Glashütte Gistl

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Die Glashütte Gistl

Die Glashütte Gistl ist eine Glashütte in Frauenau.

Geschichte

Die Glashütte wurde von Isidor Gistl gegründet, nachdem dieser bereits den Betrieb der 1906 gepachteten Moosauhütte erfolgreich ausgebaut hatte. Baubeginn war am 4. April 1923. Die 1925 an der Bahnstrecke Zwiesel-Grafenau‎ fertiggestellte Glashütte Gistl galt als eine der modernsten Kristallglasfabriken Europas. Neben der Fabrik ließ Kommerzienrat Gistl auf über 2.000 Hektar 27 Wohnhäuser mit 200 Werkswohnungen bauen, dazu eine großzügige Gastwirtschaft und den Gistl-Saal, den damals größten Veranstaltungsbau des Bayerischen Waldes.

1925 erhöhte sich die Belegschaft auf 700 Personen. Die Glashütte überstand auch die schwierigen Zeiten der Weltwirtschaftskrise und des Nationalsozialismus. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es wieder einen Aufschwung durch ein umfangreiches Exportgeschäft mit den USA. Wöchentlich konnte Gistl etwa 15.000 Strohgläser dorthin liefern.

Als Gistl 1950 starb, führte seine dritte Frau Pauline bis zu ihrem Tod 1959 den Betrieb weiter. Danach fiel der Besitz an eine 48-köpfige Erbengemeinschaft, zu der auch die Familie Meißner gehörte, die die Hütte weiter betrieb. Im Jahr 1970 wurde die Glashütte vom Konzern Sils van de Loo & Co erworben, der sie zum Werk II der Kristallglasfabrik Spiegelau machte, die er bereits 1963 erworben hatte. 1971 konnte die erste vollautomatische Produktionsstraße für die Herstellung von Trink- und Gebrauchsgläsern in Betrieb genommen werden. Im Jahr 1990 gelangte die Glashütte Gistl mit der Kristallglasfabrik Spiegelau in den Besitz der Nachtmann Crystall AG. 1998 nahm die zweite vollautomatische Produktionsstraße ihren Betrieb auf.

Die Glashütte gehört heute unter der Bezeichnung Kristallglasfabrik Spiegelau GmbH – Werk 2 der F.X. Nachtmann Bleikristallwerke GmbH, die 2004 vom österreichischen Konzern Riedel Glas übernommen wurde. 2015 wurde bekannt, dass sie im Februar 2016 geschlossen werden sollte. Anfang März 2016 wurde der 10. April 2016 als voraussichtlicher Betriebsschluss bekanntgegeben. Damit wollte der Konzern nach der Glasfabrik Spiegelau und der Glasfabrik Riedlhütte innerhalb von acht Jahren sein drittes Werk im Bayerischen Wald schließen. 150 der einst über 200 Mitarbeiter würden ihre Stelle verlieren, der Rest in eine Transfergemeinschaft wechseln. Im April wurde mitgeteilt, dass Linie 2, eine der beiden Produktionslinien mit rund 60 verbliebenen Mitarbeitern, noch bis 31. Mai 2016 laufen sollte. Im November 2016 lief die Glashütte aber nach wie vor, laut Nachtmann-Geschäftsführer Alois Kaufmann mit rund 85 Mitarbeitern zumindest bis in den Frühsommer 2018.

Literatur

  • Hermann Beiler: „Grob Glaswerck und gemeine Waldgläser“. Vom Waldglas zum Spiegelauer Kristallglas. Spiegelau 2003, ISBN 3-937067-00-0
  • Josef Blau: Die Glasmacher im Böhmer- und Bayerwald. II. Band: Familienkunde. München 1956, Reprint Morsak Verlag Grafenau 1984, ISBN 3-87553-223-6
  • Olivia Kortaas: 150 Nachtmann-Mitarbeiter verlieren bald ihren Job. In: Passauer Neue Presse vom 12. März 2016 (S. 6)
  • Rainer Schlenz: Nachtmann verlängert bis Ende Mai. In: Der Bayerwald-Bote vom 9. April 2016 (S. 21)
  • Rainer Schlenz: Ein Fünkchen Hoffnung im Hinterkopf…. In: Der Bayerwald-Bote vom 9. November 2016 (S. 20)
  • Marita Haller: Ein Denkmal für einen Glaspionier. In: Der Bayerwald-Bote vom 8. Mai 2017 (S. 27)

Weblinks