ausdrücklich als „Unikum“ (einzigartiges Beispiel) deklariert die Literatur den Modler’schen Stuckaltar in der „Kapelle von Rotthof“, wo die „sieben Schläfer“ mit Soldatenkleidung in einer „imitierten Tropfsteinhöhle“ ruhen.  Die einzige dokumentierte Parallele zwischen den beiden Gotteshäusern in der Bretagne und Rotthof bildet eine „blühende Siebenschläfer-Wallfahrt“ im 18. Jahrhundert – gleichzeitig auch Zeitpunkt des Kirchenbaues in Vieux-Marché (1701 bis 1703) sowie einer Neugestaltung der Rotthofer Verehrungsstätte mit Siebenschläfer-Gemälde (1690) und Altar (1758).

Ins Dunkel romanisch-gotischer Epochen weit vor 1700 reichen hingegen die ziemlich archaisch wirkenden „Sept Saints“-Plastiken von Vieux-Marché zurück: ein Stil-Mix unterschiedlichster Darstellungsformen, über deren eigentlichen Ursprung selbst bretonische Heimatforscher nur Mutmaßungen anstellen können. Die sieben Original-Heiligen ruhen außerdem keineswegs – wie deren geschnitzte Nachfahren neueren Datums – über dem Hauptaltar, sondern auf einem unbeleuchteten Dolmen (keltischer Kultstein) in einer Außen-Krypta (Felsenhöhle) unterhalb des südöstlichen Kirchen-Transepts (rückwärtiges Querhaus).

Nach Auffassung lokaler Historiker könnten die „Sept Saints“ daher ursprünglich sieben allseits verehrte irische Wanderprediger („Missionare“) der ersten Christianisierungs-Epoche (um 700 n. Chr.) verkörpern, die tausend Jahre später während einer wahren „Siebenschläfer-Euphorie“ von Gläubigen als „Ephesus-Jünger“ gedeutet worden seien.

Auch die in Reise- und Kirchenführern immer wieder erwähnte „gemeinsame christlich-islamische Wallfahrt zur Sept-Saints-Kapelle“ entbehrt in der Praxis einer tieferen bi-konfessionellen Kooperation, wie eine Ruhstorfer Gemeinderats-Delegation zur Jahrtausendwende direkt vor Ort selbst miterleben konnte. Beim gut besuchten Festgottesdienst „Pardon des Sept-Saints“ wurde das christliche Gotteshaus nämlich von keinem islamischen Repräsentanten betreten, die später ihrerseits an der so genannten Ephesus-Quelle die 18. Koran-Sure („Die Höhle“) vortrugen.

Kopfweh, Fieber, Schlaflosigkeit: Auf Wallfahrten und Bittgängen wurden die „Ephesus-Jünger“ während früherer Jahrhunderte vom einfachen Volk – statt teurer Arztbesuche – quasi als kostenlose Nothelfer gegen mannigfaltige körperliche Gebrechen angerufen. Im Einzelfall mag der feste Glaube vielleicht Schmerzen gelindert haben. Votivgaben über erflehte Heilerfolge fehlen hingegen an Siebenschläfer-Orten gänzlich

Literatur

Weblinks