Georg Ratzinger (Kirchenmusiker)

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Dieser Artikel behandelt den Kirchenmusiker Georg Ratzinger. Für für seinen Großonkel, den Politiker Georg Ratzinger klicken Sie bitte hier!
Georg Ratzinger (re.) mit PNP-Redakteur Karl Birkenseer bei „Menschen in Europa“ (2005).
Papst Benedikt XVI. (li.) gratuliert seinem Bruder zu dessen 85. Geburtstag. (Foto: Vogl)

Georg Ratzinger (* 15. Januar 1924 in Pleiskirchen bei Altötting) ist ein römisch-katholischer Priester und Kirchenmusiker. Er ist der Bruder von Joseph Ratzinger (Papst Benedikt XVI.) und Großneffe des Reichstagsabgeordneten Georg Ratzinger.

Leben und Wirken

Kindheit

Wenige Monate nach seiner Geburt zogen die Eltern (Gendarmeriemeister Joseph (* 6. März 1877; † 25. August 1959) und Köchin Maria, geb. Peintner (* 7. Januar 1884; † 16. Dezember 1963) mit ihren Kindern Georg und Maria nach Marktl und lebten dort vier Jahre lang. Am 16. April 1927 wurde sein jüngerer Bruder Joseph Alois Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI., in Marktl geboren.

Georgs musikalisches Talent hatten die Eltern frühzeitig erkannt und gefördert. Bereits als kleines Kind konnte sich Georg am Tubaspiel des Marktler Gemeindesekretärs Andreas Eichner erfreuen. Der Unterricht auf Harmonium, Klavier und Orgel brachte schnelle Erfolge, als Zwölfjähriger tat Ratzinger sich am Erzbischöflichen Studienseminar in Traunstein gar schon als Komponist hervor. 1941 hörte er zum ersten Mal die Regensburger Domspatzen, als sie zum Mozartjahr 1941 in Salzburg sangen und er mit seinem Bruder Joseph nach Salzburg radelte, um deren Aufführung von Mozarts unvollendeter Messe in c-Moll zu lauschen. Seitdem gehört das Werk zu ihren Lieblingskompositionen.

Kriegsdienst

Im gleichen Jahr ging der Zweite Weltkrieg auch an ihm nicht schadlos vorüber und so musste er im Zuge der Beitrittspflicht Mitglied der Hitler-Jugend werden. Ein Jahr später wurde er zum Reichsarbeitsdienst und zur Wehrmacht eingezogen. 1944 wurde er in Italien am rechten Oberarm verwundet und geriet gegen Kriegsende in amerikanische Gefangenschaft. Im Juli 1945 kehrte er nach Traunstein zurück.

Studienzeit

Im Januar 1946 trat er zusammen mit seinem jüngeren Bruder Joseph in das Priesterseminar der Erzdiözese München und Freising ein, gleichzeitig führte er aber seine musikalischen Studien fort. Die Anforderung, Musik und Theologie unter einen Hut zu Bringen, machte aus ihm einen Menschen mit „Ecken und Kanten“, der seine begnadete musikalische Begabung mit großer Hartnäckigkeit verfolgte.

1951 wurde er zusammen mit seinem Bruder zum Priester geweiht. Er studierte Kirchenmusik an der Musikhochschule in München, während er gleichzeitig von der Diözese an verschiedenen Orten als Priester eingesetzt wurde. 1957 schloss er die Meisterklasse ab und wurde Chordirektor in Traunstein.

Domkapellmeister in Regensburg

Am 1. Februar 1964 wurde Georg Ratzinger Domkapellmeister am Regensburger Dom und Leiter der Regensburger Domspatzen. Während der ersten Kapellmeisterjahre sorgten ungeklärte Kompetenzfragen für Spannungen. Wegen seiner erworbenen Hartnäckigkeit setzte er sich hier am Ende sowohl künstlerisch als auch menschlich durch.

Im Laufe der Zeit entstanden unter seiner Leitung Einspielungen großer Werke der Chormusik, so zum Beispiel das Weihnachtsoratorium und Motetten von Johann Sebastian Bach sowie die Psalmen Davids von Heinrich Schütz. Der Chor erfüllte nicht nur weiterhin die liturgischen Dienste im Regensburger Dom, sondern ging jedes Jahr auf Deutschlandtournee und reiste in die USA, nach Skandinavien, Kanada, Taiwan, Japan, Irland, Polen, Ungarn und in den Vatikan, um Konzerte aufzuführen. 1976 feierten die Domspatzen ihr 1000-jähriges Bestehen. Im darauf folgenden Jahr leitete Georg Ratzinger den Chor bei der Weihe seines Bruders Joseph zum Erzbischof von München und Freising.

Nach 30-jähriger Tätigkeit trat er 1994 von seinem Amt zurück und lebt seitdem als Kanonikus des Kollegiatstiftes St. Johann in Regensburg. Georg Ratzinger genießt bei ganzen Domspatzengenerationen weiterhin eine hohe Anerkennung und Beliebtheit.

Ruhestand

Am Abend des 6. August 2005 musste Ratzinger während eines Besuches der Sommerresidenz seines Bruders wegen lebensgefährlichen Herzrhythmusstörungen in eine Klinik in Rom eingeliefert werden und bekam einen Herzschrittmacher eingesetzt. Mittlerweile ist Georg Ratzinger annähernd erblindet. Lesen ist nur durch Projektionssehhilfen möglich, allerdings besitzt er weiterhin ein ausgezeichnetes Gehör. So zählen tägliches Klavier spielen und ausgiebiges vorlesen-lassen nunmehr zu seinen Lieblingsbeschäftigungen.

Im Juni 2008 kehrte Georg Ratzinger kurzzeitig nach Marktl zurück. Er besuchte dort das mittlerweile als Papsthaus bekannte Gebäude, in dem er von 1925 bis 1929 gelebt hatte, wo sein jüngerer Bruder Joseph im Jahr 1927 zur Welt kam, und das in der Zwischenzeit zu einer Begegnungsstätte umfunktioniert wurde. Dabei begleiteten ihn unter anderem Bischof Wilhelm Schraml und Bürgermeister Hubert Gschwendtner durch das Gebäude. Anschließend trug sich Ratzinger in die Gästebücher von Geburtshaus, Pfarrei und Gemeinde ein. Den Abschluss bildete ein Besuch in der Pfarrkirche St. Oswald, wo Joseph Ratzinger am 16. April 1927 von Pfarrer Joseph Stangl getauft worden war.

Anlässlich seines 85. Geburtstags am 15. Januar 2009 organisierte sein Nachfolger als Domkapellmeister, Roland Büchner, im zu Ehren ein Konzert in der Sixtinischen Kapelle. Am 17. Januar führten die Regensburger Domspatzen Mozarts c-Moll-Messe im Vatikan auf, bei der auch Papst Benedikt XVI. zugegen war und das im Leben der Brüder Ratzinger immer eine zentrale Rolle spielte. Benedikt XVI. erinnerte an das Salzburger Mozart-Erlebnis von 1941, das auf eine Initiative des älteren Bruders zurückgegangen sei: „Obwohl ich damals noch ein ziemlich einfältiger Bub war, habe ich begriffen, dass wir mehr als ein Konzert gehört hatten. Ich habe begriffen, dass es gebetete Musik, dass es Gottesdienst war, und dass wir von der Herrlichkeit Gottes angerührt worden sind.“

Georg Ratzinger distanzierte sich in einem PNP-Interview vom 9. März 2010 öffentlich von den früheren Prügel-Praktiken in der Internatsschule der Regensburger Domspatzen. Von den bekannt gewordenen Fällen des sexuellen Missbrauchs bei den Domspatzen habe er nichts gewusst.

Am 29. Juni 2011 feierte er mit seinem Bruder und weiteren Weihekollegen in Rom sein 60-jähriges Priesterjubiläum.

Beziehung zum berühmten Bruder

Anfangs war Georg durch sein musikalisches Wirken in Regensburg berühmter als sein Bruder Joseph. Nach dessen Wahl zum Papst war er hauptsächlich als „heiliger Bruder des Heiligen Vaters“ in den Medien vertreten. Im Vorfeld der Wahl seines Bruders zum neuen Oberhaupt der katholischen Kirche hatte er sich vehement gegen den Gedanken gewehrt, dass dies eintreffen könne.

Obwohl das enorme Medieninteresse nicht dem naturell Georg Ratzingers entspricht hat er es doch geschafft, ein familiäres und intimes Verhältnis zu seinem Bruder zu wahren. So zum Beispiel durch regelmäßige Telefonate und Zusammenkünfte – beispielsweise in Rom, Castel Gandolfo (wo die Sommerresidenz des Papstes beherbergt ist) und Regensburg.

Die Forderung nach einer Vorzugsbehandlung des Papst-Bruders wird sehr kontrovers diskutiert, seit ein Freund Georgs verlangte, dass der fast blinde Kirchenmusiker Privilegien erhält, wenn er die Frühmesse besuchen will. Der Fahrer Ratzingers hatte zuvor einen Strafzettel bekommen, weil er vor der Kirche nahe des Doms im Parkverbot stand.

Auszeichnungen

Im August 2008 sorgte eine mögliche Ernennung zum Ehrenbürger der Stadt Regensburg für Konflikte zwischen dem CSU-Kreisvorsitzenden Franz Rieger und SPD-Fraktionsvorsitzendem Franz Hartl. Rieger verteidigte seinen öffentlichen Vorschlag mit dem Argument, dass der frühere Domkapellmeister als Chef der Domspatzen die Stadt drei Jahrzehnte lang in aller Welt bekannt gemacht habe. Hartl wertete dieses öffentliche Vorgehen als schlechten Stil und wies darauf hin, dass Georg Ratzinger für sein Wirken bereits mit dem Kulturpreis und der Albertus-Magnus-Medaille der Stadt geehrt worden sei.

Publikationen

  • Georg Ratzinger, Michael Hesemann: Mein Bruder, der Papst. München 2011, ISBN 978-3776626780

Literatur

Weblinks