Lorcher Fabel

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Als Lorcher Fabel wird die im 10. Jahrhundert aufgekommene These bezeichnet, laut der das antike Bistum Lorch (Lauriacum) von Bischof Vivilo nach Passau verlegt worden ist, wo dann unmittelbar daraus das Bistum Passau entstanden sein soll. Damit sollte das Vorrecht Passaus gegenüber Salzburg unterstrichen und Passau zu einem eigenen Erzbistum erhoben werden (sog. „Exemtion“), was jedoch erfolglos blieb. Erst im Jahr 1722 erreichte Fürstbischof Joseph Dominikus Kardinal Graf von Lamberg – unabhängig von der Lorcher Fabel – die Exemtion.

Über die Lorcher Fabel

Angeblich war die alte Stadt Lauriacum (heute Lorch in Oberösterreich) in der Antike der Sitz eines Erzbischofs. Aufgrund der Bedrohung durch das umherstreifende Barbarenvolk der Awaren soll dieser von Lorch nach Passau verlegt worden sein, wobei die Erzbischofswürde verloren ging. Der letzte Lorcher Erzbischof, nämlich Bischof Vivilo, war demnach zugleich der erste Bischof von Passau. Vivilo war es auch, der die Verlegung des Bischofssitzes im Jahre 739 betrieben haben soll.

Sollte diese These der Wahrheit entsprechen, wäre Passau von Rechts wegen Nachfolger des ehemals größten Bistums im Südosten des deutschen Kulturraumes, des Erzbistums Lorch. Damit würde dem Passauer Bischof theoretisch sogar die Würde eines Erzbischofs zustehen.

Mehrere Bischöfe wollten mit der „Lorcher Fabel“ das Vorrecht des Bistums Passau gegenüber dem ihm seit 798 übergeordneten Erzbistum Salzburg begründen und für Passau die (Wieder-) Erhebung zum Erzbistum erzwingen. Hervorzuheben wäre hier vor allem Bischof Pilgrim, der sich zwischen 971 und 985 als erster und sicherlich am meisten von allen Bischöfen mit dem Thema auseinandersetzte. Um die vermeintliche Wahrheit der Lorcher Fabel zu beweisen, bediente er sich sogar gefälschter Urkunden („Lorcher Fälschungen“). Wäre es nach ihm gegangen, dann sollte das neue „Erzbistum Passau“ (nun von Salzburg unabhängig) Metropole der in Ungarn einzurichtenden Bistümer werden.

Letztendlich sollte dieses ganze Vorhaben aber ohne Erfolg bleiben, denn keiner der Passauer Bischöfe – auch Pilgrim nicht – drang damit bis in die Spitzen der Kurie durch. Das Bistum Passau blieb dem Erzbistum Salzburg untergeordnet und erreichte selbst keinen metropolitanen Rang. Der Salzburger Erzbischof wurde letztendlich ebenfalls Metropolit von Ungarn.

Die Lorcher Fabel wurde nichtsdestoweniger seit dem 12. Jahrhundert in zunehmendem Maße rezipiert. In der Mitte des 13. Jahrhunderts wurde sie durch den Passauer Domdekan Albert Behaim (der gleichzeitig Archidiakon von Lorch war) noch weiter ausgeschmückt und in späterer Folge sogar in die Passauer Historiographie aufgenommen. Auch Thomas Ebendorfer griff sie auf.

Der Glauben an die Lorcher Fabel blieb bis ins 20. Jahrhundert hinein aufrecht.

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