Glashüttengut Oberzwieselau

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Zum Glashüttengut Oberzwieselau um den Ort Oberzwieselau in der Gemeinde Lindberg im Landkreis Regen gehörte auch die Glashütte, deren Betrieb 1917 eingestellt werden musste.

Geschichte

Frühe Besitzer

Die Zwieselauer Glashütte, die 1450 erstmals erwähnt wurde, war eine der ältesten im Bayerischen Wald. Um 1550 gehörte das Gut Unterzwieselau dem Zwieseler Richter Georg Zadler. Ab 1568 war das Glashüttengut im Besitz von Joachim von Poschinger. 1587 wurde das Hüttengut aufgeteilt: Paulus Poschinger, der ältere Sohn Joachims, erhielt Unterzwieselau, Hans, der jüngere das neue Glashüttengut Oberzwieselau samt einer neuen Glashütte. Seine Witwe Margarethe verehelichte sich 1602 mit dem Hüttenmeister Niklas Preißler aus Oberplan im Böhmerwald. Als Preißler 1624 starb, erhielt sein ältester Sohn Hans das Glashüttengut Oberzwieselau, der 1640 das Glashüttengut Unterzwieselau ohne die landwirtschaftlich genutzten Flächen zurückkaufte. Nach dem Tode Preißlers im Jahr 1677 übergab seine Witwe das Gut an seine Tochter Maria, die schon seit 1671 mit Johann Jakob Poschinger aus Oberfrauenau verheiratet war. 1697 verpachtete Johann Jakob Poschinger das Glashüttengut für sechs Jahre an seinen Cousin Georg Wilhelm Poschinger. Johann Jakob Poschingers jüngste Tochter Anna Magdalena übernahm nach ihres Vaters Tod 1697 das Glashüttengut und heiratete 1705 Johann Adam Hilz. Bis zu seinem Tod 1761 war dieser Gutsherr auf Oberzwieselau. Danach verwaltete sein Sohn Ignaz Hilz das Glashüttengut, doch erst seine Braut Maria Theresia Voggt brachte nach einer komplizierten testamentarischen Regelung 1765 das Gut Oberzwieselau in die Ehe ein. Nach dem Tod des Ignaz Hilz im Jahre 1801 fiel das Erbe an seine Witwe Maria Theresia, die es 1804 an ihren Sohn Nikolaus Hilz übergab. Nikolaus Hilz, seit 1806 von Hilz, starb 1807.

Benedikt I. von Poschinger

Benedikt I. von Poschinger

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts befand sich das Glashüttengut Oberzwieselau im Besitz der Glasherrenfamilie Hilz. Georg Benedikt von Poschinger zu Frauenau hatte Katharina Hilz vom Glashüttengut Klingenbrunn geheiratet. Aus dieser Ehe gingen vier Töchter und vier Söhne hervor.

Deren ältester Sohn Benedikt I. heiratete im Jahre 1808 die Witwe Anna Maria Reichsedle von Hilz und kam so in den Besitz des Gutes Oberzwieselau. Der baufreudige Gutsbesitzer errichtete 1814 nach Genehmigung am Zusammenfluss des Kleinen Regen mit dem Rotbach eine Hohlglasfabrik und benannte sie „Oberzwieselauer Kristallglasfabrik“, die später die „Regenhütte“ genannt wurde. Sie befand sich zwischen Zwiesel und Frauenau am rechten Ufer des Kleinen Regens mit dem dazugehörigen "Holzgarten", einer etwa zwei Meter hohen, auf dicken Holzplanken erbauten Holzkonstruktion. In der 50 Meter langen Glashütte mit Wohnung, Magazin und Flusshütte wurde ein deutscher Ofen mit acht Häfen installiert, woraus Hohlgläser aus Klar- und Farbglas hergestellt wurden.

Das Glasherrenschloss ließ Benedikt von Poschinger um das Jahr 1839 erbauen. 1842 baute der Hüttenbesitzer in der Nähe der Fabrik eine neue Schleife mit einfachem Triebwerk für zwei Glasschleifer mit vier Gehilfen und einen Glasschneider mit einem Gehilfen. Die alte (bereits vorhandene) Schleife wurde zum Glasmacherwohnhaus umfunktioniert.

2700 Klafter Holz benötigte Benedikt I. pro Jahr, um die Öfen zu befeuern. Das Holz bezog er überwiegend aus seinen eigenen Wäldern. Um durch die Vortrift des königlichen Triftholzes nicht behindert zu werden, bezog er zusätzlich aus den Staatswaldungen jährlich 500 bis 600 Klafter Holz. Es wurde auf dem Kleinen Regen angeschwemmt.

Damit das Holz leichter aus dem Fluss gezogen werden konnte, ließ der Glashüttenherr drei befestigte, kurze Wassertriftkanäle auf sein Wiesengrundstück führen. War das Triftholz für seine Glashütte bestimmt, ließ er die drei Seitenkanäle öffnen und das Holz auf sein Gelände ziehen. War ein Triftabgang nicht für ihn bestimmt, schloss er die Kanäle, damit das Holz seine Wasserwerke nicht beschädigen konnte. Die Anlage wird auf den Lageplänen von 1828 als „Holzgarten“ bezeichnet.

Der Holzgarten

Die nördliche und seitliche Begrenzungsmauer maß 85 Meter. Die Mauern an Fluss- und Talseite hatten eine Abmessung von 25 bzw. 40 Metern. Die Mauer am Kleinen Regen, aus massiven Granitsteinen gebaut, wurden auf dicke Holzbalken gesetzt.

Nachdem der Kleine Regen heute nur noch wenig Wasser führt, ragen die Holzbalken oft aus dem Wasser heraus, was ein Verfaulen des Holzes und letztendlich eine Beschädigung der aufgesetzten Mauer bewirkt, wie sich bereits an einigen Stellen feststellen lässt.

Benedikt II. und Benedikt III. von Poschinger

Im Jahre 1856 teilte Benedikt I. von Poschinger das Gut Oberzwieselau in zwei gleich große Erbgüter. Das neue Gut Buchenau erhielt sein Sohn Ferdinand. Sein Sohn Benedikt II. erhielt das Schloss Oberzwieselau und das zum Gut gehörende Brauhaus, wie auch die Regenhütte. 1874 modernisierte er die Regenhütte grundlegend.

Nach dem Tod von Benedikt II. am 31. Dezember 1880 übernahm sein gleichnamiger Sohn, Benedikt III., das gesamte Anwesen. 1914 brannte die Regenhütte bis auf die Grundmauern nieder, und drei Jahre später musste auch der Hüttenbetrieb aufgrund des fehlenden Rohmaterials in der Zeit des 1. Weltkrieges eingestellt werden.

Nachdem man nach Stilllegung des Glasbetriebes kein Triftholz mehr benötigte, wurde auch der Holzgarten nicht mehr gebraucht. Im Laufe der Jahre wurden die Kanäle mit Erde verfüllt. Nur noch die Einträge in den alten Plänen und die große Mauer am Kleinen Regen erinnern noch an ihn.

Am 1. Dezember 1917 brannte die große Scheune des Gutes vollständig aus. Es gingen 200 Zentner Getreide, 3500 Zentner Stroh und viel Heu verloren. Am 13. Januar und am 15. Januar 1918 kam es erneut zu Großbränden. Man vermutete die Brandstifter unter den im Gut beschäftigten französischen Kriegsgefangenen.

Das Erbe

Am 7. März 1918 starb der Glashüttenherr. Seine 15-jährige Tochter Maria Helene erbte eine Glasfabrik, 2500 Hektar Wald und den 350 Hektar großen landwirtschaftlichen Betrieb. Den Glashüttenbetrieb konnte sie nicht mehr aufnehmen. Sie heiratete 1925 den baltischen Grafen Bernd August von Mellin. Da er der letzte männliche Erbe der Grafen von Mellin war, gingen deren Namen und Wappen auf die einzige, 1933 geborene Tochter Barbara und später deren Familie über.

1929 wurde das Gut von einer Windwurfkatastrophe heimgesucht, der 200000 Festmeter Holz, Gebäude und sonstige Einrichtungen zum Opfer fielen. Fast 1000 Hektar Land- und Forstwirtschaftsflächen waren zerstört. Für den Abtransport der Holzmengen wurde die Zwieselauer Waldbahn erbaut. Durch Aufnahme hoher Kredite und die 1933/1934 einsetzende Osthilfe des Deutschen Reiches konnte die Existenz des Gutes erhalten werden.

Barbara Mellin ehelichte Baron Joachim (Ali) von Wolffersdorff (* 1933). Im Jahr 1961, nach dem Ausscheiden des Gutsverwalters Richard Ast, übernahm Baron Ali von Wolffersdorff den landwirtschaftlichen und bald darauf den gesamten Betrieb.

1973 übernahm Gräfin Barbara von Mellin-Wolffersdorf den Besitz von ihrer Mutter. Sie starb 1975 bei einem Jagdunfall. Aus familiären Gründen wurde Freiherr von Wolffersdorf 1976 vom Onkel seiner verstorbenen Frau, Bodo Alexander Baron von Maydell, adoptiert. Seit dem Tod seiner ersten Frau führt Joachim Freiherr von Maydell von Wolffersdorff-Mellin Schloss und Gut Oberzwieselau. 1993 ließ er hier einen 100 Hektar großen Golfpark anlegen.

Literatur

  • Roman Eder: Buchenau. Spiegelhütte. Ein heimatgeschichtliches Lesebuch, 1. Auflage 2003
  • Eva Maria Fuchs / Manuel Birgmann: Wenn Schlosstore sich öffnen. Zu Besuch bei Adelsfamilien in Ostbayern — Geschichte und Geschichten, SüdOst Verlag, Waldkirchen 2001, ISBN 3-89682-051-6
  • Josef Schaller: Chronik Zwiesel und Umgebung, Verlag A. Maier, Zwiesel, 1993