Ferdinand II. von Poschinger

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Ferdinand II. von Poschinger um 1882

Ferdinand Carl Benedict Ritter und Edler von Poschinger (* 8. Juli 1857 in Buchenau; † 10. Oktober 1921 ebenda) war ein Gutsbesitzer und Glasfabrikant aus dem Adelsgeschlecht Poschinger

Jugend

Er war der älteste Sohn Ferdinand (I.) Friedrich Wilhelms von Poschinger und dessen Ehefrau Ferdinande Sophie Amalie geb. Lezl. Poschinger besuchte das Gymnasium und studierte am Polytechnikum in München. Die vorzeitige Leitung der Spiegelhütte, die ihm sein Stiefvater Johann Nepomuk von Poschinger anbot, lehnte er ab, und die Übernahme des Gesamtgutes Buchenau zögerte er wegen der befürchteten Abstandszahlungen an seine Geschwister hinaus.

Glasfabrikant

1881 übernahm er, ohne sein Studium vollendet zu haben, 24-jährig von seiner Mutter das Glashüttengut Buchenau. Der neue Hüttenherr erwies sich als Fachmann auf dem Gebiet des Maschinenbaus. Er verbesserte die Strecköfen der Buchenauer Tafelhütte und ließ die Befeuerung der Glasöfen auf Gas umstellen, welches in sogenannten Siemensgeneratoren erzeugt wurde.

Poschinger erwarb drei Patente mit seinen Erfindungen, 1.) auf eine maschinelle Ablegevorrichtung für Glastafeln, 2.) auf neuartige elektrische Heizkörper und 3.) auf neu konstruierte Streck- und Kühlöfen. Unter seiner Leitung gelangte das Buchenauer Tafelglas und Spiegelhüttler Hohlglas zu Weltruhm. Besonders berühmt wurden die reichverzierten Jugendstilvasen aus Spiegelhütte. Neben anderen bedeutenden Glaskünstlern gewann er als Designerin auch die aus Zwiesel gebürtige Betty Heldrich.

Diese Glasgebilde wurden bei den Weltausstellungen in Chicago 1893, Nürnberg 1896 sowie Paris und St. Petersburg 1900 ausgezeichnet. Von der Darmstädter Künstlerkolonie erhielt Poschinger 1901 eine Preis-Plakette als Anerkennung für seine außerordentlichen Leistungen.

Weitere Tätigkeiten

Beim Bau der Bahnstrecke Zwiesel-Grafenau im Jahr 1890 setzte er sich vergeblich für eine Stichbahn vom Bahnhof Zwieselau nach Buchenau ein. Stattdessen förderte er dann den Straßenbau. Hoch zu Ross auf eigens dafür erbauten Steigen leitete er die Bewirtschaftung von 6.119 Tagewerk Wald in seinem Forstgut.

Schon 1895 führte er in Buchenau eine elektrische Straßenbeleuchtung ein, gespeist von einem E-Werk mit 45 PS. In Buchenau erbaute Poschinger den Gutshof (1903/04), das Forstamtsgebäude (1904) und das Schulhaus (1904/05). In Spiegelhütte errichtete er vor dem Ersten Weltkrieg die neue Schleif und die Direktorenvilla. Schon vor 1910 fuhr er selbst ein NSU-Motorrad und erwarb 1912 einen Fiat-Sechssitzer mit aufklappbarem Verdeck.

Auf eigene Kosten ließ er die Buchenauer Wetterstation errichten und betreiben. Seit 1877 sammelte er aus privatem Interesse, seit 1893 im staatlichen Auftrag Daten zum Klima auf seinem Gut. Täglich übermittelte er ein Telegramm mit den örtlichen Wetterdaten nach München.

Im Jahr 1909 verlieh ihm Prinzregent Luitpold den Titel eines Kommerzienrates, doch Poschinger lehnte ab. Nach mehrmaligem Schriftwechsel wurde die Verleihung zurückgenommen.

Privatleben

Am 31. Januar 1883 heiratete von Poschinger die Mainzer Professorentochter Margaretha Juliane Scharvogel. Die ausgezeichnete Pianistin verbrachte den größten Teil des Tages im Musiksaal. Die beiden Flügel von Schloss Buchenau erhielten bald den Charakter eines Herren- und Damentraktes. Am 6. September 1899 wurde der einzige Sohn Günther († 1958) geboren. Nachdem dieser 1918 in Russland zu den Bolschewiken übergegangen war, enterbte ihn der Vater. Ein Neuanfang mit der Sängerin Annie Schmid und der gemeinsamen Tochter Fernande (1920-1955) kam nicht mehr zustande. Ferdinand von Poschinger starb ohne einen Arzt zu konsultieren an Krebs und fand in Frauenau seine letzte Ruhestätte.

Literarische Bearbeitung

Ferdinand II. von Poschinger ist die Hauptfigur des historischen Romans Die Leute von Buchenau (1998) bzw. Glashimmel. Die Leute von Buchenau (2004) von Marianne Wintersteiner.

Literatur

  • Eva Chrambach: Kammzug und Pfauenauge. Geschichte der Jugendstilglashütte des Ferdinand von Poschinger in Buchenau, Morsak Verlag Grafenau 1999
  • Roman Eder: Buchenau Spiegelhütte. Ein heimatgeschichtliches Lesebuch (alle Rechte beim Verfasser), 1. Auflage 2003